Bayerischer Apothekertag

Weißblauer Himmel auf Erden?

Der weißblaue Himmel über Regensburg hat dazu beigetragen: wieder einmal war der Bayerische Apothekertag vom 30. Mai bis 1. Juni 2008 ein Höhepunkt in der Geschichte dieser berufspolitischen, kulturellen und geselligen Apothekerveranstaltungen im Freistaat. Über 400 Apothekerinnen und Apotheker waren in die Donaustadt gekommen, um zu politisieren, zu lernen, zu diskutieren und sich in geselligem Rahmen auszutauschen. Als dringende Botschaft sandte der Apothekertag das Signal an die Politik: der Arzneimittelversand mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln muss weg, er gefährdet die Patientensicherheit. Ob auch der politische Himmel noch weißblau wird? Zu wünschen wär’s, die Politik sicherte in Bayern ihre Unterstützung zu.

Krötsch: Politische Arbeit verstärken!

Dr. Ulrich Krötsch, Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer, ließ es sich nicht nehmen, seine Eröffnungsworte mit einigen politischen Anmerkungen zu verbinden. Er beklagte vor allem die unsicheren Perspektiven für die Apotheken und machte auf die derzeitigen Probleme aufmerksam.

So glauben beispielsweise Großhandelskonzerne wie Celesio, mit Ketten den Markt übernehmen zu können. Krötsch fragte sich, woher die Einkaufsrabatte kommen sollen, um Vorteile für die Kette zu erzielen, nachdem die Krankenkassen die Rabatte in Händen haben. Für Ketten sei der Markt nicht mehr rentabel. Außerdem bedeuteten große Strukturen eine größere Anonymisierung, die hier fehl am Platze sei. Hinzukomme, dass durch Ketten die wohnortnahe Versorgung gefährdet sei.

Den Drogeriemärkten warf der Kammerpräsident pures Profitstreben vor; die Krankenkassen verhielten sich nicht partnerschaftlich, wenn sie die Lieferverträge kündigten.

Krötsch wehrte sich dagegen, dass die Politik den Apotheker als Händler und das Arzneimittel als normale Ware betrachte in einem System, das nur nach Gesichtspunkten des Wettbewerbs geführt werden solle.

Man werde die politische Arbeit forcieren und auch mit anderen Heilberufen zusammenarbeiten. Die Interessen der Apotheker müssten verstärkt den Politikern vermittelt werden.

Grußworte

Der Oberbürgermeister von Regensburg, Hans Schaidinger, freute sich, dass der Bayerische Apothekertag die über 2000 Jahre alte, von den Römern gegründete Stadt für seine Tagung ausgewählt hatte. Regensburg sei heute eine junge Stadt, bei 125.000 Einwohnern zählt die Stadt rund 25.000 Studenten. Die Universität, industrielle Ansiedlungen und die Altstadtsanierung tragen dazu bei, dass aus einer gotischen Stadt eine lebendige Stadt wurde, die die Unesco vor zwei Jahren zum Welterbe der Menschheit ernannte.

Dr. Otto Bertermann, Vorsitzender des Landesfachausschusses Gesundheit der FDP Bayern, ist davon überzeugt, dass die Apotheker zwar konservativ seien, aber dennoch an der Spitze des Fortschritts stünden. Die inhabergeführte Apotheke stehe für Sicherheit und Qualität in der Arzneimittelversorgung. Für ihn gebe es keinen Grund, dies alles zu zerschlagen.

Sorgen bereitet das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu den Arzneiabholstellen in Drogeriemärkten und anderswo, so Joachim Wahnschaffe, Vorsitzender des Ausschusses für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik des Bayerischen Landtags. Er kämpft dafür, die bewährten Strukturen zu erhalten im Sinne einer wohnortnahen und flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. "Wir wissen, was wir an Ihnen haben”, rief er den Apothekern zu. Falsch sei es auch, die Arzneimittel mit 19% Mehrwertsteuer zu belasten. Und zum GKV-WSG merkte er an, dass dieses Gesetz sehr wohl Schwächen habe und nicht unbedingt praktikabel sei. Dennoch müsse es so gut wie möglich umgesetzt werden.

Sylvia Stierstorfer, Mitglied im CSU-Parteivorstand, sagte den Apothekerinnen und Apothekern ihre Unterstützung zu. Sie stellte die gute flächendeckende Versorgung und die Erreichbarkeit der Apotheke rund um die Uhr als bemerkenswert heraus. Die Auswüchse des Versandhandels dagegen müssten unterbunden werden, "das erwarten wir von Ulla Schmidt”. Die CSU stehe dafür, so Stierstorfer, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimittel zu verbieten und für den OTC-Versandhandel klare Regelungen aufzustellen. Für die CSU gehören die Apotheken zur Trumpfkarte im System des deutschen Gesundheitswesens. "Wir unterstützen die Apotheken weiterhin”, so die CSU-Politikerin.

Grußworte überbrachte auch die Präsidentin der Bundesapothekerkammer, Magdalene Linz. Sie lobte die Öffentlichkeitarbeit der Regensburger Apothekerinnen und Apotheker zum Bayerischen Apothekertag: ein großer Aktionstag zum Thema "Gesünder reisen mit dem roten A” auf dem Neupfarrplatz in Regensburg. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Apotheke dürfe nicht enttäuscht werden, daher ist es wichtig, die hohen Qualitätsstandards aufrecht zu erhalten. Das Qualitätsargument sei auch wichtig gegenüber der Politik. Zum Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln merkte sie an, dass dieser entbehrlich sei und abgeschafft werden sollte. Die ABDA setze sich in diesem Sinne in Gesprächen mit der Politik für die Abschaffung ein.

Christa Stewens: pro Apotheke

Ihr Herz schlägt nach wie vor für die deutsche Apotheke: die Bayerische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, Christa Stewens, machte in ihrer Ansprache auf dem Bayerischen Apothekertag deutlich, dass sie voll und ganz hinter der Institution der deutschen Apotheker steht.

Kritisch sieht sie die Zulassung des Versandhandels mit Arzneimitteln. Seit 2004 habe der illegale Handel mit Arzneimitteln zugenommen, die Rezeptpflicht werde umgangen. Hier sieht sie Handlungsbedarf: der Zunahme des illegalen Arzneiversands muss Einhalt geboten werden. Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder hat daher beschlossen, eine Stelle zur Überwachung des Internethandels mit Arzneimitteln einzurichten, berichtete Stewens. Es müsse auch überprüft werden, den Versand mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. Klar machte Stewens auch: Mit der Zulassung von Rezeptsammelstellen in Drogeriemärkten sehe sie eine Gefahr für die Apotheke. Sie habe die Bundesgesundheitsministerin aufgefordert, hier tätig zu werden. Man arbeite mit Nachdruck an einer Lösung des Problems.


Studenten willkommen!

Auch dadurch zeichnet sich ein Bayerischer Apothekertag aus: der Nachwuchs ist höchst willkommen! Kammer und Verband luden die Studentinnen und Studenten der bayerischen pharmazeutischen Institute Erlangen, München, Regensburg und Würzburg nach Regensburg zum Apothekertag ein. So erlebten sie die brennenden berufspolitischen Probleme und konnten Fortbildungsvorträge hören. Eine Podiumsdiskussion für Studenten, Praktikanten und Interessierte befasste sich mit der Ausbildung in Klinischer Pharmazie.

Highlight auch beim Nachwuchs: der Gala-Abend, für den sich alle fürstlich herausputzten.


Die Bayerische Staatsregierung setze sich für den Erhalt des Fremd- und Mehrbesitzverbots ein. Wenn Apotheken in die Hände von Kapitalgesellschaften fallen, liegen darin Risiken für die öffentliche Gesundheit. Daher wolle man erst einmal das Urteil des Europäischen Gerichtshofs abwarten und werde auf keinen Fall vorab eine Entscheidung treffen.

Äußerst kritisch äußerte sich Stewens über die Rabattverträge. Mittlerweile gebe es so viele Instrumente für Kosteneinsparungen, deren Zusammenwirken nicht mehr gewährleistet ist. In den Rabattverträgen sieht sie zudem eine Entmündigung des Bürgers. So kann der Versicherte beispielsweise nicht zuzahlen, wenn er ein anderes Arzneimittel wünscht, da die Rabatte nicht bekannt und sich die Zuzahlung nicht berechnen lässt. Sie sprach sich dafür aus, das gesamte Steuerungsinstrument der Rabattverträge in Frage zu stellen, man sollte letztlich darauf verzichten.

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