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Arzneiporträt
T. Wegener, M. TschaikinPflanzliche Sedativakombinat
Seit Jahrzehnten bewähren sich pflanzliche Arzneimittel bei Ein- und Durchschlafstörungen sowie bei Nervosität und Unruhezuständen. Sie gelten als eine Alternative zu synthetischen Arzneistoffen bei leichten bis mittelstarken Beschwerden. Eine ausreichende, vom Patienten spürbare Wirkung tritt im Allgemeinen nach ein paar Tagen der Einnahme ein. Die sanftere Anflutung der Wirksamkeit geht einher mit einem deutlich besseren Verträglichkeitsprofil. Dies sollte bei einer Gesamtbewertung von Nutzen und Risiko berücksichtigt werden - und dass diese oftmals zugunsten der Phytopharmaka getroffen wird, zeigt sich in der Häufigkeit der ärztlichen Empfehlungen und in der Selbstmedikation.
Das Wissen um die zentralen Wirkungen der pflanzlichen Arzneistoffe fußt auf zahlreichen experimentellen Studien; die praktische Erfahrung der Therapie von Patienten ist dokumentiert durch viele Studien, überwiegend bei Erwachsenen [1].
Wegen des positiven Nutzen/Risiko-Profils werden pflanzliche Sedativa jedoch gerade auch sehr häufig bei Kindern eingesetzt. Hierzu liegen jedoch bisher nur wenige Daten vor. Eine kürzlich abgeschlossene multizentrische Anwendungsbeobachtung kann nun mit aktuellen Daten zu Wirksamkeit und Verträglichkeit dieses Präparats bei Kindern zwischen 3 und 12 Jahren aufwarten.
Im August 2005 hat die zentrale europäische Zulassungsbehörde (EMEA) eine Draft-Leitlinie bezüglich der Durchführung von Pharmakovigilanzstudien für Arzneimittel, die bei Kindern angewandt werden, veröffentlicht ("Guideline on Conduct of Pharmacovigilance for Medicines used by the Paediatric Population"), die sich an die Arzneimittelhersteller und die Behörden richtet [2]. Dies ist die erste Leitlinie, die sich ausschließlich auf die Sicherheit von Arzneimitteln bei Kindern bezieht. Sie weist u. a. auf die Notwendigkeit von Studien zum Beleg der Verträglichkeit bei Kindern hin.
Methode
Insgesamt 35 Ärzte (Pädiater und Allgemeinärzte) nahmen an dieser Beobachtungsstudie teil und dokumentierten die Therapie mit Kytta-Sedativum Dragees bei Kindern zwischen 3 und 12 Jahren mit Unruhezuständen und nervös bedingten Einschlafstörungen. Bei der Aufnahmeuntersuchung wurden die demographischen und anamnestischen Daten sowie die Aufnahmeindikation(en) erfasst. Die Anwendung erfolgte gemäß ärztlicher Verordnung.
Die Bewertung der Wirksamkeit erfolgte durch den Vergleich der initial und abschließend von den Ärzten als auch von den Kindern bzw. deren Eltern dokumentierten Intensität typischer Symptome. Die Bewertung der Verträglichkeit erfolgte anhand der Dokumentation aller während der Therapie aufgetretenen unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Zudem wurde bei der Abschlussvisite eine globale Bewertung der Verträglichkeit und Wirksamkeit sowie der Akzeptanz und Praktikabilität der Einnahme bzw. der Medikation durch die Ärzte und Patienten bzw. deren Eltern vorgenommen. Die biometrische Auswertung war diesem Studientyp entsprechend deskriptiv.
Die Empfehlungen der Zulassungsbehörde BfArM [3] und der Gesellschaft für Phytotherapie [4, 5] wurden bei Planung, Durchführung und Auswertung dieser Studie berücksichtigt. Gemäß der regulatorischen Vorgaben wurde die Durchführung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), den Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem BfArM angezeigt.
Ergebnisse
Demographische und anamnestische Daten. Insgesamt wurden die Daten von 172 Mädchen und 152 Jungen ausgewertet. Das mittlere Alter der Kinder betrug 7,7 Jahre; mit einem Anteil 5,6% bis zu 15,4% bezogen auf das Gesamtkollektiv in den einzelnen Jahrgangsstufen, die Verteilung war damit als gleichmäßig zu betrachten. Im Mittel waren die Kinder 128,1 (79 - 189) cm groß und 29,8 (10 - 73) kg schwer.
Als Aufnahmeindikation wurden "Unruhezustände" für 70 Kinder, "nervös bedingte Einschlafstörungen" für 152 Kinder und beide Indikationen für 100 Kinder angegeben. Andere Indikationen (z. B. Stress, Angstzustände, Konzentrationsstörungen) wurden für 33 Kinder dokumentiert. In der Mehrzahl (52%) betrug die Vorerkrankungsdauer bis zu 4 Wochen, bei 35 % der Kinder bis zu 8 Wochen.
In 25 Fällen wurde eine medikamentöse und in 20 Fällen eine nicht-medikamentöse Vorbehandlung angegeben, wobei keine auffälligen Häufungen bestimmter Vorbehandlungen zu erkennen waren. Bei nur 15,7 % der Kinder lagen Begleiterkrankungen und bei 10,5 % medikamentöse und nicht-medikamentöse Begleittherapien vor (keine auffälligen Häufungen).
Zur Wirksamkeit. Bei allen durch die Kinder bzw. deren Eltern erfassten 13 Symptomen (Allgemeine Unruhe, Anspannungsgefühl, Nervosität, Reizbarkeit, Konzentrationsstörungen, Angstzustände, Niedergeschlagenheit, schnelle Überforderung bei Stress, Einschlafstörungen [lange Einschlafdauer], Durchschlafstörungen [öfteres Aufwachen], Unruhiger Schlaf, unausgeglichen und dösig am Tage, und beeinträchtigter Allgemeinzustand), die mit einem fünfstufigen Scores bewertetet wurden, zeigte sich im Vergleich zum Aufnahmebefund eine deutliche Verbesserung (Tabelle 1). Wurde zu Beginn ein Mittelwert aller 13 Symptome (Range von 0 bis 52 Scorepunkten) von 25,2 berechnet, lag dieser abschließend bei 10,8, entsprechend einer Reduktion um 57%.
Auffällig, da besonders deutlich, waren die Verbesserungen der auf die Schlafstörungen bezogenen Symptome. Bei der deutlich überwiegenden Mehrzahl der Kinder, bei denen solche Symptome vorlagen, zeigten sich deutliche Verbesserungen. Einschlafstörungen (lange Einschlafdauer) verbesserten sich bei 90,7% der Kinder, unruhiger Schlaf bei 88,1% und Durchschlafstörungen bei 84,9%.
Im Mittel besserte sich die Intensität dieser Beschwerden um etwa zwei Drittel: "Unruhiger Schlaf" (n = 293) wurde um 65%, "Durchschlafstörungen (öfteres Aufwachen)" (n = 279) um 63%, und "Einschlafstörungen (lange Einschlafdauer)" (n = 300) um 60% verbessert (Abbildung 1). Beachtenswert ist zudem, dass anfänglich eine mehr als mittlere Beschwerdeintensität dieser Symptome vorlag. Die Verbesserung darf daher als relevant betrachtet werden.
Auch für weitere Symptome, die in einem direkten Zusammenhang mit einer schlechten Schlafqualität stehen bzw. stehen können, ergaben sich deutliche Verbesserungen bei der Mehrzahl der Kinder (z. B. Nervosität um 87,7% und Reizbarkeit um 86,2%). Letztendlich wurde auch der "beeinträchtigte Allgemeinzustand" bei einem sehr großen Anteil der Kinder (88,1%) als "verbessert" bewertet.
Die Ärzte erstellten ihren Befund anhand der Bewertung der klinischen Symptome allgemeine Unruhe, Konzentrationsstörungen, Niedergeschlagenheit, auffällige Müdigkeit, und beeinträchtigter Allgemeinzustand. Bei der Abschlussuntersuchung zeigte sich eine deutliche Verbesserung gegenüber den Aufnahmebefunden (Abbildung 2). Am stärksten wurden die Symptome "auffällige Müdigkeit" mit 63% und "beeinträchtigter Allgemeinzustand" mit 60% verbessert. Für den Summenscore aus diesen fünf Einzelsymptomen (Range von 0 bis 20 Scorepunkten) wurde initial ein Mittelwert von 8,17 berechnet, abschließend lag dieser bei 3,83. Dies entspricht einer Reduktion um 4,34 Scorepunkte bzw. 53%.
Die abschließende allgemeine Bewertung der Wirksamkeit erfolgte durch die Ärzte mit "sehr gut" oder "gut" für 271 der Studienteilnehmer (83,7%), was in Übereinstimmung mit dem Urteil der Patienten bzw. deren Eltern stand (257 bzw. 79,3%). Weitere Bewertungen und Angaben. Im Mittel betrug die Anwendungsdauer 22,2 Tage (2 - 41 Tage). Der Eintritt einer spürbaren Wirkung wurde für 83 Kinder (25,6%) innerhalb von 1-3 Tagen, für 116 Kinder (35,8%) innerhalb von 4 - 7 Tagen und für 95 Kinder (29,3%) innerhalb von 8 - 14 Tagen angegeben. Eine Dauer von mehr als 14 Tagen bis zum Eintritt einer spürbaren Wirkung wurde für 14 Kinder (4,3%) berichtet; lediglich in 16 Fällen (4,9%) trat keine Wirkung ein.
Bei 41% der Patienten wurde die Therapie regulär beendet, für 49,4% der Patienten wurde eine Fortführung angegeben. Insgesamt 30 Patienten beendeten die Therapie vorzeitig; nur in 17 Fällen wurde als Grund für das vorzeitige Ende der Therapie eine unzureichende Wirksamkeit angegeben. Die Akzeptanz bzw. Praktikabilität der Therapie wurde von 48,1% als "sehr gut" und von 45,7% als "gut" bewertet. Als Empfehlung der Dauer der Anwendung bei Kindern darf daher ein Zeitraum von etwa 1 - 2 Wochen abgeleitet werden.
Verträglichkeit. Im gesamten Verlauf der AWB traten keine unerwünschten Arzneimittelwirkungen auf. Die Verträglichkeit der Studienmedikation wurde abschließend sowohl durch die Ärzte als auch durch die Kinder bzw. deren Eltern mittels eines vierstufigen Scores bewertet. Die Ärzte werteten die Verträglichkeit in 63,9% als "sehr gut" und in 33% als "gut"; das Urteil "befriedigend" wurde 9-mal (2,8%) vergeben; in keinem Fall wurde die Verträglichkeit als "schlecht" bewertet. Übereinstimmend bewerteten die Kinder bzw. deren Eltern die Verträglichkeit in 65,1% als "sehr gut" und in 29,9% als "gut". Das Urteil "befriedigend" wurde 15-mal (4,6%) vergeben; in keinem Fall wurde die Verträglichkeit als "schlecht" bewertet. Die Bewertung der Verträglichkeit erfolgte in allen Altersstufen durch die Ärzte und Kinder bzw. Eltern vergleichbar und ohne große Unterschiede.
Bewertung der Ergebnisse
Der Vorteil phytotherapeutischer Wirkstoffkombinationen liegt an synergistischen und additiven pharmakologischen Wirkungen. So liegen - nach bisherigem Kenntnisstand - mit den in Kytta-Sedativum Dragees kombinierten Extrakten aus Baldrianwurzel, Hopfenzapfen und Passionsblumenkraut gleichgerichtete und zugleich auch unterschiedliche, offenbar sich ergänzende Wirkprinzipien vor. Daraus ergibt sich als ein Vorteil - im Vergleich zu Monoarzneimitteln - die geringeren Tages- und Einzeldosierungen der einzelnen Kombinationspartner, was sich für die Patienten in einer effektiven Wirkung bei einem besseren Verträglichkeitsprofil äußert. Dies ist vor allem bedeutsam in der pädiatrischen Anwendung, wo eine behutsame Therapie erforderlich ist.
In publizierten Studien mit anderen pflanzlichen Sedativa, in denen subjektive Parameter der Schlafqualität erfasst wurden, zeigen sich im Allgemeinen Verbesserungen dieser Symptome im Bereich von ca. 50 - 60%. Diese "Wirkstärke" wurde auch in der hier berichteten Studie bei Kindern erreicht und ist für die Studienmedikation als klinisch relevant zu werten. Die therapeutische Wirkung der Kombination ist damit vergleichbar. Ein entscheidender Vorteil der Extraktkombination gegenüber hochdosierten Monoarzneimitteln liegt in der Verträglichkeit: Bei pflanzlichen Sedativa können bei einem Teil der Patienten gelegentlich gastrointestinale Beschwerden auftreten; in der Anwendungsbeobachtung mit Kytta-Sedativum Dragees bei Kindern, die gerade den Bauchraum betreffend recht aufmerksam sind, wurden keinerlei Nebenwirkungen berichtet. Die Nutzen-Risiko-Bewertung hat damit zweifelsfrei als "positiv" zu erfolgen.
Mit den vorliegenden Daten darf daher die Anwendung von Kytta-Sedativum® Dragees bei Kindern mit Schlafstörungen als therapeutisch sinnvoll, da ausreichend wirksam, und als anwendungssicher, da ausgezeichnet verträglich, betrachtet werden.
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