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DAZ aktuell
Gesundheitspolitische Problemfelder
Dabei kritisierte Prof. Dr. Matthias Augustin, Hamburg, die Pläne für die Neufassung der Arzneimittelrichtlinien und die Missachtung dermatologischer Indikationen im ersten Vorschlag für den morbiditätsbezogenen Risikostrukturausgleich (siehe Bericht in AZ 15). Erfreulich sei dagegen die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), das Hautkrebsscreening als Kassenleistung zu etablieren. Aufgrund der großen Zahl der Anspruchsberechtigten müsse dies auch von speziell geschulten Allgemeinmedizinern durchgeführt werden. Die Dermatologen würden angemessen berücksichtigt, weil sie in allen Verdachtsfällen konsultiert werden müssten. Erfreulich sei auch, dass die ambulante Balneotherapie bei Psoriasis nun finanziert wird und elf Jahre nach Antragstellung die ambulante Vakuumversiegelung für chronische Wunden immerhin im Rahmen eines Modellvorhabens erstattet wird.
Hinsichtlich der Nutzenbewertung für Arzneimittel bleibt trotz der gesetzlichen Klarstellung, patientenbezogene Größen wie auch die Lebensqualität zu verwenden, umstritten, woher die nötigen Daten zu beziehen sind. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) verfolge das Primat randomisierter kontrollierter Studien, doch könne Nutzen unter Alltagsbedingungen damit vielfach nicht abgebildet werden. Dies zeige sich beispielsweise bei kontrollierten Studien für moderne Antirheumatika, die aufgrund ihrer Einschlusskriterien nur für etwa ein Drittel der Betroffenen des Rheumaregisters aussagekräftig seien. Anhand pharmakoökonomischer Studien für Etanercept in der Psoriasistherapie demonstrierte Augustin, dass sich die ermittelten Kosten-Effektivitäts-Verhältnisse auf der Grundlage kontrollierter Studien und realistischer Anwendungen erheblich unterscheiden können.
Methodische und politische Probleme
Der Diskurs über diese methodischen Fragen dürfte mit den geplanten Kosten-Nutzen-Bewertungen auf der Grundlage des jüngsten IQWiG-Methodenpapiers künftig weiter zunehmen, erläuterte Dr. Thomas Müller-Bohn, Süsel. Damit sollen Höchstbeträge für die Preise neuer patentgeschützter Arzneimittel so festgelegt werden, dass das Verhältnis aus Zusatznutzen und zusätzlichen Kosten nicht ungünstiger ist als bei früheren Innovationen für die gleiche Indikation. Dieses Konzept führe zu einem großen Bedarf an pharmakoökonomischen Daten auch für bereits etablierte Arzneimittel.
Außerdem kritisierte Müller-Bohn die Gestaltung der Rabattverträge. Ein Jahr nach dem Inkrafttreten der ersten Verträge sei die Situation keineswegs besser geworden. Durch rechtliche Unklarheiten bei neuen Verträgen drohten weiterhin Präparateumstellungen mit Belastungen für die Compliance, hinzu kämen nun erhebliche Retaxationen durch einzelne Krankenkassen. Aus pharmazeutischer Sicht besonders problematisch sei die Regelung des neuen Rahmenvertrages, Salze, Ester, Ether und Isomere eines Wirkstoffes als austauschbar zu betrachten, sofern sich ihre Eigenschaften nicht nach wissenschaftlichen Erkenntnissen erheblich hinsichtlich Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit voneinander unterscheiden. Die Regelung, gleich bezeichnete Darreichungsformen pauschal als austauschbar zu betrachten, untergrabe die pharmazeutische Technologie als Wissenschaft, missachte die DPhG-Leitlinie zur guten Substitutionspraxis und verhindere Anreize für künftige technologische Innovationen. Weitere Berichte über die GD-Jahrestagung finden Sie auf Seite 98 und in der nächsten DAZ.
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