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Der gerechte Lohn …

Peter Ditzel

Abwechslung im Sommerloch: der Tarifstreit zwischen der Apothekengewerkschaft Adexa und dem Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA). Der Fortgang des Tarifstreits, der jetzt vors Bundesarbeitsgericht (BAG) kommt, war über die veröffentlichten Pressemitteilungen beider Tarifparteien zu verfolgen. In Stichpunkten: Da der Gehaltstarifvertrag vom 1. Juli 2007 nur bis 30. Juni 2008 galt, nahmen die Tarifparteien im Frühjahr erste Gespräche für einen neuen Gehaltstarifvertrag auf, die jedoch nicht in Gang kamen. Während Adexa eine Erhöhung von 8 Prozent forderte (ADA: "Völliger Realitätsverlust"), wollte der ADA kein finanzielles Angebot vorlegen. Adexa wollte daraufhin über dieses Nichtangebot, das als Nullrunde interpretiert wurde, nicht verhandeln und sagte den Verhandlungstermin ab. Der alte Gehaltstarifvertrag lief Ende Juni aus. Adexa erklärte dem ADA gegenüber die Tarifverhandlungen als gescheitert und leitete ein Schiedsverfahren ein, das wiederum der ADA nicht akzeptierte. Er geht davon aus, dass Schiedsverfahren laut einer Klausel nur für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten angewandt werden können. Adexa reagierte darauf mit der Anrufung des BAG, der ADA schrieb daraufhin ebenfalls das Gericht an und legte seine Position dar.

Tarifgespräche sind generell schwierige Verhandlungen: die eine Partei will mehr, die andere weniger und beide sind aufeinander angewiesen. Der einjährige Lokführerstreit, der uns noch gut in Erinnerung ist, ist Zeugnis dafür, wenn zwei Dickköpfe von Verhandlungspartnern aufeinander stoßen.

Auch im Apothekenbereich brauchen die Arbeitgeber die Angestellten und umgekehrt. Die Arbeitgeber sind mehr denn je auf Angestellte angewiesen, die gut ausgebildet und hochmotiviert sind, freundliche und kommunikative Fähigkeiten haben und sich für den Betrieb – und damit auch für ihren Arbeitsplatz – einsetzen. Die Angestellten wiederum brauchen ihren Arbeitsplatz, sprich ihre Apotheke, die in akzeptabler Reichweite vom Wohnort ist, ein gutes Betriebsklima und gute Arbeitsbedingungen bietet. Die zentrale Frage: was ist beiden das, was sie brauchen, wert bzw. welchen Preis (Lohn) sind sie bereit, dafür zu bezahlen oder zu akzeptieren?

Man muss sich die Szenarien vor Augen halten: Wenn der Arbeitgeber immer weniger bezahlt, sinkt die Arbeitslaune, die Motivation lässt nach, was sich wiederum negativ auf den Geschäftsbetrieb und das -ergebnis auswirkt. Wenn der Angestellte immer mehr fordert, kommt die Apotheke an ihre Grenze der Belastbarkeit bis hin zur Insolvenz, sie muss schließen und die Arbeitsplätze fallen weg. Also, leben und leben lassen. Der gerechte Lohn ist gefragt. Ihn zu finden gehört zu den schwierigsten Aufgaben. Er sollte marktgerecht und leistungsgerecht (gleicher Lohn für gleiche Leistung) sein. Außerdem muss er situationsgerecht sein, das heißt die Lebenshaltungskosten berücksichtigen. Hinzu kommt, dass der Lohn auch aufwandgerecht sein soll, d. h. die Anstrengungen für Aus-, Fort- und Weiterbildung berücksichtigen ebenso wie die Erfahrung im Berufsleben …

Drohgebärden auf beiden Seiten gehören zum Ritual, doch sie sollten nicht überzogen werden. Wenn der ADA meint, kein Angebot vorlegen zu müssen, auf eine Nullrunde hinaus will oder dadurch Verhandlungen verzögern will, muss er sich fragen lassen, ob dies gegenüber den Angestellten die richtige Wertschätzung ist … Es sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich täglich für den Betrieb einsetzen und mit ihm identifizieren. Dies sollte es dem ADA wert sein, zumindest ein Angebot vorzulegen.

Andererseits, wenn Adexa glaubt, mit den ach so tollen Arbeitsbedingungen in Kettenapotheken liebäugeln und drohen zu können, dann sollte man sich diese doch erst einmal genauer ansehen. Unter Kettenbedingungen arbeiten zu müssen, kann nicht unbedingt Freude machen. Kapitalgesellschaften sprechen schon mal leichter Kündigungen aus, wenn die Zentrale eine Verschlankung des Unternehmens will. Wurde man von einer Kette gekündigt, findet man kaum in einer anderen Filiale dieser Kette einen neuen Arbeitsplatz. Und: Kämen Ketten, hätten dort wohl eher die großen Gewerkschaften das Sagen – eine Adexa wäre nicht mehr gefragt.

Als außenstehender Betrachter sieht man, dass die goldenen Zeiten für Arbeitgeber im Apothekenbereich längst vorbei sind (Rabattverträge, Rabattkürzungen, gestiegener Betriebsaufwand etc.). Man sieht aber auch, dass das Gehalt der Angestellten aufgrund gestiegener Lebenshaltungskosten und fortschreitender Inflationsrate immer weniger wert ist. Daher: Eine gewisse Anpassung der Gehälter an die gestiegenen Lebenshaltungskosten müssten die Angestellten erwarten können. In den vergangenen Zeiten fanden sich ADA und Adexa trotz aller Scharmützel wieder am Verhandlungstisch ein. Hoffen wir, dass dies möglichst bald auch in diesem Tarifstreit geschieht.


Peter Ditzel

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