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Arzneimittel und Therapie
Fosaprepitant verhindert Erbrechen bei Chemotherapie
Die meisten Tumorerkrankungen werden heute mit einer Hochdosis-Chemotherapie behandelt. Dabei wird die Dosis so hoch wie möglich gewählt, um die Krebszellen möglichst vollständig zu zerstören. Begrenzt wird die Dosis durch die toxischen Wirkungen auf den Gesamtorganismus, unter anderem durch Übelkeit und Erbrechen.
Akutes und verzögertes Erbrechen
Übelkeit und Erbrechen als Nebenwirkungen einer Chemotherapie kommen in unterschiedlichen Ausprägungen vor: An der akuten Form, innerhalb von 24 Stunden nach der Chemotherapie, leiden die meisten Patienten, die vorher keine antiemetische Therapie erhalten haben.
Das verzögerte Erbrechen kann zwei bis fünf Tage nach der Applikation des Zytostatikums auftreten. Wenn sie die emetogene Wirkung der Chemotherapie bereits kennen, müssen sich viele Patienten bereits vor der Therapie erbrechen, was als antizipatorisches Erbrechen bezeichnet wird.
Substanz P fördert Erbrechen
Am Aufbau und Ablauf des Brechreflexes sind zahlreiche Komponenten beteiligt. Ein erstes Kontrollelement sind die Sinnesorgane Auge und Nase, die zweite Kontrollzone sind Chemorezeptoren im Gastrointestinaltrakt. Vagale Afferenzen aus dem Verdauungstrakt und dem zentralen Nervensystem sowie vestibuläre Reize führen zu einem zentralen Erkennungssystem mit Anschluss an Blut- und Liquorkreislauf, der Chemorezeptorentriggerzone. Diese ist mit dem zentralen Verarbeitungszentrum, dem Brechzentrum, gekoppelt, von dem Efferenzen zu den peripheren Organen führen.
Das Brechzentrum ist kein anatomisch definierter Bezirk, sondern eine funktionale Gruppe von verschiedenen Kernarealen. Eine besondere Rolle spielt der Nucleus tractus solitarii mit den Neurotransmittern Serotonin, Acetylcholin, Dopamin, Histamin, Adrenalin und Noradrenalin sowie der Substanz P (Neurokinin-1).
Substanz P besteht aus elf Aminosäuren, kommt unter anderem im Zentralnervensystem und im Magen-Darm-Trakt vor und vermittelt ihre Wirkung primär durch Bindung an den Neurokinin-1-Rezeptor. Dadurch werden cholinerge Neuronen erregt, Gefäße erweitert, die Speichelsekretion stimuliert und glatte Muskulatur kontrahiert. Neurokinin-1-Rezeptoren sind G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, die in vielen zentralen und peripheren Nervenzellen, aber auch in glatten Muskelzellen, Endothelzellen, Drüsenzellen, Fibroblasten und in Immunzellen vorkommen und an der neuronalen Vermittlung des Brechreizes beteiligt sind.
Setrone hemmen Serotoninwirkung
Eine Hauptrolle beim Erbrechen spielt Serotonin. Es wird aus den enterochromaffinen Zellen im Gastrointestinaltrakt freigesetzt, wenn diese durch Zytostatika geschädigt werden, und löst durch Stimulierung von 5-HT3 -Rezeptoren Übelkeit und Erbrechen aus. Die wichtigste Wirkstoffklasse zur Prophylaxe und Therapie des Erbrechens sind daher die 5-HT3 -Rezeptorantagonisten ("Setrone"). Dazu gehören Dolasetron, Ondansetron und Palonosetron. Sie werden heute als Standardtherapie in Kombination mit Dopamin-Rezeptorantagonisten und/oder Glucocorticoiden, vor allem Dexamethason, eingesetzt. Setrone wirken vor allem beim akuten Erbrechen. Etwa die Hälfte der Patienten klagt trotz der vorangegangenen präventiven Therapie über verzögertes Erbrechen, das zwei bis fünf Tage nach der Applikation des Zytostatikums auftreten kann.
Steckbrief: FosaprepitantHandelsname: Ivemend Hersteller: MSD Sharp & Dohme GmbH, Haar Einführungsdatum: 15. März 2008 Zusammensetzung: Jede Durchstechflasche enthält Fosaprepitant-Dimeglumin entsprechend 115 mg Fosaprepitant. Nach Rekonstitution und Verdünnung enthält 1 ml Lösung 1 mg Fosaprepitant. Sonstige Bestandteile: Natriumedetat (Ph. Eur.) (E386), Polysorbat 80 (E433), Lactose; Natriumhydroxid (E524) und/oder Salzsäure 10% (E507) (zur pH-Einstellung). Packungsgrößen, Preise und PZN: 1 Stück, 48,61 Euro, PZN 4593244 Stoffklasse: Antiemetika; Neurokinin-1-Rezeptorantagonist.ATC-Code: A04AD12 Indikation: Als Teil einer Kombinationstherapie zur Prävention akuter und verzögerter Übelkeit und Erbrechen bei hoch emetogener, auf Cisplatin basierender Chemotherapie sowie bei moderat emetogener Chemotherapie. Dosierung: 115 mg an Tag 1 eines dreitägigen Therapierschemas, zusätzlich zu einem Glucocorticoid und einem 5-HT3-Antagonisten, intravenös (Tropfinfusion) 30 Minuten vor Beginn der Chemotherapie. An den Tagen 2 und 3 nach der Chemotherapie wird morgens eine 80-mg-Kapsel Aprepitant eingenommen. Gegenanzeigen: Kombination mit Pimozid, Terfenadin, Astemizol oder Cisaprid. Nebenwirkungen: Appetitlosigkeit; Kopfschmerzen; Schluckauf; Konstipation, Diarrhö, Dyspepsie; Müdigkeit/Abgeschlagenheit; erhöhte Werte von ALT und AST. Wechselwirkungen: Aprepitant ist ein Substrat sowie ein moderater Inhibitor und ein Induktor von CYP3A4. Darüber hinaus induziert Aprepitant CYP2C9. Durch die moderate CYP3A4-Hemmung kann Aprepitant die Plasmakonzentrationen anderer, über CYP3A4 metabolisierter, gleichzeitig angewendeter Arzneimittel erhöhen. Daher ist während der Therapie mit Aprepitant und noch zwei Wochen im Anschluss Vorsicht angebracht. Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Aprepitant muss bei Patienten mit mäßiger und schwerer Leberinsuffizienz mit Vorsicht angewendet werden. |
Neurokinin-1-Rezeptorantagonisten
Eine weitere Entwicklung sind die Neurokinin-1-Rezeptorantagonisten. Im Dezember 2003 wurde als erste Substanz dieser Klasse Aprepitant (Emend®) eingeführt. Es eignet sich zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen während einer hoch emetogenen, auf Cisplatin basierenden oder einer moderat emetogenen Zytostatikatherapie.
Das nicht peptidische Aprepitant wirkt als Neurokinin-1-Rezeptorantagonist. Es hemmt die Bindung von Substanz P an die Neurokinin-1-Rezeptoren im Gehirn und verhindert dadurch Übelkeit und Erbrechen. Aprepitant kann sogar emetogene Reize unterdrücken, die durch eine Serotonin- oder Dopaminrezeptor-Blockade nicht beeinflussbar sind und eignet sich auch gut zur Prophylaxe des verzögerten Erbrechens.
Fortschritt durch Aprepitant
Aprepitant wird sowohl für die Prophylaxe des akuten Erbrechens als auch zur Vorbeugung des verzögerten Erbrechens eingesetzt. Die Substanz wird zusätzlich zu einer Standardtherapie mit einem Glucocorticoid und 5-HT3 -Antagonisten verabreicht. Dabei werden 125 mg Aprepitant am Tag 1 eine Stunde vor der Chemotherapie eingenommen, gefolgt von 80 mg Aprepitant an den beiden Tagen (2 und 3) nach der Chemotherapie.
Das neue Therapieregime mit Aprepitant wirkt besser als die bisherige Standardtherapie, sowohl bei der Prävention der akuten als auch der verzögerten Symptomatik. Die Ansprechrate auf die antiemetische Therapie erhöhte sich in den klinischen Studien bei der Gabe von Aprepitant um etwa 20%. Bei nahezu drei Viertel aller Patienten (73%) wurde ein Erbrechen vollständig vermieden. Unter der Standardtherapie war dies lediglich bei etwa der Hälfte der Patienten (52%) der Fall.
Die antiemetische Wirkung von Aprepitant bleibt langfristig auch nach mehreren Chemotherapie-Zyklen erhalten: Die Behandlung schützt die Patienten auch noch nach sechs Behandlungszyklen wirksam vor den unangenehmen Begleiterscheinungen einer Chemotherapie.
Intravenös statt oral vor der Chemotherapie
Bei der ambulanten Chemotherapie kann es sinnvoll sein, die erste Dosis von Aprepitant in der Arztpraxis zu verabreichen. Nach der oralen Gabe ist eine Wartezeit von einer Stunde notwendig. Viele Ärzte bevorzugen daher, diese erste Dosis vor der Chemotherapie intravenös zu geben, was jetzt mit Fosaprepitant möglich ist.
Fosaprepitant (Iv emend®) ist eine intravenös applizierbare Form von Aprepitant. Es kann in einer Dosis von 115 mg als 15-minütige Infusion eine halbe Stunde vor Beginn der Chemotherapie anstelle von 125 mg Aprepitant peroral eine Stunde vorher gegeben werden.
Zusätzlich bekommen die Patienten ein Corticoid und ein Setron. Am zweiten und dritten Tag nehmen sie 80 mg Aprepitant in Tablettenform sowie bei hoch emetogenen Therapien zusätzlich noch ein Corticoid (dieses auch am 4. Tag) ein.
Die intravenöse Applikation von 115 mg Fosaprepitant führt zu denselben Plasmakonzentrationen (AUC) wie 125 mg Aprepitant per os.
Abspaltung des Phosphatrests
Das Prodrug Fosaprepitant wird nach der intravenösen Infusion im Körper rasch von ubiquitär vorkommenden Phosphatasen durch Abspaltung von Phosphat in die Wirkform Aprepitant umgewandelt und wirkt wie dieses. Neben lokalen Reizungen wie Verhärtung und Schmerzen an der Injektionsstelle waren die häufigsten Nebenwirkungen wie bei Aprepitant Schluckauf, Müdigkeit und Abgeschlagenheit, erhöhte Leberenzymwerte, Verstopfung, Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit.
Aprepitant wird weitgehend metabolisiert. Dabei wirkt es als Substrat sowie als moderater Inhibitor und als Induktor von CYP3A4. Darüber hinaus induziert Aprepitant CYP2C9. Daher sind zahlreiche Wechselwirkungen mit Arzneistoffen zu erwarten, deren Metabolismus durch diese Isoenzyme katalysiert wird. Die gleichzeitige Behandlung mit Cisaprid, Pimozid, Terfenadin und Astemizol ist kontraindiziert.
Quelle
Fachinformation von Ivemend® , Stand Januar 2008.
hel
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