Arzneimittel und Therapie

Sarkosin als zuverlässiger Urintest für Prostatakrebs?

US-amerikanische Forscher haben die Grundlage für einen neuen Urintest zum Nachweis eines Prostatakarzinoms entwickelt. Sie entdeckten im Urin einen Indikator für den Tumor, das Sarkosin, der vermehrt von Patienten mit Prostatakrebs ausgeschieden wird [1]. Vermutlich ermöglicht der Biomarker ein einfacheres und zuverlässigeres Verfahren zum Nachweis als der umstrittene PSA-Bluttest und bessere Behandlungsmethoden des Prostatakarzinoms.

In jedem Jahr erkranken fast 50.000 Männer allein in Deutschland an einem Prostatakarzinom. Bereits im letzten Jahr beim Euroscience Open Forum in Barcelona wurde der Bluttest auf das Prostata-spezifische Antigen (PSA), der bisher bei vielen Urologen als "Goldstandard" für die Diagnose des häufigsten Tumors und der dritthäufigsten Krebstodesursache bei Männern galt, heftig kritisiert. Die Diskussion ging letztlich darum, ob keine Früherkennung einer schlechten vorzuziehen sei. Nur ein Drittel der Untersuchten mit einem erhöhten PSA-Spiegel hat tatsächlich Krebs, doch sicherheitshalber müssen alle Fälle durch schmerzhafte Gewebeentnahmen abgeklärt werden [2]. Auch ist der Krebs nur selten bedrohlich, die Mehrzahl der Fälle ist harmlos. Und ob der massenhafte Einsatz von PSA-Tests die Sterblichkeit durch Prostatakrebs wirklich senken kann, ist letztlich nicht erwiesen: Die Ergebnisse europäischer Großstudien dazu liegen derzeit noch nicht vor. In den USA hat die Preventive Services Task Force des Kongresses die Abschaffung des Bluttests zunächst für Männer über 75 empfohlen [3]. Eine neue Website (psa-entscheidungshilfe.de), die vom AOK-Bundesverband, dem Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und der Universität Bremen initiiert wurde, soll dazu beitragen, die kontroversen Gesichtspunkte zusammenzutragen und zu einer objektiveren Gesamtbewertung zu kommen.

Biomarker als Alternative?

Als Lösung des Dilemmas wurden Tests auf Biomarker genannt, die den Krebs und seine Aggressivität zuverlässig anzeigen. Ein vielversprechender Schritt in diese Richtung gelang jetzt der Arbeitsgruppe um Arul Chinnaiyan von der Universität Michigan, die Urinproben von Prostatakrebspatienten mit denen von tumorfreien Personen verglichen. Dabei wurden mehr als 1110 Stoffwechselprodukte von mehr als 262 Proben (jeweils 110 Urin- und Plasma- sowie 42 Gewebeproben), die von 16 Gesunden, zwölf Patienten mit einem Tumor in frühem Stadium und 16 Patienten mit metastasierendem Prostatakarzinom stammten, bestimmt. In den Proben von etwa vier Fünftel der Patienten mit metastasierendem Tumor und zwei Fünftel der Patienten in frühen Tumorstadien konnte die nicht-proteinogene Aminosäure Sarkosin, die sich vom Glycin ableitet, in besonders hohen Konzentrationen nachgewiesen werden. Bei tumorfreien Patienten fand sich hingegen kein Sarkosin. Darüber hinaus fanden die Wissenschaftler Hinweise, dass Sarkosin auch an der Krebsentstehung beteiligt sein könnte.

In einer Presseerklärung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) wurde allerdings vor zu hohen Erwartungen gewarnt, nicht zuletzt aufgrund der geringen untersuchten Fallzahl. So sei der Einsatz in der Routinediagnostik des Prostatakarzinoms sicher noch zu früh [4].

 

Quelle
 [1] Sreekumar, A.; et al.: Metabolomic profiles delineate potential role for sarcosine in prostate cancer progression. Nature 2009; 457 (7231), 910 – 914.

 [2] Jungmayr, P.: Tops und Flops der vergangenen zehn Jahre. Dtsch. Apoth. Ztg. 2008; 148(44), 38 – 40.[3] Bahnsen, U.: Krebsvorsorge: Test oder Tombola, Die Zeit 2008 (34), 33.

[4] Wahlers, B.-C.: Neuer Marker zur Diagnose von Prostatakrebs. Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. vom 19. Februar 2009.

 


Dr. Hans-Peter Hanssen

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