Aus Kammern und Verbänden

Sucht und demographischer Wandel

Zum fünften Mal fand am 4. März 2009 in Köln der nordrheinwestfälische Kooperationstag "Sucht und Drogen" statt. Die Veranstaltung stand unter dem Motto "Sucht und demographischer Wandel".
Die Teilnehmer der Pressekonferenz zum Suchtkooperationstag (von links): Dr. Bodo Lieb, Brigitta Lengsholz, Gerda Schmieder, Silke Morlang (Koordinatorin), Dr. Friedrich Leidinger, Doris Sarrazin, Hartmut Buck (Referent des Hauptvortrags), Georg Seegers.
Foto: Schäfer

Im Namen der Koordinationsgruppe begrüßte Silke Morlang von der ginko Stiftung für Prävention die gut 200 Teilnehmer aus allen Bereichen der Suchtprävention und -hilfe und dankte dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW für die finanzielle Unterstützung zur Durchführung der Veranstaltung. Für den Landschaftsverband Rheinland, der die Räumlichkeiten für den Suchtkooperationstag zur Verfügung stellte, begrüßte Michael van Brederode die Anwesenden. Er betonte, dass der demographische Wandel sich auf die Klientel und das Personal von Einrichtungen der Suchthilfe sowie auch auf deren zukünftige Finanzierung auswirkt. Dabei seien viele Fragen noch offen. Vor allem fehlen Informationen über das Suchtgeschehen bei älteren Mitarbeitern und Rentnern, um bereits heute die Weichen für notwendige strukturelle und inhaltliche Adaptationen zu stellen.

Wie sich der demographische Wandel auf das Erwerbsleben auswirken wird, skizzierte Hartmut Buck vom Fraunhofer Institut in Stuttgart: Auf dem Arbeitsmarkt wird es an qualifiziertem Nachwuchs mangeln, während die individualisierten Bedürfnisse der alternden Kunden zunehmen. Derzeit zählt etwa jeder Zweite zur Altersgruppe zwischen 20 und 65 Jahren, im Jahr 2050 wird es nur noch gut jeder Dritte sein. Dadurch sinkt das Bruttosozialprodukt, falls die Produktivität nicht überproportional steigt. Die Ausgaben für Renten, Betreuung und Gesundheit wachsen; dagegen nehmen die Aufwendungen für die Bildung deutlich ab, sowohl wegen des Rückgangs der Schülerzahlen als auch durch Einsparungen. Genau hier entsteht ein großes Problem, da von den Arbeitnehmern ein lebenslanges Lernen erwartet wird, damit sie sich den schneller ändernden Bedürfnissen im Markt anpassen können. Für Erwerbstätige sind Bildungsmaßnahmen – neben dem Erhalt der Gesundheit – entscheidend, um ihre berufliche Leistungsfähigkeit langfristig zu sichern. Unternehmen und Organisationen werden neue Arbeitsstrukturen, seniorengerechte Angebote und neue Strategien für die Rekrutierung von Mitarbeitern trotz Fachkräftemangels entwickeln müssen. Buck konstatierte, dass die derzeitige Personalpolitik im öffentlichen Dienst – und damit auch in Einrichtungen der Suchtprävention und -hilfe – den Herausforderungen des demographischen Wandels kaum Rechnung trägt.

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe "Sucht und Drogen" stellten Lösungsansätze für diese Problematik vor. Dazu zählten spezielle Angebote für Rentner, eine zukunftsorientierte Personalplanung, gemischte Teams, die nicht nur dem demographischen Wandel, sondern auch der Zunahme des Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund gerecht werden, kommunale Netze und tariflich abgesicherte Anreize für Mitarbeiter.

Info

Der Kooperationstag "Sucht und Drogen NRW" findet seit zehn Jahren alle zwei Jahre statt. Kooperationspartner sind die Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, die Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe, die Landeskoordinierungsstelle Suchtvorbeugung NRW (ginko), die Freien Wohlfahrtsverbände, die Landeskoordination Integration NRW sowie die Landesfachstelle Glücksspielsucht NRW.
Programm, Folien des Hauptvortrags und weiterer Vorträge unter:

In zahlreichen Workshops hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, sich über Maßnahmen in der betrieblichen Suchtprävention, die Suchtproblematik in der Altenpflege, Abhängigkeitsmuster von Senioren und die Chancen und Möglichkeiten der ambulanten und stationären Suchthilfe für ältere Menschen zu informieren und mit Experten zu diskutieren. Spezielle Themen waren Hilfen bei Essstörungen, geschlechtergerechte Suchthilfeangebote, die berufliche Integration von Suchtkranken, die Anziehungskraft von Glücksspielen auf Jugendliche, Initiativen für die familiäre Suchthilfe sowie die Onlinesucht. Die Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe informierten zum Thema "Naturdrogen – von Magic Mushrooms und Hortensien".


Constanze Schäfer

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