Arzneimittel und Therapie

Ranolazin schützt vor Ischämie

Das Piperazinderivat Ranolazin (Ranexa®) wird zur Behandlung der koronaren Herzkrankheit eingesetzt. Die neue Substanz ist als Ergänzungstherapie zur symptomatischen Behandlung von Patienten mit stabiler Angina pectoris indiziert, bei denen antianginöse Mittel der ersten Wahl (wie Betablocker und/oder Calciumantagonisten) nicht ausreichend wirken oder nicht vertragen werden.
Ranolazin

Bei der koronaren Herzkrankheit behindern Stenosen an den Koronararterien den Blutfluss und damit auch die Sauerstoffzufuhr, dadurch erhält der Herzmuskel zu wenig Sauerstoff. Je nach Schweregrad und Dauer der hierdurch hervorgerufenen Ischämie kommt es zu unterschiedlichen Krankheitserscheinungen. Dazu gehören stabile oder instabile Angina pectoris, eine stumme Myokardischämie, ischämisch bedingte Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen oder der akute Herzinfarkt.

Zur Therapie wird der myokardiale Sauerstoffverbrauch gesenkt, das Sauerstoffangebot erhöht und/oder Koronarspasmen beseitigt. Hierfür werden Nitrate, Beta-Adrenozeptorenblocker und Calciumantagonisten eingesetzt.

Hemmung des späten Natriumioneneinstroms

Ranolazin weist einen neuen Wirkungsmechanismus auf. Im Unterschied zu den anderen Substanzen, die hämodynamische Parameter wie Herzfrequenz und Blutdruck beeinflussen, wirkt Ranolazin direkt an der Herzmuskelzelle und verbessert die Sauerstoffausschöpfung des Herzens.

Ranolazin hemmt in den Herzmuskelzellen den späten Natriumioneneinstrom (INa -late), der vor allem bei Ischämien verstärkt ist. So verhindert es die Akkumulation von intrazellulärem Natrium, die zu einer schädlichen Überladung dieser Zellen mit Calcium führt. Die Hemmung der durch Natrium induzierten Calciumüberladung bewirkt eine verbesserte Relaxation des Herzmuskels und nachfolgend eine verbesserte Durchblutung im Herzgewebe. Dadurch ist das Herz besser vor ischämischen Attacken geschützt.

Außerdem hemmt Ranolazin die Fettsäurenoxidation partiell, allerdings erst ab einer Plasmakonzentration von über 10 µmol/l, die im Rahmen der durchgeführten klinischen Studien nicht erreicht wurden.

Metabolisierung über Cytochrom P450

Ranexa® ist in Form von Retardtabletten mit 375, 500 und 750 mg erhältlich.

Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 375 mg zweimal täglich. Nach zwei bis vier Wochen sollte die Dosis auf 500 mg zweimal täglich und je nach Ansprechen des Patienten auf eine empfohlene Maximaldosis von 750 mg zweimal täglich weiter erhöht werden, entsprechend der Verträglichkeit. Die Tabletten dürfen nicht zerteilt werden, und sie können unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden.

Die durchschnittliche absolute Bioverfügbarkeit nach oraler Einnahme liegt zwischen 30 und 50%, bei großer interindividueller Variabilität. Ranolazin wird schnell und umfassend verstoffwechselt, vor allem durch CYP3A4, aber auch durch CYP2D6 und über den Harn (73%) und die Fäzes (25%) ausgeschieden. Nach oraler Anwendung liegt die terminale Halbwertszeit bei etwa sieben Stunden.

CYP3A4-Inhibitoren erhöhen die Plasmakonzentrationen von Ranolazin, und die Gefahr von unerwünschten Wirkungen kann sich erhöhen. Die gleichzeitige Einnahme eines starken CYP3A4-Inhibitors ist deshalb kontraindiziert. Umgekehrt kann Ranolazin die Plasmakonzentrationen von CYP3A4-Substraten erhöhen. Auch bei der gemeinsamen Gabe mit Arzneimitteln, die über CYP2D6 und CYP2B6 verstoffwechselt werden, ist Vorsicht geboten.

Leichte Leberfunktionsstörungen, leichte bis mäßige Nierenfunktionsstörungen, höheres Alter, geringes Gewicht (unter 60 kg) und eine mäßige bis schwere Herzinsuffizienz (NYHA-Klassen III bis IV) können die Plasmaspiegel von Ranolazin und damit die Gefahr von Nebenwirkungen erhöhen. Bei schweren Nieren- sowie mäßigen oder schweren Leberfunktionsstörungen darf Ranolazin nicht eingesetzt werden.

Ebenso ist bei der Behandlung von Patienten mit Verlängerung des QT-Intervalls Vorsicht geboten. Die begleitende Anwendung von Antiarrhythmika der Klasse Ia ist kontraindiziert.

 

Steckbrief: Ranolazin

Handelsname: Ranexa

Hersteller: Berlin-Chemie AG, Berlin

Einführungsdatum: 15. Februar 2009

Zusammensetzung: Eine Retardtablette enthält 375/500/750 mg Ranolazin. Sonstige Bestandteile für alle Ranolazin-Retardtabletten: Carnaubawachs, Hypromellose, Magnesiumstearat, Methacrylsäure-Ethylacrylat-Copolymer (1:1), mikrokristalline Cellulose, Natriumhydroxid, Titandioxid. Je nach Tablettenstärke enthält die Tablettenbeschichtung außerdem: 375-mg-Tablette: Polyethylenglykol, Polysorbat 80, Blau Nr. 2/Indigotin-Aluminium-Farblack (E132); 500-mg-Tablette: Polyethylenglykol, Polysorbat 80, Gelb Nr. 6/Sunsetgelb FCF-Aluminium-Farblack (E110); 750-mg-Tablette: Glyceroltriacetat, Lactose-Monohydrat, Blau Nr. 1/Brillantblau FCF-Aluminium-Farblack (E133) und Gelb Nr. 5/Tartrazin-Aluminium-Farblack (E102).

Packungsgrößen, Preise und PZN: Ranexa® 375 mg: 30 Retardtabletten, 50,58 Euro, PZN 0138684; 60 Retardtabletten 85,66 Euro, PZN 0138690; 100 Retardtabletten, 129,83 Euro, PZN 0138715. Ranexa® 500 mg: 30 Retardtabletten, 50,58 Euro, PZN 0147039; 60 Retardtabletten, 85,66 Euro, PZN 0147051, 100 Retardtabletten, 129,83 Euro, PZN 0163624. Ranexa® 750 mg: 30 Retardtabletten, 50,58 Euro, PZN 0163630; 60 Retardtabletten, 85,66 Euro, PZN 0163647; 100 Retardtabletten, 129,83 Euro, PZN 0171173.

Stoffklasse: Koronarmittel. ATC-Code: C01EB18.

Indikation: Als Ergänzungstherapie zur symptomatischen Behandlung von Patienten mit stabiler Angina pectoris, die unzulänglich kontrolliert werden oder antianginöse Mittel der ersten Wahl (wie Betablocker und/oder Calciumantagonisten) nicht tolerieren.

Dosierung: Anfangsdosis: 375 mg zweimal täglich, sollte nach zwei bis vier Wochen auf 500 mg zweimal täglich erhöht und je nach Ansprechen des Patienten auf eine empfohlene Maximaldosis von 750 mg zweimal täglich weiter erhöht werden, entsprechend der Verträglichkeit. Die Tabletten können unzerkaut zu den Mahlzeiten oder außerhalb der Mahlzeiten eingenommen werden.

Gegenanzeigen: Schwere Nierenfunktionsstörungen, mäßige oder schwere Leberfunktionsstörungen, begleitende Anwendung von starken CYP3A4-Inhibitoren, begleitende Anwendung von Antiarrhythmika der Klasse Ia oder III mit Ausnahme von Amiodaron.

Nebenwirkungen: Schwindel, Kopfschmerzen; Obstipation, Erbrechen, Übelkeit; Asthenie.

Wechselwirkungen: Ranolazin ist ein Substrat von Cytochrom CYP3A4; CYP3A4-Inhibitoren erhöhen die Plasmakonzentrationen von Ranolazin, die gleichzeitige Anwendung von CYP3A4-Induktoren führt zu einem Verlust der Wirksamkeit; umgekehrt kann Ranolazin die Plasmakonzentrationen von CYP3A4-Substraten erhöhen; außerdem ist Ranolazin ein schwacher CYP2D6-Inhibitor; Vorsicht ist auch geboten bei der gleichzeitigen Anwendung mit CYP2B6-Substraten. Ranolazin ist ein Substrat für P-gp; P-gp-Inhibitoren erhöhen den Plasmaspiegel von Ranolazin; umgekehrt kann Ranolazin die Plasmakonzentrationen von P-gp-Substraten erhöhen. Nach der Einleitung und der Beendigung einer Ranolazin-Therapie sollten die Digoxin-Spiegel überwacht werden. Theoretisch besteht das Risiko, dass durch die gleichzeitige Behandlung mit Ranolazin und anderen, das QTc-Intervall verlängernden Arzneimitteln eine pharmakodynamische Wechselwirkung verursacht werden könnte, die das potenzielle Risiko für ventrikuläre Arrhythmien erhöht.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Vorsicht ist geboten bei begleitender Anwendung mittelstarker CYP3A4- und P-gp-Inhibitoren, leichten Leberfunktionsstörungen, leichten bis mäßigen Nierenfunktionsstörungen, höherem Alter, geringem Gewicht (unter 60 kg) und mäßiger bis schwerer Herzinsuffizienz (NYHA-Klassen III–IV). Bei der Behandlung von Patienten mit Verlängerungen der QT-Zeit ist Vorsicht geboten. Ranolazin kann Schwindel und verschwommenes Sehen verursachen, was die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigen kann.

Steigerung der Leistungsgrenze

Im Gegensatz zur herkömmlichen Therapie mit Betablockern und Calciumantagonisten, die die Leistung des Herzens herabsetzen und so das verminderte Sauerstoffangebot kompensieren, erhöht Ranolazin die Leistungsgrenze der Patienten.

In klinischen Studien der Phase III verbesserte Ranolazin als Mono- und als Zusatztherapie im Vergleich zu Placebo Angina-pectoris-Beschwerden sowie den Verbrauch an schnell wirksamem Nitroglycerin. Diese Wirkung ist dosisabhängig, anhaltend und geht nicht mit Änderungen von Blutdruck und Herzfrequenz einher. Während der Behandlung entwickelte sich keine Toleranz gegenüber Ranolazin, und nach abruptem Absetzen kam es nicht zu einer Zunahme von Angina-Attacken durch Rebound.

In der Carisa-Studie (Combination Assessment of Ranolazine in Stable Angina) mit 823 Patienten, die eine antianginöse Standardtherapie (Atenolol, Diltiazem oder Amlodipin) erhielten, wurde durch eine zwölfwöchige zusätzliche Behandlung mit Ranolazin die Belastungsdauer um rund zwei Minuten erhöht und die Zahl der Attacken im Schnitt von vier auf drei pro Woche gesenkt. Bei den Patienten dieser Studie waren eine reproduzierbare Einschränkung der Belastbarkeit und eine Senkung der ST-Strecke nachweisbar.

In der Marisa-Studie (Monotherapy Assessment of Ranolazine in Stable Angina) mit 191 Patienten mit stabiler Angina pectoris hatte Ranolazin zuvor bereits als Monotherapeutikum Wirksamkeit gezeigt. Hier war zusätzlich nur Nitroglycerin zur Anfallskupierung erlaubt.

In der Erica-Studie (Efficacy of Ranolazine in Chronic Angina) erhielten 565 Patienten mit chronischer Angina pectoris, die nicht auf eine andere antianginöse Behandlung ansprachen, Ranolazin (500 mg zweimal täglich eine Woche lang, gefolgt von 1000 mg zweimal täglich sechs Wochen lang) oder Placebo, zusätzlich zu einer Amlodipin-Therapie (10 mg einmal täglich). Zusätzlich erhielten 45% der Patienten lang wirksame Nitrate; bei Angina-Attacken wurden sublinguale Nitrate eingesetzt. Durch die Behandlung verminderten sich die Angina-pectoris-Anfälle und der Gebrauch von Nitroglycerin in der Ranolazin-Gruppe stärker als in der Placebo-Gruppe (277 Attacken und Nitroglycerin-Dosen pro Woche vs. 281 Attacken und Nitroglycerin-Dosen).

Ranolazin ist gut verträglich. Nebenwirkungen sind selten und dosisabhängig. Dazu gehören Benommenheit (13%), Übelkeit (9%), Verstopfung (9%) und Schwächegefühl (5%).

 

Quelle
Fachinformation, Stand November 2008.

Informationen von der Einführungspressekonferenz, Berlin, 12. Februar 2009, veranstaltet von Berlin-Chemie, Berlin.

 Abrahams J, Jones CA, Kirkpatrick P. Ranolazine. Nature Reviews 2006; 5: 543 – 55.

Chaitman BR. Ranolazine for the treatment of chronic angina and potential use in other cardiovascular conditions. Circulation 2006; 113: 2462 – 2472.

Morrow DA, et al. Effects of ranolazine on recurrent cardiovascular events in patients with non–ST-elevation acute coronary syndromes: The MERLIN-TIMI 36 randomized trial. J. Am. Med. Assoc. 2007; 297: 1775 –1783.

Stone PH, et al.: Ranolazine: new paradigm for management of myocardial ischemia, myocardial dysfunction, and arrhythmias. Cardiol. Clin. 2008; 26: 603 – 614.

 


hel

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