DAZ aktuell

Unabhängig, inhabergeführt und nah dran am Patienten

WEIMAR (diz). Das Zukunftsmodell der Apotheke heißt unabhängige inhabergeführte Hausapotheke mit direktem Kontakt zum Patienten – davon zeigte sich die Präsidentin der Bundesapothekerkammer, Magdalene Linz, überzeugt. In ihrem Festvortrag im Rahmen der Zeta-Akademie der Thüringer Apothekerkammer am 7. Juni in Weimar rief sie dazu auf, weiter mit Hochdruck an der Optimierung der apothekerlichen Leistungen zu arbeiten.

Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung (immer mehr Ältere, steigende Morbidität, steigende Zahl an Pflegebedürftigen) wird die Apotheke weiterhin eine wichtige Rolle im Gesundheitswesen spielen. Dies bestätigen auch Umfragen. Die Bevölkerung weiß, was sie an ihrer Apotheke hat. Sie schätzen die gute Erreichbarkeit der Apotheke, die Beratung und die guten Serviceleistungen. Die Apotheke vor Ort kann auf den Menschen als Individuum eingehen und ihn versorgen. Letztlich ist das, so Linz, das Geheimnis der Präsenz-Apotheke: Unabhängigkeit, Patientennähe, Individualität und Kompetenz. Dies zeigt sich auch daran, dass die Bevölkerung den Versandhandel kaum annimmt. Der Mensch sucht fachliche Kompetenz und Zuwendung im persönlichen Gespräch.

Um diese Unabhängigkeit zu erhalten, ist es wichtig, sich weiterhin für das Fremd- und Mehrbesitzverbot einzusetzen, um Ketten zu verhindern. Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hierzu wird für Anfang des nächsten Jahres erwartet. Wie das Gericht entscheiden wird, ist offen, allerdings sollte man nicht zu pessimistisch sein. In ähnlich gelagerten Entscheidungen hat der EuGH die Unabhängigkeit der Freien Berufe als hohes Gut angesehen und in deren Sinne entschieden. Die Bundesregierung hat zudem ein deutliches Votum abgegeben, dass sie zum Fremd- und Mehrbesitz steht. Optimistisch zeigte sich Linz auch zur Frage, ob verschreibungspflichtige Arzneimittel vom Versandhandel ausgeklammert werden können. Die Unterstützung aus der Politik mehrt sich. So soll es in dieser Frage eine neue Initiative aus Bayern geben.

Politik erkennt Apothekenleistungen an

Die Politik erkennt die Leistungen der 21.500 Apotheken an, beispielsweise den Nacht- und Notdienst: Rund 2000 diensthabende Apotheken werden jede Nacht von 20.000 Kunden besucht. Oder die Botendienste der Apotheken: täglich finden 250.000 mal Botendienste von den Apotheken zu den Patienten nach Hause statt – ein Versandhandel ist angesichts dieser Leistungen nicht mehr nötig. Täglich lösen die Apotheken rund 28.000 mal patientenindividuelle Probleme mit Arzneimitteln.

Apotheken spielen darüber hinaus eine wichtige Rolle in der Primärprävention von Krankheiten, z. B. über ihr Engagement in der Ernährungsberatung. Und in der Sekundärprävention helfen sie mit, Krankheiten in ihrer Frühphase zu erkennen, beispielsweise über Blutdruckmessungen, Blutzuckerbestimmungen oder Blutfettwertemessungen.

Ziel: Honorar für Dienstleistungen

Obwohl Apotheken immer mehr leisten müssen, erhalten sie immer weniger Geld aufgrund umfangreicher Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen, von derenAuswirkungen sie immer stärker getroffen werden. Immerhin, der Apotheker als Heilberuf konnte gestärkt werden, indem die Apothekervergütung vom Arzneimittelpreis abgekoppelt wurde. Auch das Verbot von Naturalrabatten für apothekenpflichtige Arzneimittel und die Begrenzung der Barrabatte für verschreibungspflichtige Arzneimittel auf die Großhandelsspanne stärkte den Apotheker als Heilberuf, wenngleich er dadurch finanzielle Einbußen hinnehmen muss. Linz machte deutlich: Trotz steigender Arzneimittelausgaben der GKV, trotz Steigerung des Nettoumsatzes haben Deutschlands Apotheken im vergangenen Jahr weniger verdient (im Durchschnitt knapp acht Prozent weniger, so ABDA-Berechnungen). Neben einer Erhöhung des Apothekenabschlags von zwei auf 2,30 Euro ist daran auch der erhöhte Aufwand bei der Umsetzung der Rabattverträge schuld. Trotzdem, Linz betonte, dass der Apotheker zur Erfüllung der Rabattverträge verpflichtet ist. Immerhin ist es möglich, pharmazeutischen Sachverstand bei der Auswahl der Arzneimittel einzubringen. So darf der Apotheker von der Abgabe eines rabattbegünstigten Arzneimittels absehen, wenn der Abgabe aus Sicht des Apothekers im konkreten Einzelfall pharmazeutische Bedenken entgegenstehen. Sollte die Kasse dennoch retaxieren, wolle man von Seiten der ABDA gegebenenfalls einen Musterprozess führen.

Auch in Zukunft wird es Sparmaßnahmen geben. Die Apotheken dürfen sich künftigen Reformen nicht verschließen, wenn es darum geht, sinnvoll Kosten bei der Arzneimittelversorgung zu sparen. Langfristiges Ziel müsse es sein, Leistungen, die nur Apotheker erbringen können, honorieren zu lassen. Andere Länder sind hier bereits mit gutem Beispiel vorangegangen.

Hausapothekenkonzept – die richtige Richtung

Mit der ureigenen Aufgabe, der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, werde die Apotheke in Zukunft nicht bestehen können, machte die BAK-Präsidentin deutlich. Die Apotheke muss sich als patientennahe Gesundheitseinrichtung mit kompetenten Arzneimittelfachleuten noch mehr als bisher zum unverzichtbaren Leistungserbringer im Gesundheitswesen machen. Als Beispiel nannte sie das Barmer Hausapothekenkonzept mit verschiedenen Serviceleistungen, dessen Ziel die Optimierung der Arzneimitteltherapie ist. Im Rahmen dieses Vertrages ist es im Sinne des Patienten zu einem guten Zusammenspiel zwischen Arzt und Apotheker gekommen. Der Vertrag wurde zwar zum 31. Dezember 2008 gekündigt, aber alle Beteiligten sind sich einig, dass ein neuer Vertrag, angepasst an veränderte Rahmenbedingungen, geschlossen werden soll.

Differenzierung wird kommen

Linz geht davon aus, dass es in Zukunft zu einer stärkeren Differenzierung von Apotheken kommen wird: nicht jede Apotheke wird alles anbieten können, beispielsweise Zytostatikaversorgung, Palliativmedizin, Versorgung von HIV-Patienten oder die Pharmazeutische Betreuung bestimmter Patientengruppen. Apotheken werden sich noch stärker auf die Menschen in ihrer Umgebung einstellen. Ständige Fortbildung, Zertifikatsfortbildung, Ringversuche, Teilnahme an Pseudo-Customer-Testkäufen und ein Qualitätsmanagement sind Instrumente, die noch häufiger genutzt werden müssen. Von einer Zwangsfortbildung, wie sie im Kammerbereich Westfalen-Lippe kommen soll, hält Linz dagegen nichts. Solange sich Versandapotheken als Rosinenpicker hervortun und die Lasten bei den Präsenzapotheken liegen, will sie nicht den Weg der Zwangsfortbildung gehen. Sie setzt eher auf einen edukativen Ansatz, den jede Apotheke mitgehen kann. "Wer nicht mitgehen will, soll‘s lassen", machte Linz deutlich, "wir können nicht jeden Fußkranken mitschleppen."

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