Arzneimittel und Therapie

Fibrat-Hersteller legen Widerspruch ein

Die Lipidsenker Fenofibrat, Bezafibrat und Gemfibrozil werden zur unterstützenden Behandlung im Rahmen verschiedener Lipidstoffwechselstörungen eingesetzt. Im Rahmen eines Stufenplanverfahrens soll ihre Anwendung zum 1. Oktober 2008 stark eingeschränkt werden. Viele Fibrat-Hersteller haben Widerspruch eingelegt und können damit zunächst ihre Produkte mit den alten Indikationsangaben weiter in Verkehr bringen.

Nach den Vorgaben eines entsprechenden Stufenplan-Bescheids des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 1. Juli 2008 sollen die Fibrate Gemfibrozil, Fenofibrat und Bezafibrat ab dem 1. Oktober zur unterstützenden Behandlung bei schwerer Hypertriglyceridämie indiziert sein. Bei mittelschweren gemischten Hyperlipidämien sollen sie nur dann eingesetzt werden, wenn ein Statin kontraindiziert ist oder nicht vertragen wird. Zur Behandlung der primären Hypercholesterinämie ist weiterhin nur Gemfibrozil zugelassen, allerdings auch nur dann, wenn eine Statintherapie nicht in Frage kommt (s. Kasten).

Alte und neue Indikationsgebiete Fibrat-haltiger Lipidsenker
 Alte Fachinformation
Anwendungsgebiete
Neue Fachinformation ab 1. Oktober 2008
Anwendungsgebiete
Bezafibrat

1. Primäre Hyperlipoproteinämien:

 

– familiäre Hypercholesterinämie

– familiäre Hypertriglyceridämie

– familiäre kombinierte Hyperlipidämie

– Typ III-Hyperlipidämie (Apo-E2-Homozygotie), die weder durch Umstellung der Ernährung noch durch andere Maßnahmen wie Gewichtsreduktion und vermehrte körperliche Aktivität ausreichend beeinflusst werden können.

2. Sekundäre Hyperlipoproteinämie: 
– schwere sekundäre Hypertriglyceridämien, die trotz konsequenter Behandlung der zugrunde liegenden Krankheit (z. B. Diabetes mellitus) weiterbestehen.

Bezafibrat (Arzneimittelname) ist angezeigt als unterstützende Behandlung einer Diät oder anderer nicht-medikamentöser Therapien (z. B. sportlicher Betätigung, Gewichtsabnahme) für folgende Erkrankungen

– schwere Hypertriglyceridämie

– gemischte Hyperlipidämie, wenn ein Statin kontraindiziert ist oder nicht vertragen wird

FenofibratIsolierte oder kombinierte Hypercholesterinämie und Hypertriglyceridämie (Hyperlipoproteinämien Typ IIa, IIb und IV sowie Hyperlipoproteinämien Typ III und V, obwohl für Typ III und V nur wenig Patientendaten aus klinischen Studien vorliegen) bei Patienten, die auf diätetische und andere nicht-medikamentöse Maßnahmen (wie z. B. Gewichtsreduktion oder gesteigerte körperliche Aktivität) nicht ausreichend reagiert haben, insbesondere, wenn weitere Risikofaktoren vorliegen.

Fenofibrat (Arzneimittelname) ist angezeigt als unterstützende Behandlung einer Diät oder anderer nicht-medikamentöser Therapien (z. B. sportlicher Betätigung, Gewichtsabnahme) für folgende Erkrankungen

– schwere Hypertriglyceridämie

– gemischte Hyperlipidämie, wenn ein Statin kontraindiziert ist oder nicht vertragen wird

Gemfibrozil

Als Zusatz zu diätetischen Maßnahmen und einer anderen nicht pharmakologischen Behandlung (z. B. Sport, Gewichtsreduzierung) bei folgenden Erkrankungen:

1. Dyslipidämie: Durch Hypertriglyceridämie und/oder niedriges HDL-Cholesterin charakterisierte gemischte Dyslipidämie. Primäre Hypercholesterinämie insbesondere wenn ein Statin nicht geeignet ist bzw. nicht vertragen wird.

2. Primäre Prophylaxe:
Verringerung der kardiovaskulären Morbidität bei Männern mit erhöhtem nicht-HDL-Cholesterin und hohem Risiko eines ersten kardiovaskulären Ereignisses, insbesondere wenn ein Statin nicht geeignet ist oder nicht vertragen wird.

Gemfibrozil (Arzneimittelname) ist angezeigt als unterstützende Behandlung einer Diät oder anderer nicht-medikamentöser Therapien (z. B. sportlicher Betätigung, Gewichtsabnahme) für folgende Erkrankungen

– schwere Hypertriglyceridämie

– gemischte Hyperlipidämie, wenn ein Statin kontraindiziert ist oder nicht vertragen wird

– primäre Hypercholesterinämie, wenn ein Statin kontraindiziert ist oder nicht vertragen wird

Darüber hinaus muss in die Fachinformationen der Hinweis aufgenommen werden, dass Fibrate zwar die Häufigkeit von schweren koronaren Herzerkrankungen reduzieren können, jedoch keine Hinweise für einen positiven Effekt im Hinblick auf die Gesamtmortalität in der primären und sekundären Vorbeugung kardiovaskulärer Erkrankungen vorliegen.

Herstellerwünsche oft abgelehnt

Im Rahmen des diesem Stufenplanbescheid vorangegangenen Stellungnahmeverfahrens hatten die Hersteller verschiedene Forderungen gestellt. So wollten sie, wie dem Bescheid des BfArM zu entnehmen ist, die Indikation Schwere Hypertriglyceridämie um die Formulierung "und/oder niedrige HDL-Cholesterol-Spiegel" ergänzt haben. Damit wäre auch die Indikation isolierte HDL-Cholesterol-Spiegel eingeschlossen gewesen. Hier fehlt dem BfArM ein eindeutiger Wirksamkeitsbeleg. Ursprünglich wollte das BfArM die Indikation auf die isolierte schwere Hypertriglyceridämie einschränken. Mit der jetzigen Formulierung "Schwere Hypertriglyceridämie" sind nun auch die Patienten eingeschlossen, die weitere Lipidveränderungen wie einen erniedrigten HDL-Spiegel aufweisen.

Bislang wird in den Fachinformationen zu Gemfibrozil auch die primäre Prophylaxe als Indikation angegeben. Dieser Passus soll gestrichen werden. Das BfArM sieht in den bislang vorliegenden Studien keinen ausreichenden Beleg für eine primärpräventive Wirkung von Gemfibrozil.

Keine Komedikation

Bei der Indikation gemischte Hyperlipidämie hatten die Hersteller eine Formulierung vorgeschlagen, die auch eine Komedikation eines Statins mit einem Fibrat ermöglicht hätte. Dieser Indikationserweiterung hat das BfArM ebenfalls mit der Begründung "unzureichende Datenlage" nicht zugestimmt.

Strittig war auch die Indikation primäre Hypercholesterolämie. Eine Zulassung dafür besaß bislang nur Gemfibrozil. Die Herstellerseite hatte für eine Aufnahme dieser Indikation bei allen Fibraten plädiert und dies mit der langjährigen Erfahrung begründet. Eine lange Marktpräsenz sah das BfArM allerdings nicht als ausreichenden Beleg an und hat daher eine Indikationserweiterung für Bezafibrat und Fenofibrat abgelehnt.

Alle Präparate, deren Fach- und Gebrauchsinformationen bis zum 1. Oktober 2008 nicht den Vorgaben des Stufenplan-Bescheids entsprechen, sind ab diesem Termin nicht mehr verkehrsfähig und dürfen in Apotheken auch nicht mehr abgegeben werden. Allerdings hatten die Hersteller die Möglichkeit, bis Anfang August Widerspruch einzulegen, der aufschiebende Wirkung hat. Nach den der Deutschen Apotheker Zeitung vorliegenden Informationen haben viele Herstellerfirmen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, unter anderem Actavis, Aliud, Betapharm, Hexal, Pfizer, Ratiopharm, Sandoz, Solvay und Winthrop, so dass zunächst mit keiner großen Rückrufaktion zu rechnen ist.

 

Quelle

Stufenplan-Bescheid Abwehr von Gefahren, Stufe II - Fibrat-haltige Arzneimittel. BfArM 1. Juli 2008.

 


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