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Freie Fahrt für den Großhandel: Hanseatisches OLG entscheidet über Vertrieb v
Rechtsfragen zum Vertrieb von Klinikpackungen außerhalb von Krankenhäusern haben die Rechtsprechung schon wiederholt beschäftigt. Im Jahr 2002 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass § 14 Abs. 4 des Apothekengesetzes (ApoG) nur für Krankenhausapotheken gilt und dem Apothekengesetz daher nicht zu entnehmen ist, dass öffentliche Apotheken Anstaltspackungen nicht an Patienten verkaufen dürfen. Damit gab das Bundesverfassungsgericht der eingelegten Verfassungsbeschwerde eines Apothekers Recht, welcher berufsgerichtlich wegen der Abgabe von Anstaltspackungen an einen Kunden zu einer Geldbuße verurteilt worden war.
Die Abgabe von Klinikpackungen durch Krankenhausapotheken ist indessen, wie aus § 14 Abs. 4 bis 5 ApoG folgt, außerhalb des dort gezogenen Rahmens nicht statthaft. Der Bundesgerichtshof hat hierzu im Jahr 1990 entschieden, dass ein Weiterverkauf der den Krankenhausapotheken verbilligt gelieferten Klinikpackungen außerhalb des Krankenhauses unter Verstoß gegen § 14 ApoG zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem Arzneimittelmarkt führt und daher nicht nur gegen das Apothekengesetz verstößt, sondern auch wettbewerbswidrig ist. Das Oberlandesgericht Hamburg befasste sich nun mit der Frage, ob der Erwerb und der anschließende Vertrieb, insbesondere der Export von Arzneimitteln in Klinikpackungen durch den Großhändler unmittelbar oder mittelbar über Dritte von Krankenhausapotheken, wettbewerbswidrig ist.
Kein Verstoß gegen § 14 ApoG
Das Hanseatische Oberlandesgericht verneinte einen Wettbewerbsverstoß. Unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts legte das Gericht dar, dass § 14 Abs. 4 bis 5 ApoG nur für die Krankenhausapotheke, nicht jedoch für den Großhandel gilt. Da ein Verstoß gegen § 14 Abs. 4 bis 5 ApoG bußgeldbewehrt ist (§ 25 Abs. 1 Nr. 3 ApoG), muss für die Normadressaten die Bußgeldandrohung erkennbar und vorhersehbar sein. Daran fehlt es nach Ansicht der Hamburger Richter in Bezug auf den Personenkreis des Großhandels.
Nach dem Wortlaut der Vorschrift sei außerdem eindeutig, dass § 14 Abs. 4 bis 5 ApoG nur auf die Abgabe, nicht hingegen auf den Erwerb und den Vertrieb, insbesondere den Export solcher Klinikpackungen durch Dritte, die keine Krankenhausapotheken bzw. krankenhausversorgende Apotheken sind, Anwendung findet.
Auch eine Beteiligung der Beklagten an einer unlauteren Wettbewerbshandlung konnte das Hanseatische Oberlandesgericht nicht erkennen, weil es hierzu eines eigenen unlauteren Wettbewerbsverhaltens bedurft hätte. Daran fehlte es, weil ein Verstoß gegen § 14 Abs. 4 bis 5 ApoG. gerade nicht gegeben war.
Großhandel ist kein Störer
Nicht beantwortet hat der Senat aufgrund der besonderen prozessualen Situation die Frage, ob die Beklagte möglicherweise als sog. Störer zur Unterlassung des Erwerbs und des Vertriebs verpflichtet war. Störer ist, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – irgendwie zum Wettbewerbsverstoß beiträgt und dabei zumutbare Prüfungspflichten verletzt. Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte die Frage eines Unterlassungsanspruchs nämlich lediglich incidenter im Rahmen der Prüfung möglicher Schadensersatzansprüche zu prüfen, weil die Beklagte in erster Instanz vor dem Landgericht Hamburg eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hatte. Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch war daher vom Oberlandesgericht nicht mehr zu überprüfen.
Die Störerhaftung begründet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch nur Unterlassungsansprüche, nicht dagegen Schadensersatzansprüche. Im Rahmen der Kostenentscheidung führte das Hanseatische Oberlandesgericht aber aus, dass das Institut der Störerhaftung in Fällen von Verhaltensunrecht zurückhaltend anzuwenden sei, weil anderenfalls die Störerhaftung unangemessen auf ein Verhalten ausgedehnt werde, das von der gesetzlichen Regelung des § 14 Abs. 4 bis 5 ApoG gerade nicht erfasst werde. Denn bei der Beklagten handele es sich nicht um einen Normadressaten der Vorschrift.
Keine Markenrechtsverletzung
Schließlich vermochte das Hanseatische Oberlandesgericht weder wegen Verletzung einer Marke gemäß § 14 Markengesetz einen Schadensersatzanspruch zu erkennen, noch wegen Ausnutzens fremden Vertragsbruchs gemäß § 3, 9 UWG.
Eine Markenrechtsverletzung liege schon wegen „Erschöpfung der Marke“ mit dem Inverkehrbringen der Klinikware in der Europäischen Union nicht vor. Der unautorisierte Erwerb von Klinikpackungen von einer Krankenhausapotheke stelle zwar regelmäßig einen Vertragsbruch dar, weil die Arzneimittelhersteller die Klinikpackungen in der Regel nur zu dem nach § 14 ApoG vorgesehenen Zweck an Krankenhausapotheken abgeben und sich gegen abweichende Vertriebswege vertraglich absichern. Ein direktes Ausnutzen fremden Vertragsbruchs stehe daher in Rede, soweit Klinikpackungen von der Krankenhausapotheke bezogen worden seien. Ein solches Ausnutzen von Vertragsbruch sei jedoch ohne Zutreten besonderer Umstände nicht unlauter.
Dr. Valentin Saalfrank, Fachanwalt für Medizinrecht, Köln
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