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Arzneimittel und Therapie
Ratiopharm führt Clopidogrel-Präparat ein
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hatte Ratiopharm schon im Mai 2008 eine Zulassung für Clopidogrelbesilat erteilt. Dazu fehlten nach Meinung von Sanofi Aventis allerdings die rechtlichen Voraussetzungen. Im Rahmen eines Drittwiderspruchsverfahrens hatte Sanofi Aventis daher rechtliche Schritte eingeleitet und den Vollzug der Zulassung zunächst aussetzen können. Kritisiert wurde vor allem, dass die Zulassung noch vor Ablauf des bestehenden Datenschutzes für das Clopidogrel-haltige Originalpräparat erteilt worden war. Ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Köln zum sofortigen Vollzug der Zulassung vom 29. Juli 2008 und die Abweisung eines Eilantrags zur Aussetzung dieser Anordnung am 1. August 2008 durch das Oberverwaltungsgericht Münster haben nun den Weg für die Einführung des Ratiopharm-Präparats frei gemacht. Damit ist allerdings nach Auskunft von Sanofi Aventis noch nicht geklärt, ob die Zulassung rechtmäßig erteilt worden ist. Laufende Verfahren seien anhängig. Alle rechtlichen Möglichkeiten sollen ausgeschöpft werden.
Clopidogrel ist ein Prodrug, das in der Leber zu 2-Oxoclopidogrel oxidiert und anschließend durch Hydrolyse des Thiolactons in den aktiven Metaboliten umgewandelt wird. Sanofi Aventis betont daher, dass Wirksamkeit und Sicherheit der Clopidogrel-Therapie entscheidend von der Pharmakokinetik und
-dynamik des aktiven Metaboliten abhängig seien. Die Zulassung des neuen Clopidogrel-Salzes beruhe lediglich auf Blutspiegelmessungen des Prodrugs Clopidogrel bei gesunden Freiwilligen. Daten zu Blutspiegeln des aktiven Metaboliten und zur pharmakologischen Wirkung von veränderten Clopidogrel-Verbindungen seien nicht publiziert. Gegen eine Substitution spricht nach Sanofi Aventis das eingeschränkte Indikationsspektrum von Clopidogrel ratiopharm. Es sei lediglich als Monotherapie zur Prävention atherothrombotischer Ereignisse nach Myokardinfarkt, Schlaganfall und peripherer arterieller Verschlusskrankheit (PAVK) zugelassen. Es ist nicht wie das Original zur Kombinationstherapie mit ASS bei akutem Koronarsyndrom und bei Myokardinfarkt mit ST-Streckenhebung indiziert. Bei diesen Indikationen wird die Behandlung mit der Gabe von einmal 300 mg Clopidogrelhydrogensulfat begonnen, dann wird sie mit einer einmal täglichen Gabe von 75 mg fortgesetzt. Dazu steht eine entsprechende 300-mg-Tablette sowohl von Plavix® als auch von Iscover® zur Verfügung. Ratiopharm bietet lediglich 75 mg-Filmtabletten an. Sanofi Aventis fordert vor dem Hintergrund dieser Problematik den Nachweis einer therapeutischen Äquivalenz von veränderten Clopidogrel-Verbindungen. Studien mit harten klinischen Endpunkten, wie sie für Clopidogrelhydrogensulfat durchgeführt worden seien, seien keinesfalls durch einfache Bioäquivalenzuntersuchungen der inaktiven Ausgangssubstanz bei gesunden Freiwilligen zu ersetzen.
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Quelle
Apothekeranschreiben der Firma Sanofi Aventis vom 1. August 2008.
Apothekeranschreiben der Firma Ratiopharm vom 1. August 2008.
RANDNOTIZ
Substituieren oder nicht?
Mit Clopidogrel ratiopharm drängt ein Präparat in den Markt, das einer schon lange geführten Diskussion zur Substituierbarkeit neuen Auftrieb gibt. Hat der Vertragsarzt ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet oder die Ersetzung eines unter seinem Produktnamen verordneten Arzneimittels nicht ausgeschlossen (aut idem), dann muss nach den Vorgaben des Rahmenvertrags ein der Verordnung entsprechendes Fertigarzneimittel ausgewählt werden. Das ausgewählte Präparat muss unter anderem den gleichen Wirkstoff enthalten, bei Aut-idem-Ersetzung ist die Zulassung für die gleiche Indikation notwendig. Laut Rahmenvertrag besteht Wirkstoffgleichheit auch bei unterschiedlichen Salzen, es sei denn, ihre Eigenschaften unterscheiden sich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen erheblich hinsichtlich Unbedenklichkeit und Wirksamkeit. Daher ist zunächst einmal von Wirkstoffgleichheit von Clopidogrelbesilat und Clopidogrelhydrogensulfat auszugehen, auch wenn sich hier die pharmazeutischen Nackenhaare sträuben. Denn entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse, die ein unterschiedliches Verhalten des aktiven Clopidogrelmetaboliten nach Gabe eines anderen Salzes nachweisen, liegen nicht vor. Wird also der Wirkstoff verordnet, dann entscheiden Rabattverträge oder der Preis darüber, ob das Original oder Clopidogrel ratiopharm abgegeben werden muss. Ist das Ratiopharm-Präparat auszuhändigen, muss der Apotheker davon ausgehen, dass der Arzt in Kenntnis der unterschiedlichen Indikationsgebiete Clopidogrel lediglich zur monotherapeutischen Prävention atherothrombotischer Ereignisse verordnet hat. Hegt er daran Zweifel – beispielsweise dann, wenn zusätzlich Acetylsalicylsäure verordnet wird – dann ist ein klärendes Gespräch mit dem Arzt und gegebenenfalls eine neue Verordnung notwendig, nicht zuletzt um einer drohenden Nullretaxation wegen Nichterfüllung der Rabattverträge zu entgehen. Denn durch die Portfolioverträge von Ratiopharm mit verschiedenen Krankenkassen gelten die Rabattverträge auch für Clopidogrel ratiopharm. Wurde allerdings ein Originalpräparat (Plavix®, Iscover®) verordnet und hat der Arzt aut idem nicht ausgeschlossen, dann darf nicht substitutiert werden, da das Indikationsgebiet (noch) nicht gleich ist.
Dr. Doris Uhl, Redakteurin der DAZ
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