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DAZ Spezial
Jetzt wird Gas gegeben – mit dem linken Fuß
Auffällig, im Hause Celesio scheint es eine Sprachregelung zu geben, die schon Ralf Däinghaus gleich nach der Urteilsverkündung benutzte: Celesio und DocMorris haben nicht verloren. Das Wort "Verlierer" mag der Celesio-Vorstandsvorsitzende in diesem Zusammenhang nicht. Man sei enttäuscht. Gegen hartnäckiges Nachfragen des "Welt"-Interviewers, ob das Urteil nicht doch ein herber Rückschlag gewesen sei, wehrt sich Oesterle mit der feinsinnigen Bemerkung: "Wir haben nicht verloren. Wir haben nur nicht gewonnen." Das muss man sich merken. Das klingt nach Franz Beckenbauer.
Man habe aber immer mit einkalkuliert, dass der EuGH anders entscheiden kann. Jetzt wird eben nicht die Schiene Versandapotheke gefahren, sondern, wie auch Däinghaus verlauten ließ, das Konzept der Markenpartnerschaften. "Markenpartnerschaften sind die Zukunft", so Oesterle. Die seien nämlich "hochattraktiv", weiß er zu berichten. "Und wir werden aggressiver in den Markt gehen. Bis 2011 soll es 500 Apotheken mit DocMorris-Logo geben", sagt Oesterle im FAS-Interview. Aha, möchte man hinzufügen, leichter und schneller kann man Geld nicht verdienen als mit der Überlassung einer Geschäftsidee, für die bis jetzt rund 150 Apotheken in Deutschland jährlich mehrere tausend Euro im Jahr als Lizenzgebühr bezahlen. Und erst bei 500 Lizenznehmern, da kommt ordentlich was zusammen …
Dazu sollen noch die Idee der DocMorris-Eigenmarken bei OTCs und einer Sonnenschutzserie ausgebaut werden, kündigt der Celesio-Chef an.
Wachsen will Celesio/DocMorris aber auch mit neuen Dienstleistungen für die Pharmaindustrie und für die Patienten, die zu Hause Arzneimittel benötigen. Hier sieht der "Apothekerschreck" (so nennt die FAS den Celesio-Chef) einen enormen Wachstumsmarkt. Das darin steckende Potenzial schätzt er sogar größer als das eines geöffneten deutschen Apothekenmarkts. Zweckoptimismus? Warum hörte man diese Einschätzung nicht schon vor dem Apothekenurteil?
"Wir haben nicht verloren. Wir haben nur nicht gewonnen. "Ja, und überhaupt: die geplante Apothekenkette, so Oesterle im Gespräch mit der "Welt", sei sicherlich keine Bedrohung für die Apothekenbranche gewesen. Man habe doch immer gesagt, dass es die Strategie sein werde, im ersten Jahr 30 bis 50 Apotheken zu betreiben, aber nur wenn die rechtlichen Voraussetzungen vorhanden seien. Oesterle in der "Welt": "Wir haben nie aktiv am Fall des Fremdbesitzverbotes gearbeitet. Unsere Expansionsstrategie kann man nicht als Bedrohung ansehen. Im Gegenteil." Das muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen. Aber der Ärger mit Verbänden und vielen anderen, die ihn wegen seiner Strategie angegriffen hätten, habe sich gelohnt. Denn in Deutschland gebe es keine andere Marke in der Branche, die so stark sei wie DocMorris: "Ich wäre todunglücklich, wenn DocMorris heute einen anderen Eigentümer hätte."
Die Einschätzung des Gerichts, dass nur selbstständige Apotheker die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen können, teilt der Celesio-Chef erwartungsgemäß nicht: "Das wäre ja so, als ob in einem Krankenhaus, das keinem Arzt gehört, keine ordentliche Medizin betrieben würde. Absurd. Das ist nicht nachvollziehbar und ordnungspolitisch höchst bedenklich." – "Die Eigentümerverhältnisse sagen nichts darüber aus, ob jemand einen guten Job macht oder nicht", meint der Konzernchef. Für die Zukunft glaubt Oesterle nicht, dass sich Deutschland dem Trend Apothekenkette dauerhaft entziehen kann. Dem Modell Pick up kann er jedoch nichts abgewinnen, "das wird sich nicht durchsetzen". Die Zukunft der Apotheke sehe er nicht in den Drogeriemärkten. Verständlich, eine Drogeriekette gehört noch nicht zum Celesio- oder Hanielkonzern. Und auch im "Welt"-Interview bekräftigt Oesterle: "Wir geben jetzt statt mit dem rechten Fuß mit dem linken Gas. DocMorris wird das bestehende Versandgeschäft mit Medikamenten und die Markenpartnerschaften forcieren, anstatt eigene Apotheken zu haben." Ob der frühere Hobby-Rennfahrer Oesterle schon jemals versucht hat, mit dem linken Fuß Gas zu geben? In aller Regel fällt dann das Bremsen sehr schwer – und wo das endet, kann man sich leicht ausmalen.
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