Eine Erfolgsgeschichte

Peter Ditzel

Als ZK-Sekretär Günter Schabowski auf einer Pressekonferenz am 9. November 1989 die neue Reiseregelung der DDR von seinem Zettel vorlas und auf Nachfrage eines Journalisten den mittlerweile berühmten Satz stammelte "Das tritt ... nach meiner Kenntnis ist das sofort, unverzüglich …", konnte niemand ahnen, dass er damit – wohl eher unbeabsichtigt – das Ende der DDR einleitete. Bald darauf öffneten sich die Grenzschlagbäume.

Auch für alle Apothekerinnen und Apotheker in Ost und West kam der Mauerfall unerwartet. Eine der spannendsten Zeiten der (Apotheken-)Geschichte begann. Bereits Ende 1989 fragten Kolleginnen und Kollegen aus der DDR um einen Arbeitsplatz im Westen nach. Westdeutsche Apotheken in "Zonenrandgebieten" wie Coburg oder Hof erlebten einen Ansturm von Ostbürgern. Die DAZ nahm Anfang 1990 Kontakt mit Apothekern in der DDR auf. Wir bekamen Einblick in die Verwaltung der Mangelwirtschaft, in Organisationsformen und Strukturen der Apotheken. Jede der rund 2000 Apotheken, von denen nur 24 in privater Hand waren, versorgte damals durchschnittlich 8500 Patienten. Die "Kundenschlangen" gehörten in vielen Apotheken zum Alltag.

Noch vor der Einigung begannen sich die DDR-Apotheker in freien Verbänden zu organisieren. Der Verband der Apotheker der DDR (VDA) wurde gegründet, in freien Wahlen Vorstände gewählt. Ein erstes deutsch-deutsches Apothekertreffen fand am 22. April 1990 in Berlin statt. Der Zusammenschluss der Apothekerorganisationen aus Ost und West wurde vorbereitet – er vollzog sich nach der Währungsunion (1. 7. 1990) und der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 am Ende des Jahres 1990.

Was danach geschah, lässt sich nur als beispiellose Erfolgsgeschichte im deutsch-deutschen Apothekenwesen beschreiben. In kaum einem anderen Beruf gelang das Miteinander und das Zusammenwachsen so schnell und nahezu reibungslos wie bei den Apothekern. Der Deutsche Apotheker Verlag veranstaltete kurz vor der Einigung eine Interpharm und den ersten und letzten Apothekertag der DDR in Leipzig – und schrieb damit Geschichte. Westliche Kammern leisteten Unterstützungsarbeit im Aufbau der Kammerstrukturen, Freundschaften wurden geschlossen. Eine Gründungswelle von Apotheken im Osten setzte ein. Nicht wenige West-Apotheker ließen sich im Osten nieder und partizipierten an den damals noch florierenden Apothekenumsätzen. Blühende Landschaften hatte Kohl versprochen – für Apotheken hatten sie sich rasch verwirklicht.


Peter Ditzel

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