Kind und Apotheke

Die klassischen Kinderkrankheiten

Die klassischen Kinderkrankheiten sind selten geworden, denn gegen die meisten gibt es wirksame Schutzimpfungen. Dennoch treten hin und wieder – auch in Deutschland – lokale Epidemien auf. Fast immer sind es Virusinfektionen, seltener bakterielle Infektionen. Obwohl der Begriff Kinderkrankheit harmlos klingt, können eine Reihe dieser Erkrankungen mit ernsthaften Komplikationen einhergehen. Der dritte Teil unserer Serie "Das Kind in der Apotheke" stellt die Symptome der klassischen Kinderkrankheiten vor, informiert über die Therapiemöglichkeiten und gibt Tipps für die Beratung besorgter Eltern.

Zu den klassischen Kinderkrankheiten zählt man in Mitteleuropa in erster Linie Keuchhusten, Masern, Mumps, Röteln, Scharlach und Windpocken, darüber hinaus auch Diphtherie, Dreitagefieber und die Ringelröteln. Die gefürchtete Kinderlähmung, an der in Deutschland im Jahre 1952 immerhin noch etwa 10.000 Menschen erkrankten, fehlt in dieser Aufzählung, da Europa 2002 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für poliofrei erklärt wurde.

Da im Zeitalter der Globalisierung das Risiko besteht, dass der Erreger leicht aus nicht-polio-freien Ländern (vor allem Asiens und Afrikas) eingeschleppt wird, kann auf die Polioimpfung noch nicht verzichtet werden.

Gemeinsam ist den klassischen Kinderkrankheiten, dass die Erreger (Bakterien oder Viren, siehe Tabelle) so weit verbreitet sind, dass eine Ansteckung in den meisten Fällen bereits in den ersten fünf Lebensjahren erfolgt. Aber auch Erwachsene können betroffen sein. Bei ihnen und vor allem schwangeren oder immungeschwächten Personen können die Erkrankungen weitaus schwerer verlaufen als im Kindesalter oder mit zusätzlichen Komplikationen verbunden sein.

Nach einer Inkubationszeit von wenigen Stunden bis sechs Tagen tritt bei der Diphtherie ein allgemeines Krankheitsgefühl mit Fieber, Hals-, Bauch- und Gliederschmerzen auf. Am häufigsten ist die Rachendiphtherie mit hochroter Entzündung, dicken grau-weißlichen Belägen auf den Tonsillen, faulig-süßlichem Mundgeruch und "kloßiger" Sprache. Auch in Hautläsionen (z. B. Hautrissen, Verbrennungen) kann sich der Erreger leicht vermehren. Es sind leichte und schwere Verläufe möglich. Beim Auftreten von Ödemen im Bereich der Luftröhre und des Kehlkopfes besteht die Gefahr lebensbedrohlicher Atemnot. Nach dem Übertritt des Diphtherie-Toxins ins Blut kann es zu toxischen Verläufen der Erkrankung kommen (z. B. Herzmuskelentzündung, Lähmungen, Leber- und Nierenfunktionsstörungen).

Bei fehlender Impfung oder unklarem Impfstatus wird bereits bei Verdacht Diphtherie-Antitoxin verabreicht, da das Toxin des Bakteriums nur neutralisiert werden kann, wenn es noch nicht an Zellen gebunden ist. Die Gabe von Antibiotika (Penicillin, Erythromycin) vermindert die Toxinbildung und verkürzt die Infektiosität. Die Behandlung erfolgt stationär, da im Verlauf der Erkrankung eine Intubation oder Tracheotomie notwendig werden kann.

In Kriegs- und Krisenzeiten forderte diese Erkrankung Tausende Todesopfer; in den vergangenen Jahren wurden in Deutschland jedoch nur noch Einzelfälle gemeldet. Gelegentlich kommt es aufgrund von Impflücken zum Ausbruch lokaler Epidemien (z. B. in Osteuropa).

Dreitagefieber Exanthema subitum

Das Dreitagefieber (auch als Dreitageexanthem oder Roseola infantum bezeichnet) tritt meist noch vor Vollendung des ersten Lebensjahres auf. Nach einer Inkubationszeit von fünf bis 15 Tagen kommt es zum plötzlichen, schnellen Anstieg der Körpertemperatur (39,5 bis 40,5°C), der auch von Fieberkrämpfen begleitet sein kann. Gelegentlich treten Kopf- und Bauchschmerzen oder eine starke Unruhe (besonders in den ersten 12 bis 24 Stunden) auf. Nach drei bis vier Tagen – daher der Name der Erkrankung – fällt das Fieber rasch ab. Am Körper und den Extremitäten breitet sich ein kleinfleckiger, Röteln-ähnlicher Ausschlag aus, der nach ein bis zwei Tagen wieder verschwindet. Die Krankheit hinterlässt eine lebenslange Immunität.

Die Therapie besteht im Wesentlichen aus fiebersenkenden und beruhigenden Maßnahmen sowie ausreichender Flüssigkeitszufuhr. Bei Fieberkrämpfen können Antikonvulsiva (z. B. Diazepam) verabreicht werden. Bei Kindern mit Immunschwäche sind Komplikationen wie z. B. Hepatitis, Pneumonie oder Retinitis möglich; in diesen Fällen ist eine antivirale Therapie (z. B. mit Ganciclovir) notwendig. Eine Schutzimpfung gibt es nicht, die Erkrankung gilt jedoch als relativ harmlos und verläuft oft unbemerkt.

Keuchhusten

Verantwortlich für die Symptome dieser langwierigen, für Neugeborene und Säuglinge auch lebensgefährlichen Kinderkrankheit sind vom Erreger gebildete Toxine, die die Mucosa der Atemwegsschleimhäute lokal zerstören. Nach einer Inkubationszeit von sieben bis 14 Tagen verläuft die Erkrankung über mehrere Wochen in drei Stadien:

  • Stadium catarrhale (Woche 1 bis 2): uncharakteristischer Husten, Schnupfen, subfebrile Temperaturen, Konjunktivitis
  • Stadium convulsivum (Woche 4 bis 6): typische (mit Keuchen), staccatoartige Hustenanfälle (8 bis 50 täglich), Auswurf von zähem, glasigen Schleim bis zum Erbrechen
  • Stadium decrementi (Woche 6 bis 10): allmähliches Abklingen der Hustenanfälle.

Eine Ansteckungsgefahr besteht vom Auftreten des ersten Hustens an über fünf bis sechs Wochen. Die wichtigsten Komplikationen sind Pneumonie, Otitis media, Krampfanfälle und Enzephalopathien.

Säuglinge mit Keuchhusten müssen stationär behandelt werden, da sie wegen möglicher lebensbedrohlicher Apnoen besonders gefährdet sind. Es werden Antibiotika, Salbutamol und Hydrocortison eingesetzt. Durch eine Antibiotikatherapie (erste Wahl Erythromycin, zweite Wahl Cotrimoxazol) im katarrhalischen Stadium können die Erkrankung verkürzt und pulmonale Komplikationen verhindert werden. Innerhalb von fünf Tagen nach Kontakt mit einem Infizierten lässt sich der Ausbruch durch eine 14-tägige Erythromycin-Therapie verhindern (Chemoprophylaxe). Nach der Schutzimpfung bzw. nach durchgemachter Erkrankung besteht eine jahrelange (ca. 10 bis 20 Jahre), jedoch nicht lebenslange Immunität. Es ist daher möglich, dass mit abnehmender Immunität im Alter eine Neuerkrankung auftritt (z. B. Erkrankung der Großeltern nach Ansteckung beim Enkel).

Masern

Die Masern sind hoch ansteckend; die Übertragung der Viren erfolgt durch Tröpfcheninfektion oder direkten Kontakt mit infizierten Sekreten. Das Virus befällt bevorzugt Zellen des Immun- und Nervensystems. Dabei entstehen unter anderem Riesenzellen, die im Frühstadium der Erkrankung bereits im Nasensekret nachweisbar sind. Nach einer Inkubationszeit von acht bis zwölf Tagen verläuft die Erkrankung in zwei Stadien:

  • dem katarrhalischen Vorstadium (vier bis fünf Tage) und
  • dem exanthemischen Hauptstadium.

Zu den Symptomen des ersten Stadiums zählen Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Kopf- und Bauchschmerzen, aufgedunsenes Gesicht, ausgeprägte Lichtscheu, verstärkter Tränenfluss, trockener, bellender Husten, Schnupfen, Fieber um 39°C. Charakteristisch sind weiße Beläge an der Mundschleimhaut (Koplik-Flecken). Am vierten Erkrankungstag tritt ein groß fleckiger, leicht erhabener, teilweise konfluierender (zusammenfließender) Ausschlag auf, der sich innerhalb von drei Tagen hinter den Ohren beginnend, abwärts über Körper und Extremitäten zu den Füßen hin ausbreitet. Die Erkrankung ist durch einen zweigipfligen Verlauf der Fieberkurve gekennzeichnet. Der erste Gipfel tritt während des Vorstadiums, der zweite zu Beginn des Exanthemstadiums auf. Nach dem vierten Exanthemtag kommt es normalerweise zur Entfieberung. Eine Ansteckungsgefahr besteht einige Tage vor Auftreten des Ausschlages bis einschließlich zum vierten Exanthemtag.

Die während einer Masernerkrankung möglichen Komplikationen lassen sich einteilen in:

  • Komplikationen aufgrund einer bakteriellen Superinfektion und
  • durch das Masernvirus verursachte Komplikationen.

Die bakteriellen Superinfektionen sind durch die relativ lang andauernde Immunschwäche bedingt. Es können z. B. Zahnfleisch-Infektionen (Stomatitis ulcerosa), Otitis media, Pneumonie oder Keratitis auftreten, die mit Antibiotika behandelt werden.

Bei den durch das Virus verursachten Komplikationen sind vor allem die akute potinfektiöse Masernenzephalitis mit einer Letalität von etwa 10 Prozent und die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) gefürchtet. Letztere wird auf eine Infektion mit einem modifizierten Masernvirus zurückgeführt und beginnt erst fünf bis zehn Jahre nach der Erkrankung. Sie tritt zwar relativ selten auf (ca. sieben bis elf Fälle pro 100.000 Erkrankte), endet jedoch immer tödlich.

Bei einer Masernerkrankung stehen unterstützende Maßnahmen und Bettruhe im Vordergrund. Bei einer Infektion der Bindehaut des Auges, die mit Lichtscheu einhergeht, sollten die Patienten in abgedunkelten Räumen untergebracht werden. Säuglinge sind während der ersten fünf Lebensmonate bei immunen Müttern durch diaplazentare Antikörper geschützt. Die wichtigste prophylaktische Maßnahme ist die Schutzimpfung.

In den Jahren 2005 und 2006 kam es in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen zu Masernausbrüchen mit Hunderten von Erkrankten. In Baden-Württemberg waren überwiegend Kleinkinder und jüngere Schulkinder (keines von ihnen war geimpft), in Nordrhein-Westfalen darüber hinaus auch Jugendliche und Erwachsene betroffen.

Mumps

Mumps (Parotitis epidemica, "Ziegenpeter") ist eine hoch ansteckende (vor allem durch Tröpfcheninfektion, direkten Schleimhautkontakt) Erkrankung mit schmerzhafter Ohrspeicheldrüsen-Schwellung als Hauptsymptom. Nach einer Inkubationszeit zwischen 12 und 25 Tagen tritt neben allgemeinen Krankheitssymptomen (Übelkeit, Kopf-, Hals- und Ohrenschmerzen, Fieber) eine schmerzhafte und meist einseitige Entzündung der Ohrspeicheldrüsen auf. Sie ist erkennbar an den typischen "Hamsterbacken" und abstehenden bzw. angehobenen Ohrläppchen und bildet sich nach vier bis sieben Tagen zurück. Das Öffnen des Mundes, Kauen und Schlucken sind sehr schmerzhaft. Ansteckungsgefahr besteht etwa eine Woche vor und neun Tage nach Auftreten der Schwellung.

Komplikationen können durch den Befall anderer Organe oder Drüsen entstehen. Am häufigsten treten Hirnhautentzündung (Mumpsmeningitis), Schädigung des Hörnervs, bei Jungen Hodenentzündung (Mumpsorchitis) mit möglicher Unfruchtbarkeit, bei Mädchen Eierstockentzündung auf. Ist die Bauchspeicheldrüse betroffen (Mumpspankreatitis) kommt es zu starken Bauchschmerzen und einem fettreichen Stuhlgang ("Butterstuhl").

Die Behandlung erfolgt meist nur symptomatisch, z. B. durch fiebersenkende Maßnahmen (siehe Kasten), nur bei Komplikationen wird ggf. eine Kortikoid-Therapie durchgeführt. Eine aktive Immunisierung ist möglich; bei mütterlicher Immunität sind Säuglinge während der ersten sechs Monate geschützt. Wegen der Möglichkeit von Hörschäden sollte nach der Erkrankung eine Hörprüfung erfolgen.

Ringelröteln Erythema infectiosum

Bei Ringelröteln treten neben einem hellroten Exanthem an den Wangen ein ring- und girlandenförmiger Ausschlag am Körper und den Extremitäten auf, dem die Erkrankung ihren Namen verdankt. Sie ist – außer für Menschen mit geschwächter Immunabwehr und Schwangere – harmlos, häufig verläuft sie unbemerkt. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion, die Inkubationszeit liegt zwischen vier und 14 Tagen. Der Ausschlag verschlimmert sich evtl. durch Sonnenbestrahlung, Hitze und körperliche Belastung. Nach Erscheinen des Exanthems besteht keine Ansteckungsgefahr mehr. Es können Grippe-ähnliche Symptome, subfebrile Temperaturen und Juckreiz auftreten, die Haut ist sehr trocken. Bei Mädchen und Frauen kann es zu Gelenkbeschwerden, vor allem in den Handgelenken, Knien oder Knöcheln kommen, die noch über Wochen andauern können, jedoch keine Spätfolgen haben. Eine Therapie ist in der Regel nicht notwendig, bei Juckreiz können Lotionen (Lotio alba aquosa, Tannosynt® Lotio) empfohlen werden.

Infiziert sich eine Schwangere mit dem Ringelröteln-Virus, kommt es in etwa einem Drittel der Fälle zur Übertragung auf den Fetus. Eine mögliche, auch tödlich verlaufende, Komplikation ist eine fetale Anämie, die einen sogenannten Hydrops fetalis (Flüssigkeitsansammlung in Körperhöhlen und Weichteilen) zur Folge hat. Am risikoreichsten ist eine Infektion zwischen der 13. und 20. Schwangerschaftswoche. Da das Virus fetale Myokardzellen befallen kann, sind beim ungeborenen Kind auch kardiale Komplikationen möglich. Schwangere, die Kontakt zu Kindern mit Ringelröteln hatten, sollte ihren Arzt aufsuchen. Ob eine Infektion stattgefunden hat, kann durch den Nachweis von IgG- oder IgM-Antikörpern festgestellt werden.

Röteln: Auch bei Erwachsenen häufig

Nach einer Inkubationszeit von zwei bis drei Wochen treten im Anfangsstadium der Röteln zunächst Symptome wie schmerzhafte Lymphknoten, vergrößerte Milz, Kopfschmerzen und leichtes Fieber auf. Das zweite Krankheitsstadium ist durch den typischen Ausschlag (kleine, rote erhabene Knötchen) gekennzeichnet, der im Gesicht beginnt und sich rasch über den ganzen Körper ausbreitet. Der Ausschlag verschwindet nach ein bis drei Tagen, eine Ansteckungsgefahr besteht sieben Tage vor und ca. zehn Tage nach seinem Erscheinen. Infiziert sich eine nicht immune Schwangere in der zweiten bis sechsten Schwangerschaftswoche, kann es zu schweren Missbildungen des Feten an Herz, Gehirn, Auge und Ohr kommen (Rötelnembryopathie).

Wegen ihres unkomplizierten Verlaufs ist eine spezielle Behandlung an Röteln erkrankter Kinder meist nicht notwendig. Zur Prävention der Rötelnembryopathie sollten alle Mädchen vor Erreichen des Fortpflanzungsalters geimpft sein.

Scharlach: Ansteckende bakterielle Erkrankung

Beim Scharlach treten nach einer Inkubationszeit von zwei bis fünf Tagen zunächst unspezifische Symptome wie Fieber, Halsschmerzen, vergrößerte Halslymphknoten, Beläge auf der Zunge und eventuell Erbrechen auf. Nach ein bis zwei Tagen erscheint ein typisches, kleinfleckiges Exanthem an Rumpf und Extremitäten, die Haut fühlt sich samtartig an. Das Gesicht ist – mit Ausnahme einer perioralen Blässe (auch als "Nasen-Kinn-Dreieck" oder "Milchbart" bezeichnet) – gerötet, die Zunge charakteristisch glänzend-rot gefärbt ("Himbeerzunge"), wobei die Geschmacksknospen (Papillen) hervorstehen. Der Hautausschlag verschwindet nach drei bis fünf Tagen. In der zweiten bis vierten Krankheitswoche findet am ganzen Körper eine Hautschuppung statt, die ggf. auch länger andauern kann. Ansteckungsgefahr besteht vom ersten Krankheitszeichen an bis 24 Stunden nach Beginn der Antibiotikabehandlung, ohne Antibiotika bis zu vier Wochen.

Da bei Streptokokken-Infektionen Komplikationen und Folgeerkrankungen, vor allem an Herz, Nieren oder Gelenken (Poststreptokokken-Glomerulonephritis, rheumatisches Fieber, rheumatische Karditis) auftreten können, ist eine antibiotische Therapie mit oralem Penicillin (erste Wahl) oder Cephalosporinen (zweite Wahl) über zehn Tage angezeigt. Die Eltern sollten darauf hingewiesen werden, dass das Antibiotikum wie verordnet über den gesamten Zeitraum – auch wenn sich das Kind schon viel besser fühlt – eingenommen werden muss, um das Risiko für Komplikationen gering zu halten. Weitere Maßnahmen sind reichliche Flüssigkeitszufuhr, leicht schluckbare Nahrung und Schonung. Gegen die Halsbeschwerden können Salbei-Tee oder -bonbons empfohlen werden. Kinder können mehrfach an Scharlach erkranken, da es mehrere Typen von Scharlach-erregenden Streptokokken gibt und sich die Immunität immer nur gegen einen Vertreter richtet.

Windpocken (Varizellen)

Die Erkrankung ist, wie schon der Name sagt, hoch ansteckend. Sie ist charakterisiert durch das typische, zum Teil stark juckende Exanthem an Kopf, Rumpf und den Schleimhäuten (Mundhöhle, Bindehaut des Auges, Genitalbereich), seltener an den Extremitäten. Zunächst bilden sich rote Flecken, die sich rasch in Bläschen und Pusteln umwandeln, sie trocknen schließlich ein und verkrusten. Die Inkubationszeit beträgt zwölf bis 28 Tage, eine Ansteckungsgefahr besteht ein bis zwei Tage vor und zwei bis sieben Tage nach Auftreten des Ausschlages bis zum Eintrocknen der Bläschen.

Der Erreger, das Varizella-zoster-Virus, persistiert in Ganglienzellen des Rückenmarks und kann zu einem späteren Zeitpunkt (meist im Erwachsenenalter) reaktiviert werden und eine Gürtelrose (Herpes zoster) hervorrufen. Infiziert sich eine Schwangere bis zur 20. Schwangerschaftswoche, kann dies zu schweren Fehlbildungen beim Kind führen. Eine Infektion von Neugeborenen (durch Erkrankung der Mutter um den Geburtstermin) kann lebensbedrohlich sein.

Die Therapie erfolgt symptomatisch, wobei die Behandlung des Juckreizes in Vordergrund steht. Dies kann lokal (Zinkoxid, Lidocain) oder oral (z. B. Dimetinden) erfolgen. Bei schwerem Verlauf, immundefizienten Patienten und Neugeborenen wird eine systemische antivirale Therapie (Aciclovir) durchgeführt. Während die Varizellen-Impfung früher nur für Risikogruppen empfohlen war, ist sie seit 2004 eine Standardimpfung im STIKO-Impfkalender.

Quelle

Bruhn, C.; Frey, O.; Wagner, R.: Das Kind in der Apotheke. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart (2006).

Anschrift der Verfasserin:

Dr. Claudia Bruhn

Ahornstr. 8

12163 Berlin
Serie Kind und Apotheke
Teil 1: Sichere Arzneimittel für Kinder.
Teil 2: Arzneiformen richtig anwenden.

Die "Hamsterbacke" schonen

  • wegen der Schmerzen beim Kauen und Schlucken nur flüssige oder weiche Nahrung anbieten
  • Kind viel trinken lassen, bevorzugt säurearme Getränke (z. B. Tee, stilles Wasser), um die Speicheldrüsen nicht zusätzlich anzuregen
  • bei hohem Fieber Wadenwickel oder Paracetamol-Zäpfchen verabreichen
Fallbeispiel: Ansteckungsgefahr
bei Ringelröteln
Fallbeschreibung: In einem Kindergarten ist eine Ringelröteln-Epidemie ausgebrochen. Eine Erzieherin fragt in der Apotheke an, ob sie durch ihre Rötelnimpfung vor dem Erreger geschützt ist.
Problem: In den späten Winter- und den Frühjahrsmonaten treten häufig kleine Ringelröteln-Epidemien in Kindergärten, Schulen oder anderen Gemeinschaftseinrichtungen auf. Für das Personal ist das Risiko einer Infektion an der Arbeitsstätte wegen des intensiven Kontakts etwa fünfmal höher als in der übrigen Bevölkerung. Da die Ansteckungsgefahr nur im Zeitraum vor Auftreten des Exanthems und somit in der Regel vor Erkennen der Krankheit besteht, ist ein zeitgemäßes Fernbleiben aus Schule und Kindergarten nicht praktizierbar und auch nicht üblich.
Beratung: Röteln und Ringelröteln haben zwei völlig verschiedene Erreger: Ringelröteln werden durch das humane Parvovirus B19 (DNA-Virus) verursacht, beim Rötelnerreger dagegen handelt es sich um ein RNA-Virus (Rubeola-Virus). Eine Impfung gegen Röteln bietet somit keinen Impfschutz gegen Ringelröteln, ein Impfstoff gegen Ringelröteln steht derzeit nicht zur Verfügung.

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