Management

Motivationsstrategien in Krisenzeiten

Zeitnah und konkret motivieren

In Krisenzeiten gelten nicht vollkommen andere Motivationsstrategien als in "normalen" Zeiten. Allerdings rücken bestimmte Methoden, den Mitarbeiter zu etwas "zu bewegen", in den Vordergrund.

"Motivationsarbeit unter verschärften Bedingungen": Unter diesem Motto lassen sich die spezifischen Herausforderungen zusammenfassen, unter denen Apotheker ihre durch die Wirtschafts- und Finanzkrise verunsicherten Mitarbeiter motivieren sollten. Denn die Auswirkungen der Krise modellieren die Schwierigkeiten, mit denen die Apotheken allein aus gesundheitspolitischen Gründen sowieso zu kämpfen haben, stärker heraus.

Offen die Wahrheit sagen

Der Apotheker sollte sich das Leitmotiv auf die Motivationsfahnen schreiben, dass jetzt Offenheit und Ehrlichkeit allererste Priorität genießen. Verschleierungstechniken – und sprechen auch noch so nachvollziehbare Gründe dafür – führen zu noch mehr Verunsicherung. Nichts ist schlimmer, als jetzt mögliche negative Entwicklungen unter den Teppich zu kehren. Denn dort entwickeln sie sich zu einem unkontrollierbaren Schwelbrand, der sich dann kaum noch in den Griff bekommen lässt.

Ehrlichkeit ist die Grundlage jeder Vertrauensbildung. So schwer es sein mag: In dieser kritischen Situationen stellt der Apotheker die Lage klar, sachlich und ohne Beschönigungen dar. Wenn er harte Entscheidungen treffen muss, erläutert er die Hintergründe und Konsequenzen für Apotheke und Mitarbeiter. Das gilt auch bei Entlassungen. Der Vorteil: Je ehrlicher hiermit umgegangen wird, desto eher sind Mitarbeiter bereit, der Darstellung von Rettungsmaßnahmen Glauben zu schenken.

Notwendige Entscheidungen kurz und schmerzlos treffen

Wichtig ist stets, Entscheidungen so glasklar wie möglich zu begründen und die Parameter, unter denen der Apothekenleiter diese Entscheidungen treffen muss, zu verdeutlichen. Ein Ende mit Schrecken ist besser als ein Schrecken ohne Ende: Unliebsame Entscheidungen muss der Apotheker kurz und schmerzlos treffen, und dann muss er konsequent handeln.

Dabei sollte er betonen, dass er sich stets auf der Grundlage der derzeit aktuellen Lage äußert. In Krisenzeiten ändert sich die Faktenlage häufig sehr schnell, manchmal von Tag zu Tag. Darum kann sich auch die Entscheidungsgrundlage permanent ändern – und darum muss der Apotheker seine Entscheidungen oft gerade in Mitarbeiterfragen blitzartig revidieren oder variieren. Diesem Umstand trägt eine Formulierung wie etwa "Nach heutigem Kenntnisstand ist davon auszugehen …" Rechnung.

Demotivation vermeiden

Mut und Optimismus verbreiten, an sich selbst glauben, positiv denken, mit Konsequenz und klaren Vorgaben führen und motivieren, die Motivationsstruktur des einzelnen Mitarbeiters berücksichtigen und individuell motivieren – diese Hinweise sind allesamt richtig, aber zuweilen auch wohlfeil. Entscheidend ist das konkrete Handeln des Apothekenleiters: Er sollte seiner bisherigen Linie treu bleiben und nicht plötzlich den Führungsstil um 180 Grad wenden. Dies wirkt im höchsten Maß unglaubwürdig.

Bei jeder Entscheidung und Äußerung ist darauf zu achten, dass sie nicht demotivierend wirkt. Ausbleibende Motivation ist schlimm genug – der Motivations-GAU jedoch ist, wenn der Apotheker, der ja überdies immer eine Vorbildfunktion innehat, durch sein Verhalten zur Demotivation der Mitarbeiter beiträgt und sie geradezu ins Demotivationsloch hineinstößt.

Tagesaktuelle und zeitnahe Motivationsansprache

Die offene Kommunikation und die Nähe zum Mitarbeiter sind jetzt wichtiger denn je. Die Coachin Doris Stempfle von der "Stempfle Unternehmensentwicklung durch Training" empfiehlt, jeden Tag ein "Highspeedcoaching" durchzuführen. In einigen Unternehmen wird diese Form der Mitarbeiteransprache genutzt, um die Menschen jeden Morgen konkret, individuell und mitarbeiterbezogen zu motivieren.

Übertragen auf die Apotheke bedeutet das: Der Apothekenleiter führt mit dem Mitarbeiter ein kurzes Gespräch, in dem die Tagesziele besprochen, die Umsetzung diskutiert und vor allem die Erfolge des vorangegangenen Tages anerkannt werden. Auf diese Weise erfolgt die Motivationsarbeit authentisch und eng bezogen auf die tagesaktuellen Herausforderungen. Jeder Erfolg und Fortschritt kann zeitnah hervorgehoben werden.

Das Prinzip lässt sich auf das Team übertragen. So kann der Apotheker regelmäßig – etwa zu Beginn jeder Woche – ein Meeting anberaumen, in dem die Erreichung der Ziele in der letzten Woche betont, einzelne Mitarbeiterleistungen gelobt und die Ziele für die kommende Woche besprochen werden.

08/15-Rezepte vermeiden

Gefragt sind jetzt die außergewöhnlichen Motivationskonzepte, nicht die 08/15-Lösungen – dazu ein Beispiel: "Führen Sie mit Lob und Anerkennung" – das gilt immer. In Krisenzeiten kommt es mehr denn je darauf an, begründend zu loben (siehe ausführlich dazu: Apotheker Zeitung 2009 Nr. 9, S. 6). Der Apotheker sollte sich genau überlegen, wie er sein Lob möglichst spezifisch zum Ausdruck bringen kann – Pauschallob für Selbstverständlichkeiten sollte er tunlichst vermeiden. Es kommt darauf an, möglichst individuell gute Leistungen hervorzuheben und den Mitarbeiter spüren zu lassen, dass der Apotheker eine außergewöhnliche Leistung wahrgenommen hat.

Er stellt überdies dar, welche positiven Auswirkungen die Leistung des Mitarbeiters für die Apotheke insgesamt hat und betont so die Wertigkeit des Mitarbeiters für das gesamte Team. Dann besprechen beide, wie der Mitarbeiter solche Erfolge auch zukünftig erzielen kann: Er soll sich schließlich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen, sondern motiviert weiter arbeiten. Zudem soll das gesamte Team von der Leistung der Kollegin oder des Kollegen profitieren.

Ein weiterer eher unkonventioneller Motivationstipp besteht darin, eine "Erfolgs-Party" zu feiern. In bewusster Übertreibung sollten – statt eine der üblichen "Jammer-Runden" durchzuführen – die erreichten Ziele der letzten Wochen und Monate gefeiert werden. Denn Motivationsschübe für das gesamte Team sind in Krisenzeiten ebenso bedeutsam ist wie die Motivation des einzelnen Mitarbeiters.

Die Selbstmotivation nicht vergessen

Mancher Apotheker, der Mitarbeitermotivation in schwierigen Zeiten betreibt, fragt sich: "Und was ist mit mir? Wer eigentlich sorgt für meine Motivation?" Denn es ist ja der Apotheker, der eine durchaus auch existenziell bedrohliche Situation zu überstehen hat. Entscheidend ist der Glaube an sich selbst. Hinzu kommt: Nur wer von sich selbst überzeugt ist, kann andere überzeugen und motivieren, so dass die Mitarbeiter sich der Führung des Apothekenleiters gerne anvertrauen.

Darum sollte der Apotheker in Erwägung ziehen, ob er sich nicht eine Motivationsunterstützung von außen dazu holt, indem er seine Situation nicht nur mit Verwandten und Bekannten reflektiert, sondern überdies mit einem externen Berater, etwa einem Coach.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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