- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 14/2008
- Neues bei der Frü...
Arzneimittel und Therapie
Neues bei der Früherkennung und Therapie von Brustkrebs
Für eine individuelle Behandlung gewinnen prädiktive Faktoren zunehmend an Bedeutung. Sie entscheiden, ob nach der Operation eine Chemo- oder Hormontherapie erforderlich ist und ob und in welchem Ausmaß eine Patientin überhaupt von einer Therapie profitiert. Neben den klassischen prädiktiven Faktoren wie dem Hormon- oder Her2-Status spielen tumorbiologische Charakteristika eine zunehmend wichtige Rolle. Prof. Dr. Nadia Harbeck nannte als Beispiel tumorassoziierte Proteolysefaktoren wie den Plasminogenaktivator vom Urokinasetyp (uPA) und seinen Inhibitor PAI-1 (Plasminogenaktivator-Inhibitor Typ 1). Beide sind am Abbau des Tumorstromas und der Basalmembran beteiligt und tragen so zur Invasions- und Metastasierungsfähigkeit der Tumorzellen bei. Gemeinsam mit dem uPA-Rezeptor ermöglichen sie die gerichtete Invasion der Krebszellen und spielen eine wichtige Rolle bei Adhäsion und Migration von Tumorzellen. Hohe Konzentrationen von uPA und/oder PAI-1 im Primärtumor gehen mit einem erhöhten Metastasierungsrisiko und einem kürzeren Gesamtüberleben einher. Umgekehrt haben nodalnegative Patientinnen mit niedrigem uPA und PAI-1 eine gute Prognose, so dass bei ihnen wahrscheinlich auf eine adjuvante Chemotherapie verzichtet werden kann. In drei großen Studien wird derzeit die Aussagekraft tumorbiologischer Eigenschaften im Hinblick auf den Benefit einer Therapie näher untersucht.
Hochkonjunktur für Biologicals
Entwicklung und Einsatz von Trastuzumab führten zu einem großen Fortschritt in der Therapie des metastasierten und adjuvanten Mammakarzinoms. Das Angreifen an einem tumorspezifischen Parameter ermöglicht eine selektive, relativ nebenwirkungsarme Behandlung. Als Antwort auf immer neue Einblicke in die Tumorbiologie werden zahlreiche zielgerichtete Wirkstoffe entwickelt. Prof. Dr. Manfred Kaufmann gab zu bedenken, dass möglicherweise die zugrunde liegenden pathophysiologischen Abläufe und ihre komplexe Vernetzung noch nicht ausreichend bekannt sind, um stets neue zielgerichtete Substanzen zu entwickeln und einzusetzen. Je spezieller die neuen Substanzen wirken, umso selektiver müssen sie erprobt werden. Das bedeutet, dass ein Studienkonzept die Tumorbiologie berücksichtigen muss und dass das Patientenkollektiv sehr selektiv ausgewählt werden sollte. Ansonsten ist zu befürchten, dass das Potenzial effektiver Wirkstoffe, die an ungeeigneten Patientinnen getestet wurden, nicht erkannt wird.
Es ist denkbar, dass in Zukunft patientenindividuelle "Cocktails" unterschiedlich angreifender Substanzen eingesetzt werden.
Aktualisierung der S3-LeitlinieDie S3-Leitlinie Brustkrebs-Früherkennung in Deutschland liegt seit Februar in einer aktualisierten Form vor. Die wichtigsten überarbeiteten Punkte sind:
Wahrung der Selbstbestimmung durch sachkompetente und verständliche Risikoinformation und ärztliche Aufklärung primär gesunder Frauen
Stellenwert der Früherkennung und Diagnostik von Brustkrebs bei jüngeren und älteren Frauen (jünger als 50 Jahre und älter als 70 Jahre) Überarbeitung von Indikationsstellung und Qualitätssicherung von Mammographie, Ultraschall und MRT Aktualisierung der Qualitätssicherung in der Mammapathologie einschließlich neuer prognostischer und prädiktiver Faktoren |
Teilbrustbestrahlung bei günstiger Prognose
Die Nachbestrahlung der Brust nach einer brusterhaltenden Operation senkt das Rezidivrisiko und sollte in jedem Fall durchgeführt werden. Bei prognostisch sehr günstigen Tumoren, bei denen das Rückfallrisiko auf das ehemalige Tumorbett beschränkt ist, kann möglicherweise eine Teilbrustbestrahlung erfolgen. Aufgrund des geringen zu bestrahlenden Volumens können höhere Einzeldosen appliziert werden, was die Behandlungszeit wesentlich verkürzt (vier bis fünf Tage versus sechs Wochen bei konventionellem Vorgehen). Diese Art der Bestrahlung (APBI = accelerated partial breast irradiation) kann intra- und postoperativ eingesetzt werden. Das derzeit aus strahlentherapeutischer Sicht beste Verfahren ist die interstitielle Brachytherapie in Multikatheter-Technik. Nur für dieses Verfahren liegen Daten mit ausreichender Nachbeobachtung vor. Wie Prof. Dr. Jürgen Dunst hervorhob, ist diese Methode jedoch derzeit nur bei kleinen, im frühen Stadium entdeckten Tumoren anwendbar.
Sport reduziert das Brustkrebsrisiko
Bei Auswertungen der großen Herzkreislaufstudien, die den Einfluss von Sport auf kardiovaskuläre Parameter untersuchten, wurde eher zufällig der hemmende Einfluss körperlicher Aktivität auf das Brustkrebsrisiko festgestellt. Weitere epidemiologische Untersuchungen untermauerten diese Beobachtung und man schätzt, dass durch eine regelmäßige körperliche Aktivität das Brustkrebsrisiko bis zu 40% gesenkt werden kann.
Aber auch nach einer Brustkrebserkrankung zeigen sportliche Aktivitäten ihren Benefit. Dr. Freerk Baumann erwähnte in diesem Zusammenhang eine 2005 publizierte Studie, die eine 26 bis 40%ige Reduktion der Rezidiv- und Mortalitätsraten bei körperlich aktiven Brustkrebspatientinnen ermittelte.
Quelle
Prof. Dr. Dr. Manfred Kaufmann, Frankfurt; Prof. Dr. Nadia Harbeck, München; Prof. Dr. Jürgen Dunst, Lübeck; Dr. Freerk Baumann, Köln: "Neues bei der Früherkennung und Therapie von Brustkrebs", Berlin, 20. Februar 2008.
Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.