Arzneimittel und Therapie

Impfung kann nicht vor Rezidiven schützen

In einer Phase-III-Studie wurde die Wirksamkeit des Impfstoffs Vitespen (Oncophage®), einem Hitzeschockprotein-Peptid-Komplex, der aus dem Tumorgewebe des einzelnen Patienten gewonnen wird, bei Nierenkrebspatienten als unterstützende Therapie zur Operation untersucht. Das rezidivfreie Überleben konnte dabei durch die Impfung nicht verlängert werden.

Die Standardbehandlung eines Nierenzellkarzinoms beinhaltet die Operation. Dennoch besteht für viele Patienten das Risiko eines Rezidivs, da es keine wirksame ergänzende Therapie gibt. Krebspatienten könnten von einer Impfung mit aus dem Tumor gewonnenen peptidgebundenen Hitzeschock-Proteinen profitieren, so die Ergebnisse verschiedener Phase-II-Studien. Die Gewinnung des dafür benötigten Patienten-spezifischen Impfstoffs erfolgt nach der operativen Entfernung des Tumors, indem HSP-96 und seine assoziierten Peptide aus dem Tumorgewebe isoliert und zu einem Impfstoff (Vitespen, Oncophage®) aufbereitet werden. Impft man dann den Patienten mit diesem Hitzeschock-Peptid-Komplex, so die Hypothese, entwickelt er Antikörper gegen diese von Krebszellen exprimierten Proteine. Kommt es dann zu einem Rezidiv, sollen die Antikörper die krebserregenden Proteine erkennen und zerstören.

In einer randomisierten Studie, die der Hersteller von Vitespen finanzierte, wurde untersucht, ob durch die Impfung die Rezidivrate nach einem mit kurativer Absicht entfernten Nierenzellkarzinom reduziert werden kann.

In der multizentrischen Studie wurden Patienten, bei denen ein operables Nierenzellkarzinom ohne Metastasen diagnostiziert worden war, randomisiert einer der folgenden Gruppen zugeteilt:

  • Interventionsgruppe: Nach der operativen Entfernung des Tumors wurden das Hitzeschockprotein 96 und seine assoziierten Peptide aus dem Tumorgewebe isoliert. 25 µg dieses autolog gewonnenen Impfstoffs wurde vier Wochen lang einmal wöchentlich in die Haut injiziert, dann alle zwei Wochen solange bis der Impfstoff aufgebraucht war. Von 409 ursprünglich randomisierten Patienten wurden 48 nach der Nephrektomie ausgeschlossen, so dass 361 Patienten in die Analyse einbezogen wurden.
  • Kontrollgruppe: Patienten dieser Gruppe erhielten nach der Operation keine Behandlung. Von 409 ursprünglich randomisierten Patienten wurden 42 nach der Nephrektomie ausgeschlossen, so dass 367 in die Analyse einbezogen wurden.

Primärer Endpunkt war das rezidivfreie Überleben. Die Patienten beider Gruppen wurden zu vordefinierten Zeitpunkten nach der Tumorentfernung von einem verblindeten Ärzteteam auf Rezidive hin untersucht.

Ein methodisches Problem dieser Studie war, dass nach der Randomisierung 90 Patienten von der Analyse ausgeschlossen werden mussten, da sie die postoperativen Kriterien zur Einbeziehung nicht erfüllten. Insbesondere das Vorliegen von Metastasen konnte bei einer großen Zahl von Patienten zu Behandlungsbeginn nicht sicher ausgeschlossen werden.

Nach einer durchschnittlichen postoperativen Beobachtungszeit von 1,9 Jahren betrug die Rezidivrate in der Vitespen-Gruppe 37,7% gegenüber 39,8% in der Gruppe ohne Behandlung (Hazard Ratio 0,92, 95%-KI: 0,73 bis 1,17, p = 0,506). Damit wurde kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen festgestellt. Eine nachträglich durchgeführte Untergruppenanalyse ergab einen Hinweis, dass Patienten in einem frühen Erkrankungsstadium möglicherweise von einer Impfung mit Vitespen profitieren könnten.

Fazit

Die Idee, das eigene Immunsystem mittels einer autologen Impfung gegen Tumorzellen zu aktivieren, funktionierte in dieser Studie nicht. Eine mögliche Erklärung für die Unwirksamkeit könnte sein, dass die Immunantwort zu schwach war. Ein Ansatzpunkt zur Weiterentwicklung könnte daher sein, die Immunogenität der Impfung zu erhöhen.

Eine Pressemitteilung des Herstellers von Vitespen, wonach Patienten mit einer Erkrankung im Frühstadium von der Impfung profitieren, stützt sich auf die Ergebnisse einer Untergruppenanalyse dieser Studie und muss als Beispiel für die häufig einseitige Berichterstattung solcher Pressemitteilungen angesehen werden. Ergebnisse aus nachträglich durchgeführten Untergruppenanalysen haben nur einen sehr begrenzten Aussagewert und dienen lediglich zur Hypothesengenerierung für weitere prospektive Studien. Ein US-amerikanischer Onkologe vergleicht in einem begleitenden Editorial zu dieser Studie eine derartige Vorgehensweise mit dem Abschießen eines Pfeils auf ein Ziel, das erst nach der Landung des Pfeils als solches definiert wird.

 

Quelle

 Wood C et al. An adjuvant autologous therapeutic vaccine (HSPPC-96; vitespen) versus observation alone for patients at high risk of recurrence after nephrectomy for renal cell carcinoma: a multicentre, open-label, randomised phase III trial. Lancet 2008; 372: 145-54.

 Yang JC. Vitespen: a vaccine for renal cancer? Lancet 2008; 372: 92-93.

 Antigenics. Oncophage® Approved in Russia for the Treatment of Intermediate-Risk Kidney Cancer. www.antigenics.com/news/2008/0408. phtml.

 

 

 

Apothekerin Dr. Birgit Schindler

 

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