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Schwerpunkt Darmkrebs
Kolorektalkarzinom: Früherkennung muss ausgebaut werden
Das Kolorektalkarzinom ist in Deutschland für Männer und Frauen sowohl die zweithäufigste Krebserkrankung als auch die zweithäufigste Krebstodesursache. Ab dem 50. Lebensjahr verdoppeln sich Inzidenz und Mortalität mit jeder Lebensdekade.
Vorsorge zu wenig genutzt
In Deutschland übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung schon seit langem Früherkennungsmaßnahmen für Darmkrebs, die aber bisher leider nur von einem Bruchteil der Berechtigten tatsächlich in Anspruch genommen werden. So ist bereits seit 1977 ab dem 45. Lebensjahr der jährliche Okkultblut-Test (siehe Kasten), der im Stuhl verborgenes Blut detektiert, Bestandteil des Krebs-Früherkennungsprogramms.
Mittlerweile sind zahlreiche analoge Testverfahren entwickelt worden, wie z. B. ein Test mit monoklonalen Antikörpern gegen humanes Hämoglobin oder eine Methode auf Basis eines immunologischen Albumin-Nachweises. Bisherige Studien zeigten jedoch noch keine Überlegenheit dieser neuen Methoden gegenüber dem herkömmlichen Okkultblut-Test.
Angst vor schmerzhafter Koloskopie
Eine weitere Früherkennungsmaßnahme ist die Vorsorge-Koloskopie (Darmspiegelung). Sie bietet den Vorteil, dass dabei adenomatöse Polypen und Frühkarzinome nicht nur erkannt, sondern gleichzeitig auch abgetragen werden können. Seit Oktober 2002 wird die Untersuchung für Versicherte ab dem 55. Lebensjahr alle zehn Jahre von der Krankenkasse übernommen. Nach ersten Auswertungen nahmen im Jahre 2003 jedoch nur 2,4% der berechtigten Frauen und 2% der berechtigten Männer diese Möglichkeit wahr.
Sowohl Studien aus Amerika als auch aus Europa haben gezeigt, dass durch die Entfernung der Polypen im Rahmen der Koloskopie die Inzidenz des Kolorektalkarzinoms signifikant gesenkt werden kann.
Die Untersuchung findet wahrscheinlich hauptsächlich deswegen eine so geringe Akzeptanz, weil die Vorbereitung und Durchführung als unangenehm und schmerzhaft gilt. Auf einer Veranstaltung der Gastro-Liga e.V. (siehe Kasten rechte Seite) in Berlin wiesen Experten darauf hin, dass es dringend nötig sei, die Methode von ihrem schlechten Ruf zu befreien. Dies könnte beispielsweise durch verbesserte Sedierung vor der Untersuchung sowie eine entsprechende Aufklärung und Motivation des Patienten durch den Arzt, aber auch in der Apotheke, erfolgen.
Virtuelle Koloskopie als ergänzendes Screeningverfahren
Neben der konventionellen Darmspiegelung (auch als Videokoloskopie bezeichnet) existiert eine Computertomographie-Methode, die so genannte "Virtuelle Koloskopie" (siehe Kasten vorige Seite). Hinsichtlich der Sensitivität der Methode im Vergleich zur herkömmlichen Koloskopie ist die Studienlage noch widersprüchlich. Die klinischen Ergebnisse hängen in hohem Maße von der technischen Qualität der Geräte und der Erfahrung des untersuchenden Arztes ab. Die virtuelle Koloskopie gilt daher als Methode der zweiten Wahl und wird angewendet, wenn eine herkömmliche Darmspiegelung nicht erfolgreich zu Ende geführt werden konnte oder wegen hoher Blutungsneigung des Darmes oder vorhandenen Narben nicht angewendet werden kann.
Bei der konventionellen Koloskopie ("Umschau im Darm") wird ein biegsames Endoskop mit einer Dicke zwischen 10 und 15 mm und einer Länge von 1,5 m durch den After eingeführt. Neben dem optischen System besitzt das Koloskop eine Spül- und Absaugvorrichtung und einen Arbeitskanal, über den chirurgische Instrumente, z. B. zur Entfernung von Polypen, eingeführt werden können.
Bei der virtuellen Koloskopie wird der Bauchraum des Patienten in einem Tomographen (Mehrschicht-Spiral Computertomograph) mittels Röntgenstrahlung durchleuchtet. Während der Untersuchung muss der Patient für ca. 20 Sekunden den Atem anhalten. Die dabei gewonnenen "Schichtbilder" des Darmes werden anschließend mittels Computer zu einem dreidimensionalen Datensatz zusammengefügt, sodass ein virtueller "Flug" durch den Darm des Patienten simuliert werden kann.
Bei beiden Verfahren muss der Darm sauber, sein, das heißt es müssen zuvor Abführmittel eingenommen werden. Neu ist die so genannte "elektronische Darmreinigung", die jedoch noch kein Standard ist. Dabei wird zusätzlich zum Abführmittel ein Kontrastmittel oral verabreicht, der noch verbliebene Stuhl durchmischt sich damit und ist deutlich erkennbar. Mittels spezieller Software kann er dann aus den Aufnahmen entfernt werden.
Der Test nutzt die Tatsache, dass kolorektale Karzinome häufiger bluten als die normale Darmmukosa. Der Testbrief ist mit Guajakonsäure-haltigem Guajak-Harz getränkt. Auf einer Seite trägt der Patient die Stuhlprobe auf und verschließt den Testbrief. Der Arzt öffnet die andere Seite und träufelt Wasserstoffperoxid auf das Testpapier. Hämoglobin katalysiert als Pseudoperoxidase die Umwandlung der Guajakonsäure in hochkonjugiertes Chinon, es kommt zum Farbumschlag. In Studien lag die Sensitivität des Verfahrens zwischen 46 und 92%.
Das Ergebnis kann durch Nahrungsmittel oder Blutungen anderer Ursache verfälscht werden. Falsch positive Ergebnisse entstehen z. B.
- durch gastrointestinale Blutungen durch Arzneimittel, z. B. ASS
- nach Verzehr von rohem Fleisch oder Blutwurst
- nach Verzehr Peroxidase-haltiger Gemüse, z. B. Rettich, Meerrettich, Brokkoli, Blumenkohl, Bananen, Kirschen
Falsch negative Ergebnisse entstehen z. B. durch Vitamin-C-reiche Nahrungsmittel.
Nahrungsmittel, die das Testergebnis verfälschen könnten, sollten daher drei Tage vor dem Test gemieden werden. Bei positivem Testergebnis ist eine Koloskopie zur weiteren Abklärung angezeigt.
Hinweise für die Patienten vor einer Koloskopie
- Die Patienten müssen die Darmreinigung exakt durchführen, denn nur bei einem sauberen Darm ist eine uneingeschränkte Beurteilung der Schleimhaut möglich.
- 24 Stunden vor dem Termin darf keine blähende oder schwer verdauliche Nahrung mehr aufgenommen werden.
- Das Protokoll zur Anwendung der Abführmittel muss genau befolgt werden.
- Ab Beginn des Abführens darf der Patient nur noch Getränke wie Tee oder Wasser, keinen Kaffee, Fruchtsäfte oder Milch zu sich nehmen.
"Die moderne Medizin darf nicht mehr darauf warten, dass die Menschen krank werden." Prof. Dr. Detlev Ganten
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