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Was steht als Nächstes an?

Mit den Tarifabschlüssen in diesem Jahr hat ADEXA zwei wichtige "Baustellen" erfolgreich beendet. Nun stehen unter anderem die Feinjustierung der Leistungsorientierten Bezahlung (LOB) in Nordrhein und die Erweiterung eines europäischen Netzwerks von Gewerkschaften für das Apothekenpersonal auf der Agenda der Apothekengewerkschaft. Dazu ein Interview mit den beiden Vorsitzenden, Barbara Neusetzer und Tanja Kratt:
Die ADEXA-Doppelspitze: Barbara Neusetzer und Tanja Kratt
Foto: Adexa

Frau Kratt, sind Sie als Tarifexpertin im ADEXA-Vorstand zufrieden mit den Abschlüssen in diesem Jahr?

Kratt:

Wir haben es in diesem Jahr erstmals mit zwei sich unterscheidenden Abschlüssen zu tun. Mit der TGL Nordrhein kam zwar früher eine Einigung zustande, allerdings gilt der gerade abgeschlossene Gehaltstarifvertrag mit dem Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) ebenfalls ab dem 1. Januar 2009. Rückblickend auf die langwierigen zähen Verhandlungen mit dem ADA, die vor allem durch die neu zu gestaltende Urlaubsregelung erschwert wurden, ist im Ergebnis ein guter Kompromiss zustande gekommen. Die Abschlüsse sind insgesamt ausgewogen und berücksichtigen die Interessen beider Seiten. Damit kann man wirklich zufrieden sein.

Was bleibt tarifpolitisch jetzt noch zu tun?

Kratt:

Für die Tarifkommission von ADEXA wird es nur eine kurze Verschnaufpause geben. An den Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, aber auch der Altersabsicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird ADEXA kontinuierlich weiter arbeiten und entsprechende Ideen entwickeln.

Konkret geht es in diesem Jahr noch um die Ausgestaltung der Bedingungen für die leistungsorientierte Bezahlung und außerdem um den Abschluss eines neuen Rahmentarifvertrages mit der TGL Nordrhein.

In diesem Jahr wird das Tarifvertragsgesetz, das die Grundlage für die Tarifautonomie in Deutschland legt, sechzig Jahre alt. Ist das bestehende Tarifsystem noch effektiv? Man denke nur an den Streit um gesetzliche Mindestlöhne, an die wachsende Zahl von Haustarifen und die Tarifflucht von Arbeitgebern.

Kratt:

Aus meiner Sicht sind Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände heute noch viel mehr gefordert, tarifliche Standards hochzuhalten. Wer glaubt, dass er von einer Tarifflucht profitiert, denkt nur sehr kurzfristig und hat nicht die Gesamtheit der Branche im Blick. Gerade im Bereich der Apotheken, die praktisch nicht von ausländischer Konkurrenz betroffen sind, können nur die inländischen Wettbewerbsbedingungen eine Rolle spielen. Dazu gehören eben auch die Arbeitskosten, die erst durch tarifliche Vereinbarungen vergleichbar werden und vor der sogenannten "Schmutzkonkurrenz" schützen sollen. Wer glaubt, durch die Unterwanderung von tariflichen Standards einen Vorteil zu haben, wird über kurz oder lang die Erfahrung machen, dass sich qualifizierte Mitarbeiter abwenden. Der Schutzmechanismus des Tarifsystems – auch für die Arbeitgeberseite – sollte sicher nicht unterschätzt werden.

Frau Neusetzer, seit zwei Jahren arbeitet ADEXA mit dem Verband Angestellter Apotheker in Österreich (VAAÖ) konstruktiv zusammen. Auf der Interpharm 2009 gibt es ein erstes Treffen beider Organisationen mit Gewerkschafts- und Kammervertretern aus Frankreich im Rahmen eines Seminars. Was erhoffen Sie sich von dieser europaweiten Vernetzung?

Neusetzer:

Wir wollen ein Forum schaffen, das sich für die Verbesserung der beruflichen, rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Lage der Mitarbeiter in Apotheken und anderen pharmazeutischen Bereichen in den jeweiligen Ländern einsetzt. Da macht es Sinn, wenn man sich austauscht und gegenseitig von den Erfahrungen profitiert und die Bedingungen der Angestellten in Apotheken der unterschiedlichen Länder kennenlernt. Bekanntlich erreicht man gemeinsam mehr – und in einem immer weiter zusammenwachsenden Europa wollen wir den Interessen der Apothekenangestellten eine Stimme verleihen.

Glauben Sie, dass die Entscheidung des EuGH im Sinne des Generalanwalts gegen den Fremdbesitz ausfallen wird?

Neusetzer:

Hier möchte ich mich nicht als Hellseherin betätigen. Häufig ist der EuGH den Empfehlungen der Schlussplädoyers gefolgt, aber in etwa 20 Prozent der Fälle auch nicht. Es bleibt also abzuwarten.

Erwarten Sie vor der Bundestagswahl noch gesundheitspolitische Neuerungen? Und welche Prognosen wagen Sie für die Zeit nach der Wahl?

Neusetzer:

Die AMG-Novelle steht ja noch an. Der bisher bekannte Terminplan sieht vor, dass das Gesetz am 1. August in Kraft treten soll, falls es den Bundesrat und auch den Bundestag entsprechend passiert. Aber gerade in Wahlkampfzeiten kommt es ja manchmal anders als man denkt.

Auch Prognosen für die Zeit nach der Wahl sind eher ein Glücksspiel; je nachdem, wie die neue Regierung dann aussieht, könnte auch der Gesundheitsfonds noch einmal in Angriff genommen werden. Die Parteien beschließen ja jetzt erst ihre Wahlprogramme, da kann es schon noch die eine oder andere Überraschung geben. ADEXA wird die gesundheits-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Ziele der Parteien in jedem Fall kritisch analysieren und kommentieren.

Welche Ziele hat sich ADEXA für die kommenden zwei Jahre gesetzt?

Neusetzer:

In die Berufspolitik wollen wir uns weiter aktiv einmischen und die Interessen der Apothekenangestellten bestmöglich vertreten und durchsetzen.

Unsere PTA-Fachgruppe arbeitet zurzeit an einer Ausbildungsnovellierung für die PTA, die darauf hinzielt, den Beruf zukunftsfest zu gestalten. Ziel ist es, die Ausbildungszeit auf drei Jahre zu verlängern und eine inhaltliche Verbreiterung und Vertiefung zu erreichen.

Außerdem planen wir auch intern ADEXA weiter zu professionalisieren, dadurch noch mehr Kolleginnen und Kollegen von unserer Arbeit zu überzeugen und als Mitglieder bei ADEXA zu gewinnen.

Frau Neusetzer, Frau Kratt, vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Dr. Sigrid Joachimsthaler

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