DPhG-Jahrestagung

Modulation an G-Proteingekoppelten Rezeptoren

Unter dem Titel "Unkonventionelle Therapiekonzepte: von orthosteren Antagonisten zu allosteren Modulatoren und Agonisten" präsentierte Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe vom Lehrstuhl für Pharmazeutische Chemie der Universität Würzburg Ergebnisse aus langjähriger Forschungsarbeit zu Angriffsmöglichkeiten an G-Protein-gekoppelten Rezeptoren.

Peter Kleinebudde

G-Protein-gekoppelte Rezeptoren sind ein wichtiger Forschungsgegenstand. Unter den membranständigen Rezeptoren sind sie die größte Subfamilie, zu ihren Liganden zählen viele auch aus therapeutischer Sicht bedeutsame Transmitter wie Dopamin, GABA, Serotonin und Histamin.

Muskarinische Acetylcholinrezeptoren

Auch die muskarinischen Acetylcholinrezeptoren, von denen heute fünf Subtypen (M1 bis M5) bekannt sind, zählen zu den G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Die Arbeitsgruppe um Prof. Holzgrabe sucht – in enger Kooperation mit anderen Forschergruppen – seit vielen Jahren nach Substanzen, die eine Subtyp-selektive Aktivierung dieser Rezeptoren ermöglichen. Diese Suche gestaltet sich schwierig, weil die orthosteren Liganden-Bindungssstellen dieser Subtypen hochkonserviert sind, das heißt eine sehr ähnliche Struktur besitzen.

Zusätzliche allostere Bindungsstellen

Glücklicherweise verfügen die muskarinischen Acetylcholinrezeptoren über zusätzliche allostere (d. h. an einem anderen Teil des Rezeptors befindliche) Bindungsstellen für Liganden. Diese Bindungsstellen befinden sich im extrazellulären Bereich und weisen untereinander eine geringere strukturelle Ähnlichkeit als die orthosteren Bindungsstellen auf. Aus diesem Grund erscheint es erfolgversprechender, nach Substanzen – also potenziellen neuen Arzneistoffen – zu suchen, die durch Angriff an allosteren Bindungsstellen die Rezeptoraktivität modulieren können.

Suche war erfolgreich

Es gelang den Forschern um Prof. Holzgrabe und Prof. Mohr in Bonn, M2 -Subtyp-selektive Hybridsubstanzen ohne intrinsische Aktivität zu synthetisieren, die aus zwei Komponenten bestehen: einem Iperoxo-Molekülteil als orthosterem Agonisten und einem Phthalimido-substituierten Bis(ammonio)-alkan als allosterer Komponente.

Verschiedene Rezeptorbindungs- und -aktivierungsstudien auf dem G-Protein-Level und in nativen Gewebepräparationen zeigen, dass mithilfe dieser Substanzen eine M2 -selektive Rezeptormodulation möglich ist. Doch bis zur Entwicklung von Arzneistoffen aus diesen Modellsubstanzen ist noch ein weiter Weg zurückzulegen.

Allostere Modulation durch Arzneistoffe

Beispiele für bereits zugelassene Arzneistoffe, die nach dem Prinzip der allosteren Modulation wirken, sind

  • die Benzodiazepine, die die Aktivität von GABA-Rezeptoren erhöhen,
  • das zur AIDS-Therapie zugelassene Maraviroc (Celsentri®) und
  • Cinacalcet (Mimpara®), ein Calcimimetikum zur Behandlung von sekundärem Hyperparathyreoidismus bei terminaler Niereninsuffizienz.

Bei Maraviroc handelt es sich um einen negativen allosteren Modulator am Chemokin-Korezeptor 5 (CCR5), der sich an CD4-Zellen befindet. Durch Bindung von Maraviroc an CCR5 verändert sich dessen Molekülstruktur so, dass das HI-Virus nicht mehr binden und dadurch nicht in die CD4-Zellen eindringen kann.

Cinacalcet ist ein Beispiel für positive allostere Modulation am Calcium-sensitiven Rezeptor der Nebenschilddrüse. Dadurch wird der Rezeptor empfindlicher gegenüber extrazellulärem Calcium und die Parathormon-Sekretion aus den Nebenschilddrüsenzellen wird gehemmt.

Therapeutische Perspektiven sind der Einsatz von allosteren Modulatoren an M1 - und M4 -Rezeptor-Subtypen zur Behandlung von ADHS, Schizophrenie, Alzheimer-Demenz und Morbus Parkinson sowie Substanzen, die am M2 -Rezeptor-Subtyp angreifen und in der Schmerztherapie eingesetzt werden könnten.


cb

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