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Qualität unter Beweis stellen
"Der VDPP begrüßt das Urteil des Europäischen Gerichtshofes als wichtigen Sieg des Verbraucherschutzes. Der Versuch, Kettenapotheken in Deutschland zu etablieren, ist damit vorerst gescheitert. Aus Sicht des VDPP ist die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln Vertrauenssache. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich auf die Qualität des Medikamentes und auf die Qualität der Versorgung und Beratung verlassen können, da sie beides in der Regel nicht selbst beurteilen können. Sollten Kapitalgesellschaften wie der Pharmagroßhandel oder die Pharmaindustrie Inhaberinnen von Apothekenketten werden können müsste der Verbraucher damit rechnen, dass Beratung und Produktempfehlungen abhängig von der aktuellen Vermarktungsstrategie des jeweiligen Konzerns erfolgen. Die Entscheidung des EuGH, das Fremdbesitzverbot für vereinbar mit dem europäischen Recht zu erklären, offenbart die Zweifel des Gerichts an der Gemeinwohlorientierung der Arzneimittelversorgung in der Hand von Großkonzernen.
Der VDPP sieht allerdings auf dem derzeitigen deutschen Apothekenmarkt einen erheblichen Verbesserungsbedarf. Die inhabergeführte Apotheke ist nicht per se ein Qualitätsmerkmal, sie muss die Qualität in der Beratung und Versorgung unter Beweis stellen.
Der VDPP ist im Übrigen der Meinung, dass auch andere Eigentumsverhältnisse für Apotheken durchdacht werden sollten: Die Apotheke könnte auch als Teil eines medizinischen Versorgungszentrums unter kommunaler oder genossenschaftlicher Trägerschaft organisiert sein. Die Ablehnung kommerzieller Apothekenketten bedeutet nicht, dass wir die freiberuflich geführte Apotheke für alternativlos hielten.
Der VDPP befürchtet, dass die wirtschaftsliberale Umgestaltung des Apothekenmarktes in Deutschland mit dem Urteil des EuGH nicht vom Tisch ist. Es liegt weiterhin in der Hand der Nationalstaaten, verschiedene Eigentumsformen für Apotheken zuzulassen. Der VDPP würde es außerordentlich bedauern, wenn nach dieser Entscheidung, die aus Gründen des Patientenschutzes gefallen ist, die Protagonisten des freien Marktes in einigen Parteien erneut begännen, den Patientenschutz auszuhöhlen und Vorarbeit für eine oligopol organisierte Apothekenlandschaft zu leisten."
Dr. Thomas Schulz, VDPP-VorstandGlaeskes Position nicht mehrheitsfähig im VDPP
Zu den Gründungsmitgliedern des VDPP gehört auch Prof. Dr. Gerd Glaeske, Co-Abteilungsleiter der Abteilung für Gesundheitsökonomie, Gesundheitspolitik und Versorgungsforschung an der Universität Bremen, Zentrum für Sozialpolitik. Der Apotheker und Gesundheitsökonom polemisiert allerdings gegen das Apothekenurteil des EuGH. Auf "Spiegel online" wird er wie folgt zitiert: "Gerd Glaeske, Gesundheitsökonom an der Uni Bremen und Mitglied im Sachverständigenrat Gesundheit, der die Bundesregierung berät, geht mit seiner Kritik sogar noch weiter. Im Alleingang habe die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) den Erhalt des Monopols nicht durchgedrückt. ‚Die Apotheker-Lobby hatte offenkundig politische Unterstützung‘, sagt er. ‚Sie hat es geschafft, die öffentliche Debatte mit Scheinargumenten und blanker Panikmache zu dominieren. Und es fehlte offenkundig parteiübergreifend der politische Wille, so kurz vor der Bundestagswahl dagegen anzuargumentieren – und so einen weiteren Unruheherd im ohnehin interessengeleiteten Gesundheitssystem aufzuheizen.‘ Der Diskurs vor dem EuGH-Urteil sei von ‚lauter Scheinargumenten‘ bestimmt worden, wie Glaeske es ausdrückt. Diese seien allesamt von der Apotheker-Lobby lanciert worden – und ihr Wahrheitsgehalt sei von den verantwortlichen Entscheidungsträgern nur sehr unzureichend überprüft worden. ‚Den Sachverständigenrat Gesundheit hat zumindest keiner nach einer Einschätzung gefragt‘, sagt Glaeske. Ökonom Glaeske jedenfalls bringt das EuGH-Urteil regelrecht in Rage: ‚Dieses Urteil verlängert ein 800 Jahre altes und schon lange obsoletes Wettbewerbsmonopol ein weiteres Mal.‘" Wie steht der VDPP zu den Aussagen Glaeskes? Kann sich der VDPP diesen Aussagen anschließen? Hier das Statement von Dr. Thomas Schulz vom VDPP-Vorstand: "Der Verein Demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten hat diesen Namen bewusst gewählt. Wir verstehen uns als pluralistischer Verein, in dem verschiedene Meinungen ihren Platz finden können, solange sie erkennbar den grundsätzlichen Zielen des Vereins dienen. Dazu gehört unter anderem eine hochwertige, patientenorientierte Arzneimittelversorgung. Dieses Ziel verfolgt auch Professor Glaeske, auch wenn er in dem Punkt Apotheken-Liberalisierung einen anderen Weg favorisiert als die Mehrheit des VDPP. Professor Glaeske bezieht in dieser Frage eine Position, die im VDPP nicht mehrheitsfähig ist. Auch innerhalb des Vereins wurde die Frage nach Für und Wider eines intensivierten Wettbewerbs kontrovers diskutiert. Zu diesem Thema hat der VDPP 2007 ein Seminar veranstaltet, zu dem Professor Glaeske als Referent eingeladen war und in dem er seine Positionen dargelegt hat. Für die Mehrheit unserer Mitglieder steht jedoch fest, dass eine Kettenbildung in der Hand von renditegetriebenen Konzernen nicht den von Professor Glaeske erhofften Qualitätswettbewerb, sondern in erster Linie einen Preiswettbewerb zur Folge haben würde. Es wird daher befürchtet, dass die Qualität der Beratung, die sich unter anderem an der Qualifikation des Apothekenpersonals und an der aufgewendeten Zeit misst, als Kostenfaktor in einem entfesselten Preiskampf nicht oberste Priorität genießen wird. Der VDPP folgt daher ausdrücklich nicht der Argumentation von Professor Glaeske, der in einer Liberalisierung des Apothekenmarktes eine Chance für eine Erhöhung der Versorgungsqualität sieht. Aber auch wir fordern verstärkte Anstrengungen von der Apothekerschaft, um die ihnen weiterhin gewährten Privilegien zu nutzen und die fachliche Qualität der Versorgung zu erhöhen."
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