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- DAZ 39/2007
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Seite 3
Signale
Der Deutsche Apothekertag findet dieses Jahr in unruhigen Zeiten statt. Den Anhängern der inhabergeführten und heilberuflich orientierten öffentlichen Apotheke bläst der Wind kräftig ins Gesicht. Das deutsche Apothekenrecht scheint vor tief greifenden Änderungen zu stehen. Mehr noch: Wer sich auf die Prognosen manch meinungsstarker Zeitungen und Magazine verlässt, muss den Eindruck gewinnen, dass die Schlacht schon geschlagen ist: Kein Statement, in dem nicht über den sicheren Fall des apothekenrechtlichen Fremd- und Mehrbesitzverbotes in Deutschland (und dem Rest Europas) schwadroniert wird, kaum eine Veröffentlichung, in der nicht das hohe Lied des ungehemmten Wettbewerbs in der Arzneimittelversorgung gesungen wird. Auch zwei Oberverwaltungsgerichte im Saarland ("Hecken/DocMorris") und in Nordrhein-Westfalen ("dm") meinten sich zuletzt dem Sog des Zeitgeistes nicht entziehen zu können.
Bei Lichte betrachtet ist die Gemengelage über die Zukunft der Apotheke in Deutschland (und Europa) freilich sehr viel offener als von interessierten Kreisen suggeriert. Spätestens seit dem wenig skrupulösen Celesio/DocMorris-Deal haben Däinghaus und Konsorten ihr mediales Robin-Hood-Image verloren. Erste kritische Zwischenrufe werden laut. Und in der Tat: Wer Oesterle hört, merkt schnell, um was es dem Konzernlenker und seinen Hilfstruppen geht: Ran an die Rendite und Kohle machen. Ob es ihnen gelingt? Fest steht: In der Stuttgarter Celesio-Zentrale steigt die Nervosität – und dies offensichtlich nicht nur wegen der Kollateralschäden, die der DocMorris-Coup bei der deutschen Celesio-Tochter hinterlassen hat: Dort springen Gehe-Kunden reihenweise ab. Mehr Sorge muss Oesterle machen, dass ihm die Politik nicht so widerstandslos folgt, wie er es sich erhofft hatte – und wie es herzzerreißende Briefe aus der Stuttgarter Konzernzentrale an Kanzlerin und Bundestags-Abgeordnete, regelmäßige Politiker-Auftritte im Celesio/Gehe-Umfeld (Biggi Bender (Grüne), Volker Kauder, Günther Oettinger (CDU) ...), Norwegen-Einladungen an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages sowie vielfältige Haniel/Metro/Celesio/Gehe-Connections befürchten lassen mussten (Ex-Metro-Mann Josef Hecken ist heute Gesundheitsminister im Saarland, Haniel/Metro-in-spe-Chef Eckhard Cordes seit Juni Vize-Vorsitzender im Wirtschaftsrat der CDU …).
Noch ist nichts entschieden. Langsam scheint auch hart gesottenen Deregulierungs-Fans zu dämmern, dass es reichlich naiv ist, von oligopolistischen Strukturen eine "effektivere" und "billigere" Arzneimittelversorgung zu erwarten. Und mehr und mehr bricht sich auch die Erkenntnis Bahn, dass ein Gesundheitswesen, das stereotyp der bloßen Ökonomisierung das Wort redet, nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Die USA und Norwegen lassen grüßen.
In den nächsten Monaten geht es um viel. Ab Mitte nächsten Jahres wird das Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs zum apothekenrechtlichen Fremd- und Mehrbesitzverbot in Deutschland erwartet. Dass die Entscheidung für die Zukunft der Apotheken in Deutschland (und in Europa) weitreichende Folgen haben kann, liegt auf der Hand. Es geht um nicht weniger als die pharmazeutisch-wirtschaftliche Unabhängigkeit des Apothekerberufs. Diese Unabhängigkeit von fremden (Kapital- und Rendite-)Interessen ist ein hohes Gut, das es zu verteidigen gilt. Unsere Gegner sind stark, aber nicht übermächtig. Auch wir haben Bündnispartner: Noch im September 2006 hat sich der Deutsche Bundestag mit der überwältigenden Mehrheit der Stimmen von Union, SPD, Linken und FDP für das apothekenrechtliche Fremd- und Mehrbesitzverbot in Deutschland ausgesprochen (vgl. DAZ 2006, S. 4304). Und auch vor dem Europäischen Gerichtshof zeigt die deutsche Bundesregierung Flagge: In ihrer Stellungnahme, der sich Österreich angeschlossen hat, legt die Bundesregierung überzeugend dar, dass der Ausschluss von Kapitalgesellschaften bei der "letzten Stufe" der Arzneimittelversorgung aus Gründen des Gesundheits- und Verbraucherschutzes erforderlich ist, um die professionelle Unabhängigkeit der Apotheke zu gewährleisten, den Einfluss fachfremder Personen und sachwidriger Interessen bei der Arzneimittelversorgung zu verhindern und die Unabhängigkeit der Beratung sicherzustellen.
Nein, alleine sind wir mit unseren Argumenten nicht. Der grundsätzliche Richtungsstreit zwischen einer bloß merkantil ausgerichteten Arzneimitteldistribution einerseits und einer unabhängig-heilberuflich orientierten Arzneimittelversorgung andererseits ist beileibe noch nicht entschieden. Umso wichtiger ist es, dass der Düsseldorfer Apothekertag klare Signale an Politik und Gesellschaft, aber auch nach "innen" aussendet: Eine sichere, persönliche und ortsnahe Arzneimittelversorgung gewährleisten nur unabhängige Apotheken, die für ihre Patienten frei von Beeinflussungen und Weisungen berufsfremder Dritter tätig werden können.
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