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Arzneimittel und Therapie
Colesevelam bindet Gallensäuren
Seit dem Jahr 2000 ist Cholestagel® in den USA unter dem Markennamen WelCholTM auf dem Markt. Seit Anfang 2008 führt das Biotech-Unternehmen Genzyme den Lipidsenker auch in Deutschland und weiteren europäischen Ländern ein. Bei uns ist er seit Februar auf dem Markt.
Statine hemmen Cholesterolproduktion
Ein zu hoher LDL-Cholesterolspiegel ist neben Bluthochdruck, Diabetes und Rauchen ein bedeutender Risikofaktor für die Entstehung von Atherosklerose und die daraus resultierenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Am häufigsten werden Statine zur LDL-Senkung eingesetzt. Sie hemmen die Cholesterol-Produktion in der Leber und senken das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und die damit verbundene Mortalität um etwa 30 bis 35%.
Weitere Lipidsenker sind Ezetimib, das die Cholesterolabsorbtion aus dem Darm vermindert, und die Fibrate, die den Metabolismus und die Elimination von Lipiden wie LDL-Cholesterol ankurbeln.
LDL-Zielwerte oft schwer zu erreichen
Die aktuellen Zielwerte für das LDL-Cholesterol in der Sekundärprävention liegen derzeit bei unter 70 mg/dl (1,8 mmol/l) für Hochrisikopatienten und bei unter 100 mg/dl (2,58 mmol/l) für Patienten mit normalem Risiko.
Nicht alle Patienten erreichen diese Zielwerte. Oft ist die Dosis des Statins zu gering, und die Statine sind alleine und auch in Kombination mit Ezetimib bei vielen Patienten nicht ausreichend wirksam. Ebenso können Nebenwirkungen auftreten, die eine Statineinnahme – zumindest in höherer Dosis – nicht zulassen.
Colesevelam bindet Gallensäuren im Darm
Die nicht resorbierbaren Anionenaustauscher Colestyramin und Colesevelam wirken, indem sie im Darm Gallensäuren binden, die dann mit dem Stuhl ausgeschieden werden.
Normalerweise werden 80 bis 90% Teil der Gallensäuren aus dem Darmtrakt rückresorbiert und über den enterohepatischen Kreislauf wieder zur Leber transportiert. Wenn dem Körper durch den Einsatz von Colestyramin und Colesevelam Gallensäuren entzogen wird, muss er diese aus Cholesterol nachbilden. Sobald der Gallensäurenpool schrumpft, wird das Leberenzym Cholesterol-7-α-Hydroxylase verstärkt aktiviert, was eine vermehrte Umwandlung von Cholesterol zu Gallensäuren bewirkt. Der Bedarf an Cholesterol in den Leberzellen erhöht sich, wodurch die Hydroxymethylglutarylcoenzym A-Reduktase (HMG-CoA-Reduktase), das Enzym für die Cholesterolbiosynthese, aktiviert wird. Dieses Enzym wird durch Statine gehemmt.
Außerdem wird die Anzahl der hepatischen LDL-Rezeptoren heraufgesetzt. Dies führt letztendlich zu einer vermehrten Aufnahme von LDL-Cholesterol aus dem Blut, und der LDL-Cholesterol-Serumspiegel sinkt.
Steckbrief: ColesevelamHandelsname: Cholestagel Hersteller: Genzyme GmbH, Neu-Isenburg Einführungsdatum: 1. Februar 2008 Zusammensetzung: Jede Tablette enthält 625 mg Colesevelamhydrochlorid (entspricht Colesevelam). Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: mikrokristalline Cellulose (E460), hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat, gereinigtes Wasser. Filmüberzug: Hypromellose (E464), diacetylierte Monoglyceride. Druckfarbe: Eisen(II, III)-oxid (E172), Hypromellose (E464), Propylenglycol. Packungsgrößen, Preise und PZN: 180 Tabletten, 198,03 Euro, PZN 3390728. Stoffklasse: Lipidsenker; Gallensäuren-Komplexbildner. ATC-Code: C10A C 04. Indikation: In Kombination mit einem HMG-CoA-Reduktaseinhibitor (Statin) als adjuvante Therapie zur Diät, um eine additive Reduktion der LDL-Cholesterol-(LDL-C)-Spiegel bei Patienten mit primärer Hypercholesterolämie zu erzielen, bei denen mit einem Statin allein keine ausreichende Kontrolle möglich ist. Als adjuvante Monotherapie zur Diät zur Reduktion des erhöhten Gesamt- und LDL-Cholesterols bei Patienten mit isolierter primärer Hypercholesterolämie, bei denen ein Statin als unangemessen betrachtet wird oder nicht gut vertragen wird. Dosierung: Die empfohlene Tagesdosis Colesevelam ist vier bis sechs 625-mg-Tabletten zu den Mahlzeiten Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegenüber dem arzneilich wirksamen Bestandteil oder einem der sonstigen Bestandteile; Darmverschluss oder Gallengangverlegung Nebenwirkungen: Verstopfung, Verdauungsstörungen und Dyspepsie. Wechselwirkungen: Wenn Arzneimittel angewendet werden, bei denen sich eine Blutspiegeländerung in klinisch signifikanter Weise auf die Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit auswirken könnte, muss der Arzt eine Überwachung der Serumspiegel oder Wirkungen in Erwägung ziehen. Colesevelam kann die Bioverfügbarkeit anderer Arzneimittel beeinflussen. Bei Patienten unter der Therapie mit Warfarin oder ähnlichen Arzneimitteln muss die gerinnungshemmende Therapie eng überwacht werden. Auch die Wirkung einer Schilddrüsenhormonersatztherapie muss überwacht werden. Eine verringerte empfängnisverhütende Wirkung kann bei Anwendung von Colesevelam an Frauen, die orale Kontrazeptiva einnehmen, nicht ausgeschlossen werden. Bei der Behandlung von Patienten mit Anfälligkeit für Vitamin-K- oder fettlöslichem Vitaminmangel ist Vorsicht geboten. Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Bei Behandlung von Patienten mit Triglyceridspiegeln über 3,4 mmol/l ist aufgrund der triglyceridsteigernden Wirkung von Colesevelam Vorsicht geboten. Colesevelam kann Verstopfung auslösen oder eine bestehende Verstopfung verschlimmern. Bei Patienten unter Warfarin-Therapie oder Behandlung mit ähnlichen Arzneimitteln muss die gerinnungshemmende Therapie eng überwacht werden, da Gallensäuren-Komplexbildner sowohl die Resorption von Vitamin K senken als auch die gerinnungshemmende Wirkung von Warfarin beeinträchtigen können. |
Vorsicht bei Kombination mit anderen Wirkstoffen
Colesevelam bindet Gallensäuren effektiver als die früher verwendeten Polymere. Während Colestyramin in einer Dosis von 16 g täglich eingesetzt werden muss, beträgt die Tagesdosis von Colesevelam 3,75 g. Damit werden weniger gastrointestinale Nebenwirkungen erwartet.
Das Polymer Colesevelam wird vom Körper nicht absorbiert und gerät nicht in den Stoffwechsel. Deshalb kommen Arzneimittelinteraktionen selten vor. Allerdings kann Colesevelam im Darm andere Arzneistoffe absorbieren und deren Aufnahme vermindern, so dass bei Therapien mit stark wirksamen Substanzen Vorsicht angebracht ist. Dazu gehören Schilddrüsenhormone und blutverdünnende Arzneimittel sowie hormonale Kontrazeptiva.
Klinische Ergebnisse
Die Monotherapie mit Cholestagel® wurde in vier Studien mit insgesamt 866 Patienten und die Kombinationstherapie mit Statinen (Lovastatin, Simvastatin und Atorvastatin) in drei Studien mit insgesamt 491 Patienten untersucht. Als Maß für die Wirksamkeit wurde die Senkung des LDL-Cholesterolspiegels herangezogen. Colesevelam wirkte dabei sowohl als Monotherapeutikum als auch in Kombination mit einem Statin, aber auch in Kombination mit Ezetimib.
Bei Patienten mit einer Hypercholesterolämie konnte durch eine Monotherapie mit Colesevelam eine LDL-Senkung um 15 bis 19% erreicht werden, die HDL-Werte stiegen dabei um rund 5%. In der Kombinationstherapie, sowohl mit Statinen als auch mit Fibraten und Ezetimib, konnte mit Colesevelam eine zusätzliche LDL-Cholesterolsenkung von 10 bis 16% erreicht werden. Derzeit wird der Einsatz im Rahmen einer Dreifachtherapie bestehend aus Statin, Ezetimib und Colesevelam im Rahmen von Studien überprüft.
Quelle
Fachinformation zu Cholestagel®, Stand Mai 2007.
Davidson MH, et al.: Colesevelam Hydrochloride (Cholestagel).A New, Potent Bile Acid Sequestrant Associated With a Low Incidence of Gastrointestinal Side Effects Arch Intern Med 1999;159:1893-1900.
hel
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