Praxis

"Eine Chance für die heilberufliche Profilierung"

Bundesweit werden Apothekerinnen und Apotheker von Kammern und Verbänden über die Möglichkeit informiert, bei einer Aut-idem-Verordnung pharmazeutische Bedenken anzumelden und im begründeten Einzelfall ausnahmsweise von der Abgabe rabattbegünstigter Arzneimittel abzusehen. Wir sprachen mit Thomas Preis, dem Vorsitzenden des Apothekerverbandes Nordrhein, über seine Einschätzung. Er machte deutlich, dass Apotheken für die Übernahme der pharmazeutischen Verantwortung bei der Arzneimittelauswahl nicht durch unberechtigte Retaxationen der Krankenkassen wirtschaftlich bestraft werden dürften.

DAZ

Herr Preis, wie bewerten Sie das Instrument Pharmazeutische Bedenken?

 

Preis: Ich sehe darin für uns als Berufsstand eine Chance, sich heilberuflich und zum Wohle des Patienten zu profilieren. Denn in dem Moment, wo wir eine Aut-idem-Verordnung in Händen halten, müssen wir immer eine heilberufliche Entscheidung treffen. Ganz wichtig: jeder Fall ist anders und muss individuell betrachtet und geklärt werden. Das geht nur in einem persönlichen Gespräch mit dem Patienten vor Ort in der Apotheke. Gegebenenfalls ist dann auch noch eine Rücksprache mit dem Arzt notwendig.

DAZ

Die Unsicherheit in der Praxis ist jedoch groß. Welche Hilfestellungen können Kammern und Verbände ihren Mitgliedern anbieten?

 

Preis: Wir haben unsere Mitglieder sehr frühzeitig Anfang April informiert. Die Resonanz auf die Großveranstaltung hat mit über 1100 Teilnehmern alle unsere Erwartungen übertroffen. Grundsätzlich geht es darum: Da wir den Anspruch haben, die Patienten individuell mit Arzneimitteln zu versorgen, kommt es darauf an, eigenständige pharmazeutische Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Regelungen, nach denen alle das Gleiche machen, widersprechen dem Gedanken, die heilberufliche Kompetenz des Apothekers zu stärken. Denn solche Regelungen könnten dann auch Nichtpharmazeuten umsetzen. Wir stehen am Anfang einer besonderen Entwicklung, die nicht einfach ist. Die Entwicklung und Vermittlung zusätzlicher, Orientierung bietender Leitlinien, z. B. durch pharmazeutische Fachgruppen wie die DPhG oder entsprechende Stellen bei der ABDA, ist jetzt besonders wichtig. Im Ergebnis ist und bleibt die Prüfung auf pharmazeutische Bedenken jedoch eine individuelle, in die Verantwortung des einzelnen Apothekers gestellte Entscheidung, bei der auch ein Entscheidungsspielraum von Seiten der Krankenkassen zugestanden werden muss. Falls trotz verantwortungsvoller Handhabung dieses Instruments unrechtmäßiger wirtschaftlicher Schaden droht, kann und sollte sich der Apotheker mit der entsprechenden Retaxation an seinen Verband wenden. Er erhält dann, falls nötig, rechtliche Beratung und Unterstützung. Darüber hinaus arbeiten die Verbände an Lösungen mit den Krankenkassen, die die Rahmenbedingungen für die Apotheker eindeutiger machen und das wirtschaftliche Risiko für den Apotheker verringern.

DAZ

Herr Preis, vielen Dank für das Gespräch!

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