Arzneimittel und Therapie

Zulassungserweiterung: Rivastigmin bei Parkinson-Demenz

Die Europäische Kommission hat die Zulassung für Rivastigmintartrat (Exelon®) zur symptomatischen Behandlung der leichten bis mittelschweren Demenz bei idiopathischer Parkinson-Krankheit in allen 25 europäischen Mitgliedstaaten erteilt, wie Novartis mitteilte. Offenbar hilft das Alzheimer-Mittel auch Parkinson-Patienten mit Demenz.

Dadurch wird der Cholinesterasehemmer Rivastigmin, der derzeit für die Behandlung der Alzheimer-Krankheit angezeigt ist, das erste Arzneimittel sein, das für die Behandlung von Demenz bei Parkinson-Patienten in der Europäischen Union zugelassen ist.

Positiver Einfluss auf kognitive Defizite

Der EU-Zulassung liegen die Ergebnisse der Express-Studie (EXelon in PaRkinson’s disEaSe dementia Study) zugrunde, einer groß angelegten, randomisierten, kontrollierten Studie bei 541 Patienten aus zwölf Prüfzentren in Europa und Kanada. In ihr wurden die Wirksamkeit und Sicherheit einer Behandlung von Patienten mit Parkinson-Demenz geprüft. Patienten, die mit Rivastigmin behandelt wurden, zeigten einen statistisch signifikanten Nutzen bei einer Reihe von krankheitstypischen Symptomen, wie Erhalt oder Verbesserung der Gedächtnisleistung sowie Verbesserung der Konzentrations- und Verhaltensstörungen. Verbesserungen zeigten sich auch im Alltag bei Tätigkeiten, wie beim Fernsehen oder bei Unterhaltungen über aktuelle Ereignisse. Die Patienten und ihre Betreuer betonten insbesondere ein größeres Interesse an Alltagsgesprächen und eine bessere Fähigkeit, diese zu führen. Dies bedeutet nicht nur eine bessere Lebensqualität für die Patienten mit Parkinson-Demenz, sondern auch eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität für ihre Familien.

Rivastigmin ist ein Hemmstoff der Acetyl- und Butyrylcholinesterase vom Carbamat-Typ, von dem angenommen wird, dass er die cholinerge Neurotransmission durch Verlangsamung des Abbaus von Acetylcholin fördert, welches von funktionell intakten cholinergen Neuronen freigesetzt wird. Rivastigmin geht mit seinen Zielenzymen eine kovalente Bindung ein, wodurch die Enzyme vorübergehend inaktiviert werden. So kann Rivastigmin die cholinerg vermittelten kognitiven Defizite günstig beeinflussen.

Die mit Rivastigmin verbundenen Nebenwirkungen waren in dieser Studie leicht bis mittelschwer ausgeprägt und schlossen Übelkeit und Erbrechen ein. Von Bedeutung ist, dass sich bei den Messungen der motorischen Funktionen keine Verschlechterung der Parkinson-Symptome im Vergleich zu den Ausgangswerten bzw. zu Placebo zeigte. Ein leichter bis mittelschwerer Tremor wurde bei 10% der mit Rivastigmin behandelten Patienten berichtet, dieser führte dazu, dass einige Patienten die Studie abbrachen.

Cholinesterasehemmer hilft auch Parkinson-Patienten mit Demenz

Die Parkinson-Krankheit ist eine chronische und fortschreitende neurologische Erkrankung, an der weltweit schätzungsweise 6,3 Millionen Menschen leiden. Es wird angenommen, dass eine Demenz bei bis zu 40% der Patienten, bei denen eine Parkinson-Krankheit diagnostiziert wurde, vorkommt und dass bis zu 80% der Parkinson-Patienten in fortgeschrittenem Alter und mit schwerwiegender Erkrankung betroffen sind. Patienten mit einer Parkinson-Demenz zeigen typischerweise Probleme mit dem Gedächtnis, der Konzentration, bei alltäglichen Tätigkeiten und leiden unter Depressionen, Angstzuständen, Apathie und Halluzinationen. Wie bei der Alzheimer-Krankheit nimmt man an, dass die Parkinson-Demenz zum Teil aus einem Defizit an Acetylcholin resultiert. Dadurch nimmt die Signalübertragung zwischen den Nerven im Gehirn ab, wobei speziell die Nervenzellen betroffen sind, die Acetylcholin als Neurotransmitter benötigen. Rivastigmin hemmt beide Enzyme, die am Abbau des Neurotransmitters Acetylcholin beteiligt sind: Acetylcholinsterase (AChE) und Butyrylcholinesterase (BuChE). So kann die Aktivität des Neurotransmitters im Gehirn gesteigert werden. ck

Parkinson-Demenz

Die Lebenserwartung von Parkinson-Patienten ist dank verbesserter therapeutischer Möglichkeiten während der letzten Jahre deutlich gestiegen. Mit fortschreitendem Alter steigt jedoch das Risiko, zusätzlich an einer Demenz zu erkranken. Im Vergleich zu älteren Menschen ohne Parkinson ist bei Parkinson-Patienten das Risiko, eine Demenz zu entwickeln, sechsmal höher.

Demenz ist ein klinisches Syndrom, das unterschiedliche Ursachen haben kann. Dazu gehören die Alzheimer-Demenz, die vaskuläre Demenz, Parkinson-Demenz und andere, seltenere chronisch-neurologische Erkrankungen.

Die Parkinson-Demenz unterscheidet sich klinisch von der Alzheimer-Demenz. Patienten mit Parkinson-Demenz leiden im Allgemeinen an einer Beeinträchtigung der exekutiven Funktionen, wie der Fähigkeit, zu planen oder zu organisieren und sich zielgerichtet zu verhalten. Außerdem weisen sie schwerere visuell-räumliche Defizite, Apathie, schwere Aufmerksamkeitsdefizite mit Fluktuationen und häufige optische Halluzinationen auf. Ähnlichkeiten gibt es allerdings in den zugrunde liegenden pathophysiologischen Mechanismen: Wie bei Alzheimer gibt es bei Parkinson-Demenz Nachweise für ein Defizit am Botenstoff Acetylcholin.

Zum Weiterlesen

Alzheimer-Demenz

Cholinesterasehemmer in der Diskussion. DAZ 2005, Nr. 41, S. 32 – 35. www.deutsche-apotheker-zeitung.de

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