Führen Sie Ihre Apotheke auf gesunde Weise?

Als Angehöriger eines Heilberufs beschäftigen Sie sich intensiv mit der Gesundheit Ihrer Kunden – aber wie ist es um die Gesundheit in Ihrer Apotheke bestellt, genauer: um die Gesundheit Ihrer Führung? Dass Arbeit "krank" machen kann, weil Menschen unter belastenden Arbeitssituationen leiden oder sich gar selbst ausbeuten, erleben Sie in Beratungsgesprächen mit betroffenen Patienten. Was würden Ihre Angestellten sagen, wenn man sie nach dem Klima an ihrem Arbeitsplatz befragt?

Das Klima am Arbeitsplatz beeinflusst die Leistung: Wie Sie als Inhaber oder als Filialleiter die Produktivität fördern können

Studien zur Arbeitsgesundheit unterscheiden einerseits zwischen Beeinträchtigungen, die aufgrund ungesunder Arbeitsbedingungen entstehen, z. B. Lärm, Hitze oder unzureichende Arbeitsmittel, und andererseits den Beeinträchtigungen, die Angestellte auf das Verhalten ihrer Vorgesetzten zurückführen. Für sich genommen, geht es bei vielen der im Folgenden genannten Punkte um Kleinigkeiten. Im Ganzen aber ist mit wenig Aufwand eine Menge zu erreichen, um ein gesundes Arbeitsklima zu schaffen oder zu erhalten.

Licht, Luft, Wärme, Nahrung, Sicherheit – diese menschlichen Grundbedürfnisse muss in gewissem Rahmen auch ein Arbeitsplatz erfüllen. Die Berufsgenossenschaften haben es sich zur Aufgabe gemacht, Standards zu definieren und deren Einhaltung zu kontrollieren. Dies unterstützt nicht nur die berechtigten Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern fördert auch die Arbeitsleistung und Produktivität des Unternehmens und damit auch die Interessen der Inhaber. Wie wenig selbstverständlich diese Standards jedoch sind, fällt uns auf, wenn wir z. B. mit Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern konfrontiert werden, oder wenn sich in einer hiesigen Apotheke ein Arbeitsunfall ereignet, von dem nachher alle wissen, wie man ihn hätte verhindern können …

Mehr tun als vorgeschrieben

In der Apothekenbetriebsordnung ist festgelegt, wie die verschiedenen Arbeitsplätze beschaffen sein müssen, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen; für gründliche Sicherheitsbelehrungen haftet die Apothekenleitung. Um einen gesunden Arbeitsplatz zu schaffen, können Inhaber/innen allerdings noch mehr tun als nur Vorschriften einzuhalten, z. B.:

  • Funktionierende Arbeitsmittel bereitstellen, z. B. gut schreibende Stifte und ggf. Schreibunterlagen, insbesondere an den Kassen. Wie oft endet ein Kundenkontakt mit einem Misston, weil die Unterschrift auf der EC-Kartenquittung nicht "angeht"!
  • Öffnen und schließen sämtliche Fenster, Türen, Schlösser und Schubladen fehlerfrei und quietschen nicht, auch beim Putzmittelschrank? Wie sinnlos erträgt man solche kleinen Unbequemlichkeiten doch Monate oder gar Jahre lang, statt dieses Ärgernis einfach abzustellen und reparieren zu lassen!
  • Angenehme, "gesichtsfreundliche" Beleuchtung in den untergeordneten Räumen, z. B. im WC: Jede Angestellte soll ihr Spiegelbild sympathisch finden können, so tritt sie den Kunden motivierter und selbstsicherer gegenüber. (Für Männer gilt das natürlich ebenso.)
  • Wie groß, wie bequem ist der Monitor am Bildschirmarbeitsplatz für die PKA oder für Sie selbst? Können Sie in mehrspaltigen Tabellen übersichtlich nachsehen, oder müssen Sie sich zwischen einer unangenehm kleinen Bildschirmauflösung oder lästigem Hin- und Herblättern entscheiden? (Blendfrei aufgestellt sein muss der Monitor sowieso.)

Dies sind nur einige Beispiele. Nach dem Motto "Auch Kleinvieh macht Mist" lohnt es sich, bei den Arbeitsbedingungen nach solchen kleinen Optimierungen zu suchen. Insbesondere wenn die großen Sprünge gerade nicht zu machen sind – der ersehnte Umbau, die erträumte Generalrenovierung –, ist es wichtig, nicht auch noch den bestehenden Zustand verlottern zu lassen. Solche Lieblosigkeiten schlagen aufs Arbeitsklima durch – täglich! Wieso sollten Ihre Angestellten beim Einräumen sorgsam mit den Kosmetikpackungen umgehen, wenn sie heute schon drei schlecht schließende Schranktüren zugeknallt haben?

Wegen schlechter Führung vorzeitig gekündigt …

Der am häufigsten genannte Grund, warum Angestellte von sich aus ein Arbeitsverhältnis beenden, sind permanente Unstimmigkeiten mit dem direkten Vorgesetzten – nicht etwa Unzufriedenheit mit dem Gehalt oder mit den Arbeitsaufgaben! In den meisten Apotheken sind der oder die direkte Vorgesetzte die Apotheken- oder die Filialleitung. Der Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und damit auch auf deren physische und psychische Arbeitsgesundheit liegt also ganz wesentlich bei den leitenden Apothekerinnen und Apothekern. Nun müssen wir für Apotheken hierzulande noch einen besonderen Umstand in Betracht ziehen: 82% des Apothekenpersonals sind Frauen. Bis eine unzufriedene Mitarbeiterin kündigt, muss in der Regel viel mehr passieren als bei einem männlichen Angestellten. Das liegt nicht etwa nur in der anerzogenen Friedfertigkeit oder Konfliktscheu von Frauen, sondern hat nachvollziehbare praktische Gründe:

  • Der vergleichsweise hohe Anteil an Teilzeitarbeitsplätzen bei Frauen erfordert eine aufwendige Feinabstimmung im jeweiligen Team; bei einem neuen Arbeitgeber wiederum dasselbe Stundenraster zu finden, ist schwieriger als bei einem Vollzeitarbeitsplatz.
  • Lange Anfahrten zur Apotheke werden bei Halbtagstätigkeiten noch unwirtschaftlicher, deswegen sind viele Arbeitnehmerinnen nicht so mobil; das gilt erst recht, wenn sie auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind.
  • Wenn die Frau mit ihrem Gehalt nicht die Haupternährerin ihrer Familie ist, hängt ihre Mobilität von der zweiten Einkommensquelle ab, z. B. vom Partner oder ihrer Familie.
  • Frauen in kundennahen Berufen sind in hohem Maße loyal – wenn nicht mehr zu ihrem Arbeitgeber, dann noch zu ihrer Kundschaft. Eine Kündigung an den Arbeitgeber wird wie eine Kündigung an den Kundenstamm empfunden. Wenn hier gute Beziehungen bestehen, evtl. sogar seit Jahren, fällt es einer Angestellten besonders schwer, eine unbefriedigende Zusammenarbeit mit ihrem Chef zu beenden, weil sie den Kunden die Treue halten will.

Frauen halten unter diesen Bedingungen also wesentlich länger an einer unbefriedigenden Arbeitssituation fest als viele Männer es tun würden. Solange die Unzufriedenheit unausgesprochen bleibt – weil die Arbeitnehmerin ihre Apothekenleitung nicht für einsichtsfähig hält oder ihren Arbeitsplatz nicht gefährden will – nehmen viele Führungskräfte das wachsende Problem nicht einmal wahr, und das ist diesen dann auch kaum vorzuwerfen.

Konflikte beeinträchtigen die Gesundheit

Wer auch nur im Mindesten anerkennt, dass konstante, ungelöste Anspannung zu psychosomatischen Erkrankungen führen oder bereits bestehende Erkrankungen verschlimmern kann, wird zugeben, dass eine auf Dauer unbefriedigende Arbeitssituation zu einem wesentlichen Gesundheitsrisiko werden kann.

Als Führungskraft haben Sie die Wahl, ob Sie dieses Risiko so lange ignorieren, bis der Krankenstand, die Fehlzeiten oder gar die Fluktuation in Ihrem Team ungewöhnliche Ausmaße angenommen haben, oder ob Sie bereits präventiv tätig werden – damit es gar nicht so weit kommt. Mit wenig Aufwand können Sie hier viel erreichen; alle Apothekenleiterinnen und -leiter, die derzeit keinerlei Besorgnis erregende Zeichen wahrnehmen, gewinnen mit den Fragen auf der Checkliste zusätzliche Sicherheit (wenn ein entsprechender Umgang im Team nicht sowieso bereits selbstverständlich für Sie ist).

Management Basics

Harmonische Atmosphäre bei gleichzeitig konstruktiven Auseinandersetzungen, Widerspruch und Kritik am Vorgesetzten, Angestellte getrauen sich zu fragen, gemeinsame Teamerlebnisse – wer hier "alles im grünen Bereich" hat, braucht sich um schwelende Konflikte keine Sorgen zu machen. Wer jedoch viele rote Punkte gesammelt hat, erkennt unschwer: Dieses Team kann nicht gesund arbeiten! Gelb: Möglicherweise schöpfen Sie Ihre Teamfähigkeit noch nicht voll aus. Wie belastbar die Zusammenarbeit ist, wird sich zeigen, wenn eine besonders anstrengende, außergewöhnliche Situation auftritt. Dreimal Blau oder mehr? Delegieren Sie die Fragen an Ihre Stellvertretung und an das Teammitglied, von dem Sie die ehrlichste Antwort erwarten! Aus dem anschließenden Gespräch werden Sie schlauer.

Als Führungskraft leisten Sie für eine gesunde Zusammenarbeit einen wesentlichen Beitrag, wenn Sie regelmäßig Folgendes tun:

  • Ziele setzen: Jeder Mitarbeiter soll wissen, was Sie von ihm erwarten. Wenn Sie diese Erwartungen realistisch und zeitnah miteinander abgleichen, werden Sie Ihr Team weder über- noch unterfordern.
  • Wer Ziele setzt, kann auch messen, inwieweit und mit welchem Aufwand diese erreicht wurden. Wenn es Ihnen bisher schwer gefallen ist, Ihre Angestellten angemessen zu loben – auch das ist übrigens ein "ungesunder" Führungsfehler – dann gewinnen Sie durch diese Zielsetzungs- und Feedbackgespräche eine sachorientierte Alternative.
  • Feedback einholen: In einem stark hierarchisch gegliederten Arbeitsumfeld (bei Apotheken sind das die "Ränge" der verschiedenen Berufsgruppen) getrauen sich Angestellte oft kaum, Wünsche, Vorschläge oder Kritik auszusprechen. Als Apothekenleiter brauchen Sie u. U. einige Geduld, bis Sie deutliches Feedback bekommen. Fragen Sie: "Was kann ich tun, damit Sie Ihre Arbeit noch besser erledigen können?"

Wenn Sie nur diese drei Basics einsetzen – Ziele setzen, Lob und konstruktives Feedback, Angestellte fragen (und zuhören!) – dann haben Sie bereits eine wesentliche Grundlage für eine gesunde Zusammenarbeit geschaffen. Ihre Angestellten werden es Ihnen durch produktivere Arbeit und hohe Loyalität danken..

Vera Naumann, Kommunikation & Organisation. www.vera-naumann.de
Checkliste: Wie gesund ist unsere Zusammenarbeit?
Wie würden Sie die Arbeitsatmosphäre in Ihrem Apothekenteam in den letzten vier Wochen beschreiben?
freundlich, zugewandt, harmonisch sachlich, kollegial, konzentriert distanziert, unpersönlich, rein fachlich kann ich nicht beurteilen
Wie wurden die letzten drei Auseinandersetzungen im Team ausgetragen, an die Sie sich – als Teilnehmer oder auch als Beobachter – erinnern?
engagiert, evtl. emotional, aber fair und konstruktiv sachorientiert, ohne Ansehen der Person unnötig "Porzellan zerschlagen" Wir haben keine Auseinandersetzungen.
Wann hat Ihnen zuletzt ein/e Angestellte/r widersprochen oder wann wurden Sie kritisiert?
heute oder innerhalb der letzten Wochen mindestens einen Monat her weiß nicht, evtl. sehr lange her noch nie
Wann wurden Sie zuletzt von einem Teammitglied um etwas Unerwartetes gebeten, z. B. kurzfristig Urlaub, eine andere Arbeitsverteilung oder eine persönliche Verhaltensänderung?
kommt fast täglich vor irgendwann in den letzten Wochen Unsere "Spielregeln" verhindern so etwas Unerwartetes. Mit Unerwartetem rechne ich immer!
Was tun Sie, damit sich Ihre Angestellten auch außerhalb der Arbeitszeit einmal als Team zusammenfinden?
Ich stelle ein Budget zur Verfügung, und das Team plant gemeinsam etwas. Wir gehen mindestens einmal im Jahr miteinander Essen. Ich habe es versucht, aber zu wenige wollten teilnehmen. Ich sehe das nicht als meine Aufgabe.
Damit alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen, müssen auch die Arbeitsbedingungen stimmen.
Foto: Patrizia Tilly - Fotolia

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