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"Schweinegrippe" – die Pandemiegefahr wächst
Seit einiger Zeit wird damit gerechnet, dass ein neuer Subtyp des Influenzavirus entsteht, der bei leichter Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch eine Pandemie auslösen könnte. Bei dem neuen Influenzavirus handelt es sich zwar nicht um einen neuen Subtyp, aber um eine Variante mit besorgniserregenden Eigenschaften. Sie scheint das Potenzial für eine Pandemie zu haben.
Für die zunächst in Mexiko und den USA aufgetretenen schweren und zum Teil tödlich verlaufenen Grippefälle lässt sich ein Influenzavirus vom Typ A/ H1N1 verantwortlich machen. Es hat große Ähnlichkeiten mit den in Schweinen vorkommenden Influenzaviren, die in der Vergangenheit jedoch nur sehr selten zu humanen Infektionen geführt haben.
"Schweinegrippe" und kein Schwein ist erkrankt
Nach Angaben des Friedrich-Löffler-Instituts, dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, handelt es sich allerdings bei dem neuen Erreger um ein Virus, das so in Schweinen noch nie festgestellt worden ist und somit auch noch zu keinem Ausbruch einer Schweinegrippe geführt hat. Es gilt allerdings als wahrscheinlich, dass in dem Wirt Schwein durch einen Austausch von Erbmaterial humaner Influenzaviren, Vogelgrippeviren und Schweinegrippeviren die Grundlage für das neue Influenzavirus gelegt worden ist. Denn das Virusgenom des neuen Erregers entspricht nicht dem eines klassischen Schweine-Influenzavirus vom Typ A/H1N1, es enthält vielmehr Erbinformationen von Influenza-Typ-A-Viren von Mensch, Schwein und Vögeln. Für die aufgetretenen Grippefälle konnte auch keine direkte Übertragung vom Schwein auf den Menschen verantwortlich gemacht werden, sondern lediglich Übertragungen von Mensch zu Mensch. Es wird spekuliert, dass das Virus schon vor längerer Zeit auf den Menschen übergesprungen ist und sich dann so verändert hat, dass es leicht von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Der Begriff "Schweinegrippe" ist daher nach Aussage von Wissenschaftlern des Friedrich-Löffler- Instituts irreführend. Da die Gefahr einer Ansteckung nicht von Schweinen ausgeht, soll der Verzehr von Schweinefleisch oder Schweinefleischprodukten unbedenklich sein. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist das veränderte H1N1-Virus empfindlich gegen die Neuraminidase-Hemmer Oseltamivir und Zanamivir, jedoch resistent gegen Amantadin und Rimantadin. Dass Influenzaimpfstoffe der letzten Saison schützen können, gilt als unwahrscheinlich.
Parallelen zur Spanischen Grippe
Während ansonsten bei Influenzaepidemien in erster Linie Ältere und kleine Kinder gefährdet sind, lässt der neue Erreger vor allem 20 bis 40-Jährige besonders heftig erkranken. In dieser Altersgruppe sind bislang die meisten Todesfälle registriert worden. Eine Erklärung dafür steht aus. Allerdings gibt es Parallelen zur Spanischen Grippe, die 1918 bis 1920 mindesten 25 Millionen Todesopfer gefordert hat. Auch hier zeichnete sich ein Influenzavirus vom Typ A/H1N1 verantwortlich, das in der Altersgruppe der 20- bis 40-Jährigen die meisten Todesopfer gefordert hat.
Der Pandemieplan greift
Die Gesundheits- und Überwachungsbehörden aller Länder sind alarmiert. Bis vor wenigen Tagen galt noch die wegen des Erregers der Vogelgrippe ausgerufene WHO-Phase 3 der sechsstufigen Pandemiewarnung. Sie ist definiert als das Auftreten von menschlichen Infektionen mit einem neuen Virus-Subtyp (Vogelgrippe-Erreger H5N1), der jedoch gar nicht oder nur in sehr seltenen Fällen von Mensch zu Mensch überspringt. Wird jedoch ein solches Virus nachhaltig und leicht von Mensch zu Mensch übertragen, dann sind die Voraussetzungen für das Entstehen einer Pandemie erfüllt. Nun hat die WHO die Phase 4 wegen des neuen Influenzavirus ausgerufen. Voraussetzung für das Erreichen der Phase 4 ist eine anhaltende Übertragung von Mensch zu Mensch begleitet von lokalen Ausbrüchen.
Was im Vorfeld und während einer Ausbreitung in Deutschland zu tun ist, legen der nationale Pandemieplan und Notfallpläne der Länder und Kommunen fest, an denen in den letzten Jahren intensiv gearbeitet worden ist. Oberste Priorität hat ein funktionierendes Gesundheitswesen und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Infrastruktur. Das Bundesgesundheitsministerium sieht sich für den Ernstfall gut gerüstet. Wie Apotheken sich vorbereiten können, darüber informiert die Bundesapothekerkammer zusammen mit der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege in dem Themenheft: Influenzapandemie – Risikomanagement für Apotheken. Es ist unter http://www.abda.de/fileadmin/pdf/Influenzapandemie/Influenzapandemie_Apothekenmanagement_Themenheft_2009.pdf abrufbar. Weitere aktuelle Informationen finden sich auf den Seiten des Robert Koch-Instituts unter www.rki.de.
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