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Internisten warnen vor Arzneimittelkauf im Internet

BERLIN (ks). Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) warnt vor gefälschten Medikamenten aus dem Internet. Während die Fälschungen in den gesicherten Vertriebskanälen bislang noch kaum auftauchten, fänden sich im Internet zunehmend gefährliche Plagiate. Die DGIM rät daher, Arzneimittel in öffentlichen Apotheken zu kaufen bzw. die Seriosität von Internetapotheken vor einer Online-Bestellung genau zu überprüfen.

"Gekauft wird eine ‚Black Box mit ungewissen Folgen", warnte der DGIM-Vorsitzende Professor Rainer E. Kolloch anlässlich eines Symposiums der Mediziner-Gesellschaft am 22. Oktober in Wiesbaden. Die nachgemachten Präparate seien häufig unter unhygienischen Verhältnissen hergestellt, unzureichend gereinigt und die Ausgangsstoffe minderwertig. Etwa ein Fünftel der Fälschungen enthalte Stoffe, die zu körperlichen Schäden oder im Extremfall zum Tod führen könnten. Dabei, so Kolloch, würden längst nicht mehr nur Lifestyleprodukte wie Potenzmittel oder Anabolika gefälscht. Auch lebenswichtige Arzneien wie Antibiotika, Schmerzmittel und teure rezeptpflichtige Medikamente zur Aids- und Krebstherapie seien zunehmend betroffen. Besondere Gefahren berge der Handel mit Medikamenten im Internet, da hier vielfach keine ärztliche Verschreibung verlangt werde. Ob es sich um ein gefälschtes Präparat oder das Original handelt, sei für Verbraucher und Patienten nur schwer zu unterscheiden.

Dramatischer Anstieg

Der Spiegel berichtet in seiner aktuellen Ausgabe unter der Überschrift "Illegale Pillenschwemme", dass der Zoll im ersten Halbjahr 2008 bereits doppelt so viele Arzneimittelfälschungen beschlagnahmt hat wie im gesamten Jahr 2007. Und Experten rechnen damit, dass sich die Zahl bis Jahresende mindestens vervierfachen wird. Dabei waren auch die Zahlen des vergangenen Jahres bereits alarmierend. Rund 1,5 Mio. Tabletten, über 100.000 Ampullen und 200 kg Pulver im Gesamtwert von mehr als acht Mio. Euro wurden beschlagnahmt. Geschmuggelt werden laut "Spiegel" neben Doping- und Potenzpillen auch Antihistaminika, blutdrucksenkende Mittel und sogar Anästhesiepräparate.


Große Sorgen bereiten die Fälschungen auch der Pharmaindustrie. Michael Dammann vom Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) warnte, dass Fälschungen künftig auch vermehrt im rechtmäßigen Handel auftauchen könnten: "Das Geschäft ist einfach zu lukrativ geworden". Um die legalen Vertriebswege gegen Fälschungen zu sichern, will der Europäische Pharmaindustrieverband (EFPIA) nach und nach alle in Europa gehandelten verschreibungspflichtigen Arzneimittel einheitlich mit einem 2-D-Barcode versehen. Dieser soll wichtige Informationen zum jeweiligen Produkt und der Herstellungscharge sowie dem Verfallsdatum enthalten, erläuterte Dammann. Eine für jede Arzneimittelpackung einmalig vergebene Seriennummer soll für eine eindeutige Identifizierbarkeit sorgen. Beim Verkauf in der Apotheke würden die Angaben auf der Packung dann gescannt und mit einer Datenbank abgeglichen. Derzeit diskutieren EFPIA, VFA und ABDA die Bedingungen für einen Pilotversuch, der 2009 in Deutschland starten soll. Etwa 150 Apotheken sollen daran teilnehmen. Verlaufe der Test erfolgreich, werde ein Plan zur Umsetzung der Arzneimittelkennzeichnung in den einzelnen EU-Ländern erarbeitet, so Damman.

DGIM

Die DGIM ist ein gemeinnütziger Verein mit rund 18.000 Mitgliedern. Die wissenschaftliche Gesellschaft hat zum Ziel, die Wissenschaft und Forschung auf dem Gesamtgebiet der Inneren Medizin und ihre Entwicklung als angewandte Heilkunde zu fördern.

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