Arzneimittel und Therapie

Gleichwertigkeit oraler und parenteraler Therapie

Die Behandlung einer schweren Lungenentzündung im Kindesalter ist mit zu Hause verabreichten oralen Antibiotika ebenso sicher und wirksam wie eine Behandlung im Krankenhaus, so das Fazit einer aktuellen Studie. Nach Ansicht eines Kommentators sollte dieses Vorgehen in die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO übernommen werden, um eine Alternative zur oftmals risikoreichen oder nicht durchführbaren stationären Therapie aufzuzeigen.

Weltweit sterben jährlich mehr als zwei Millionen Kinder unter fünf Jahren an einer Pneumonie – die meisten von ihnen in Entwicklungsländern. Die WHO unterteilt die Erkrankung in verschiedene Schweregrade und empfiehlt in ihren Richtlinien folgendes Vorgehen:

  • unkomplizierte Pneumonie (erhöhte Atemfrequenz): zu Hause durchgeführte orale Antibiotikatherapie
  • schwere Pneumonie (erhöhte Atemfrequenz und eingezogener unterer Brustkorb): stationäre antibiotische Therapie
  • schwerwiegende Pneumonie (zusätzliche schwere Allgemeinsymptome): stationäre antibiotische Therapie

Die bei schweren Pneumonien vorgesehene stationäre Behandlung gestaltet sich in vielen Entwicklungsländern als schwierig, risikoreich oder nicht durchführbar. Mangelnde Transportwege, weite Distanzen, Kosten und fehlende häusliche Fürsorge erschweren die Einweisungen in ein Krankenhaus. Im Spital besteht möglicherweise das Risiko einer nosokominalen Infektion oder der Mangel an Hilfsmitteln (Spritzen, Kanülen, Infusionsgeräten etc.) stellt den Behandlungserfolg in Frage. Daher ist es von großem Interesse, ob Kinder mit einer schweren Pneumonie nicht auch ambulant mit oralen Antibiotika therapiert werden können, ohne die Heilungschancen zu beeinträchtigen. In einer Studie wurde daher die Effektivität einer oralen und parenteralen Antibiotikatherapie bei Kindern mit einer schweren Lungenentzündung miteinander verglichen.

Studie in Pakistan

An der randomisierten Studie, die an sieben Zentren in Pakistan durchgeführt wurde, nahmen 2037 Kinder im Alter von drei bis 59 Monaten teil, die an einer schweren Pneumonie erkrankt waren. Sie erhielten entweder oral Amoxicillinsaft (80 bis 90 mg/kg/Tag in zwei Dosen während fünf Tagen) oder stationär 48 Stunden lang eine parenterale Therapie mit Ampicillin (100 mg/kg/Tag in vier Dosen), der sich eine dreitägige orale Amoxicillintherapie anschloss. Der Gesundheitszustand der Kinder wurde an Tag 1, 3, 6 und 14 überprüft. Der primäre Studienendpunkt war das Fehlschlagen der Therapie. In der stationären Gruppe war die Behandlung bei 87 Kindern, in der ambulanten Gruppe bei 77 Kindern erfolglos (8,6% vs. 7,5%; Risikodifferenz 1,1%; 95% Konfidenzintervall 1,3 bis 3,5). Fünf Kinder starben innerhalb von 14 Tagen nach Studienbeginn, eines in der häuslichen Gruppe, vier in der stationären Gruppe. In jedem der Fälle wurde nach dem mangelnden Anschlagen der Therapie das Antibiotikum gewechselt. Keiner der Todesfälle wurde aber mit den Behandlungsmethoden der Studie in Zusammenhang gebracht. Eine nach verschiedenen Subgruppen stratifizierte Analyse zeigte, dass die Gleichwertigkeit der beiden Therapieoptionen für die meisten Gruppen zutrifft.

Kommentare

Die Initiatoren der Studie halten die häusliche Behandlung einer schweren Lungenentzündung mit oral verabreichtem hochdosiertem Amoxicillin für gleich gut wirksam wie die parenterale Therapie, jedoch mit weniger potenziellen Nebenwirkungen behaftet, die bei einem Krankenhausaufenthalt auftreten können. Sie regen daher an, dass die WHO-Empfehlungen zur Behandlung einer schweren Lungenentzündung überarbeitet werden sollten. Durch die ambulante Therapie könne mehr Kindern geholfen werden und Sterblichkeit und Kosten könnten gesenkt werden. Dieser Meinung schließen sich auch zwei Kommentatoren an, die die Studie als "Meilenstein" charakterisieren, der zu einer Änderung der Therapieempfehlungen führen sollte. Kinder mit einer schweren Pneumonie, bei denen keine weiteren Symptome auf Komplikationen hinweisen, können auch außerhalb der Krankenhäuser sicher und effektiv mit oralen Antibiotika behandelt werden. Eine Ausnahme bilden lediglich drei- bis fünfmonatige Säuglinge, untergewichtige Kinder und Kinder mit stark ausgeprägter Tachypnoe.

 

Quelle

Hazir T.; et al.: Ambulatory short-course high-dose oral amoxicillin for treatment of severe pneumonia in children: a randomised equivalency trial. Lancet 371, 49 – 56 (2008).

El Arifeen S.; et al.: Treating severe pneumonia in children: we can do it better. Lancet 371, 7 – 8 (2008).

 


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

 

 

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