Interpharm 2008

Hochwirksame Arzneimittel für den breiten Einsatz

Biosimilars sind generische Formen von biologischen Arzneistoffen. Sie sind zwar nicht besser als die Originalwirkstoffe, sollen aber bei vergleichbarer Wirksamkeit und Qualität preiswerter sein. Prof. Dr. Theo Dingermann und Dr. Ilse Zündorf, Frankfurt am Main, wünschten sich, dass durch die Einführung von Biosimilars mehr Patientinnen und Patienten von den sehr guten, aber auch extrem teuren Biologicals profitieren werden.

"Biologicals werden dringend gebraucht", sagte Dingermann und bemängelte, dass heute zahlreiche Patienten aus Kostengründen nicht ausreichend mit diesen modernen hochwirksamen biologischen Arzneistoffen behandelt werden.

Die Kosten für eine Therapie mit Biologicals sind hoch: Sie liegen zwischen 400 und 600 Euro jährlich für eine Insulintherapie und bis zu 5000 Euro monatlich für eine Behandlung mit den Antikörpern Cetuximab und Bevacizumab, die zur Krebstherapie eingesetzt werden. Lysosomale Speicherkrankheiten müssen lebenslang behandelt werden und kosten für einen Patienten zwischen 120.000 und 600.000 Euro jährlich.

Ersatz biologischer Proteine

Biologische Arzneistoffe werden bei einer Vielzahl von Krankheiten eingesetzt. Dazu gehören Infektionen und chronische Entzündungen ebenso wie Krebserkrankungen und Autoimmunkrankheiten wie die multiple Sklerose.

Sie ersetzen sehr oft Proteine, die nicht oder nicht ausreichend gut funktionieren. Das bekannteste Beispiel ist Insulin, von dem es inzwischen zahlreiche Derivate gibt. Andere Biologicals werden zum Abfangen von Proteinen verwendet, die im Körper ungünstig wirken können, zum Beispiel des Tumornekrosefaktors alpha.

"Die Pipelines mit Biologicals sind voll", sagte Dingermann. 2005 befanden sich allein 43 biologische Krebsmittel in Phase I und zwölf in Phase III der klinischen Entwicklung.

Biosimilars sind Kopien gentechnisch hergestellter Originalwirkstoffe, also generische biologische Arzneistoffe.

Ein Antrag auf Zulassung eines Biosimilars kann gestellt werden, wenn das Patent auf die jeweilige Substanz abgelaufen ist, und seit 2001 laufen die ersten Patente für gentechnisch hergestellte Arzneimittel aus, unter anderem für einige Humaninsuline und Interferon beta 1a.


Gentechnisch hergestellte Arzneistoffe (Biologicals), für die durch Ablaufen der Patente entsprechende Biosimilars zu erwarten sind.
Handelsname
INN
Jahr des Patentablaufes
Humulin®
Human insulin
2001
Cerezyme®
Imiglucerase
2001
Intron A®
Interferon alpha-2b
2002
Nutropin® /Nutropin AQ®
Somatropin
2003
Avonex®
Interferon beta-1a
2003
Humatrope®
Somatropin
2003
Epogen® /Procrit®
Epoetin alfa
2004
Synagis®
Palivizumab
2005
Novlin®
Human insulin
2005
Activase®
Alteplase
2005
Neupogen®
Filgrastim
2006
Albutein®
Humanalbumin
2006

Biosimilars sind Proteine

Während klassisch-chemische Wirkstoffe durch ihre physikalischen und chemischen Eigenschaften meistens ausreichend charakterisiert werden können, spielt bei den Biologicals auch der Herstellungsprozess eine wichtige Rolle.

"Bei der Herstellung von Biosimilars muss man mehr wissen als die Strukturformel", sagte Dingermann und nannte als Beispiel das Eosinophilie-Myalgie-Syndrom (EMS). Das EMS trat als Nebenwirkung von Tryptophan auf, nachdem die japanische Herstellerfirma den Produktionsprozess umgestellt hatte. 1800 Menschen erkrankten, 38 starben. Durch die Umstellung des Prozesses hatten sich Dimere gebildet, die diese verheerende Reaktion auslösten. Diese Komplikation war dem Wirkstoff nicht anzusehen, sondern kam erst bei der Herstellung zustande.

Andererseits lassen sich rekombinante Wirkstoffe meistens problemlos herstellen, wie Dingermann ausführte: "Das können wir auch im Bio-3-Praktikum machen."

Studiendaten müssen vorliegen

Biosimilars sind ähnlich wie ihre Vorbilder, aber nicht identisch und sollten daher von qualifizierten Fachleuten beurteilt werden. Bei der Zulassung müssen Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität nachgewiesen werden. In Zusammenarbeit mit der europäischen Zulassungsbehörde EMEA werden die nötigen Studien festgelegt, beispielsweise können Vergleichsstudien mit dem Originalpräparat gefordert werden.

Im Gegensatz zu den klassischen Generika müssen Biosimilars auch ein klinisches Prüfprogramm durchlaufen, wobei der Aufwand geringer ist als bei den Originalpräparaten. Durch ein mit den Zulassungsbehörden abgestimmtes Post-Marketing Surveillance-Programm sollen vor allem unerwünschte Immunreaktionen erfasst werden.


hel

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