Arzneimittel und Therapie

Primärprävention mit ASS und Vitaminen ohne Nutzen?

Diabetiker sollen durch die frühzeitige Gabe von niedrig-dosierter Acetylsalicylsäure (ASS) vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkt und Schlaganfall geschützt werden. Neuesten Erkenntnissen zufolge profitieren Diabetiker von einer solchen Primärprävention ebenso wenig wie von der Gabe antioxidativer Vitamine und Spurenelemente. Unumstritten ist der Nutzen von ASS dagegen in der Sekundärprophylaxe.
Umstrittene Primärprophylaxe Diabetiker mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit scheinen von Acetylsalicylsäure nicht zu profitieren, wenn noch keine symptomatische Herz-Kreislauferkrankung vorliegt.
Foto: Kircher

Die Daten zur Primärprophylaxe atherosklerotischer Folgeerkrankungen bei Diabetikern lassen zu wünschen übrig. Daher wurde in einer großen randomisierten und placebokontrollierten Multicenterstudie mit 1276 Diabetikern untersucht, wie sich Acetylsalicylsäure alleine oder in Kombination mit antioxidativen Spurenelementen und Vitaminen auf kardiovaskuläre Folgeerkrankungen auswirkt. Einschlusskriterium war eine asymptomatische periphere arterielle Verschlusskrankheit. Diabetiker mit symptomatischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurden nicht aufgenommen. Die Studienteilnehmer erhielten täglich entweder

  • 100 mg Acetylsalicylsäure als Tablette plus eine Placebokapsel;
  • 100 mg Acetylsalicylsäure plus antioxidative Vitamine und Spurenelemente in Kapselform (200 mg Vitamin E , 100 mg Vitamin C, 25 mg Pyridoxinhydrochlorid, 10 mg Zinksulfat, 10 mg Nicotinamid, 9,4 mg Lecithin, 0,8 mg Natriumselenit);
  • Antioxidative Vitamine und Spurenelemente plus eine Placebotablette;
  • eine Placebotablette plus eine Placebokapsel.

Als primärer Endpunkt dieser auch als POPADAD (Prevention of Progression of Arterial Disease and Diabetes) bezeichneten Studie wurden die wichtigsten Folgen atherosklerotischer Gefäßveränderungen definiert: Kardiovaskuläre Todesfälle und Schlaganfall, nicht-tödliche Herzinfarkte und Schlaganfall sowie Amputationen oberhalb des Knöchels. Nach im Schnitt 6,7 Jahren konnten keine signifikanten Unterschiede in der Häufigkeit entsprechender Ereignisse festgestellt werden. 116 Ereignisse fielen auf die Acetylsalicylsäure-Gruppen (n = 638), 117 auf die nicht mit ASS behandelten Patienten (n = 638). In den ASS-Gruppen starben 43 Patienten aufgrund von kardiovaskulären Erkrankungen oder an einem Schlaganfall, in den anderen Gruppen waren es 35 Patienten. In den mit Antioxidativa behandelten Gruppen erreichten 117 von 640 Patienten den primären Endpunkt, ohne Antioxidativa waren es 116 von 638 Patienten. In den Antioxidativa-Gruppen traten 42 Todesfälle auf, in den Nicht-Antioxidativa-Gruppen 36.

Die Ergebnisse zeigen, dass Diabetiker mit asymptomatischen atherosklerotischen Veränderungen – im Gegensatz zu Statinen und Antihypertensiva –keinen Nutzen aus einer Primärprophylaxe mit Acetylsalicylsäure und antioxidativen Vitaminen ziehen können. Die Autoren der Studie sehen für niedrig dosierte Acetylsalicylsäure bei Diabetikern – nicht zuletzt wegen der Gefahr schwerer gastrointestinaler Blutungen – nur einen Platz in der Sekundärprophylaxe.


Quelle

Belch J et al.: The Prevention of Progression of arterial disease and diabetes (POPADAD) trial: factorial randomised placebo controlled trial of aspirin and antioxidants in patients with diabetes and asymptomatic perpheral arterial disease. B Med J online first 22. Oktober 2008. www.bmj.com


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