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Briefe
Diskussion um Cystus
Der engagiert vorgetragenen Warnung vor einem selbst konstruierten, kinderschreckenden Popanz, nämlich den angeblich falschen Indikationsangaben des Pflanzenextraktes Cystus052 (DAZ Nr. 28/2009, S. 48 – 49), ist natürlich auf der Ebene einer sachlichen, wissenschaftlichen Argumentation nichts weiter entgegenzusetzen. Besonders dann nicht, wenn die in anderen, höherrangigen Publikationen noch beachtete Unschuldsvermutung von Menschen einfach mit Füßen getreten wird. Und aufs billigste die wissenschaftliche Reputation einer gesamten Arbeitsgruppe in Frage gestellt wird, deren Mitglieder tagtäglich und hochkompetent ihre therapeutischen Aufgaben als Ärzte erledigen (und daneben noch Forschung betreiben). Und: Selbst wenn die Äußerungen in der DAZ publizistisch nur als private Meinungen der Interviewpartner zu akzeptieren sind, sollten wenigstens auf Redaktionsseite nicht noch weitere inhaltliche Fehler eingebracht werden. Gleich doppelt falsch ist zum Beispiel die Unterstellung, dass die zitierte Studie der Berliner Charité "dazu diene, den Nutzen von Cystus052 zur Influenza-Prophylaxe zu untermauern".
Hilfreich wäre es gewesen, die betreffende Studie einfach zu lesen: Dabei wäre aufgefallen, dass es bei dieser Untersuchung nicht um Prophylaxe ging und schon gar nicht um Influenza-Prophylaxe und auch nicht um Influenza-Therapie (dazu liegen andere Studien vor). Sondern um das Management von Atemwegsinfekten, wie sie im Alltag vorkommen und jedem Apotheker ständig begegnen.
Angesichts der "fachlich" gehaltenen Auseinandersetzung und des enormen Raumes, den die DAZ dem Thema zur Verfügung stellt, entsteht der Verdacht, dass der Popanz sich weniger gegen den Cystus052-Extrakt alleine richtet. Vielmehr soll das auffällig starke Engagement wohl – um auch einmal eine Meinung zu äußern – völlig neuartige und missliebige Konzepte auf Grundlage der modernen Phytopharmazie und Virologie diskreditieren, die die Umsätze gewisser anderer und derzeit so auffällig mediengängiger Produkte im globalen Influenza-/Pandemiemarkt auch nur ansatzweise gefährden könnten.
Dr. Georgios Pandalis, Urheimische Medizin GmbH & Co. KG, GlandorfAntwort der Redaktion
Auslöser für die Publikationen zu Cystus052 in der DAZ waren Pressemeldungen wie "Cystus052 schützt auch vor der Schweinegrippe". Wir wollten wissen, wie solche Meldungen einzustufen sind. Als Gutachter haben wir renommierte Wissenschaftler ausgesucht, die als überzeugte Verfechter einer rationalen Phytotherapie sicher nicht im Verdacht stehen, Konzepte der Phytopharmazie zu diskreditieren. Ein pflanzliches Präparat mit antiviralen Eigenschaften, das zuverlässig und nebenwirkungsfrei vor Influenza-Infektionen schützt, wäre in der Tat ein großer Gewinn. Doch die Daten dazu müssen auch überzeugen.
Sicher hat Dr. Pandalis vollkommen Recht, wenn er darauf hinweist, dass die Studie der Berliner Charité, in der Cystus052-Lutschtabletten mit Grüntee bei Atemweginfektionen verglichen wurden, nicht als Beleg für den Nutzen zur Influenza-Prophylaxe herangezogen werden kann. Sie könnte vielleicht als Argumentationshilfe dienen, wenn es um die Empfehlung des Apothekers bei der Behandlung von Atemweginfektionen geht, wobei auch hier zu hinterfragen ist, wie aussagekräftig der Vergleich von Lutschen von Cystus052-Tabletten mit Gurgeln von Grüntee ist.
Die Kritik setzt jedoch daran an, wie diese Studie im Rahmen von wissenschaftlichen Erörterungen dazu benutzt wird, den Eindruck zu erwecken, dass Cystus052 zur Influenza-Prophylaxe geeignet ist. In den Ausführungen von Kiesewetter, Ludwig und Planz (DAZ Nr. 28/2009, S. 44 –47), auf die sich das von Dr. Pandalis kritisierte Interview bezieht, wird diese Studie ausführlich besprochen. Es fehlen aber Daten von klinischen Studien zur Influenza-Prophylaxe und -Therapie. Wenn es diese Studien tatsächlich geben sollte, dann ist unverständlich, warum darauf nicht eingegangen wurde.
Dr. Doris Uhl, DAZ-Redaktion
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