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Arzneimittel und Therapie
Langzeiteffekte zytostatischer und endokriner Therapien
Die EBCTCG (Early Breast Cancer Trialists' Collaborative Group) ist eine internationale Studiengruppe, die sich mit der Therapie des frühen Mammakarzinoms beschäftigt. Sie analysiert unter anderem die langfristigen Wirkungen therapeutischer Maßnahmen und stellt diese Ergebnisse in fünfjährigen Abständen vor. Nun liegt bereits die vierte Übersicht - die 2000 EBCTCG - vor, in der über die zehn- bis fünfzehnjährigen Auswirkungen adjuvanter hormoneller und zytostatischer Therapien berichtet wird.
Zur Gewinnung der notwendigen Daten griff die EBCTCG auf 194 randomisierte Studien zur adjuvanten Chemo- und/oder Hormontherapie zurück und unterzog diese Daten verschiedenen Metaanalysen. Für folgende Regime lagen Langzeitdaten vor, die in die Auswertungen eingingen:
- CMF (Cyclophosphamid, Methotrexat, 5-Fluorouracil); das klassische, seit Jahrzehnten eingesetzte Schema,
- Anthrazyklin-haltige Therapien (FAC; 5-Fluorouracil, Doxorubicin und Cyclophosphamid bzw. FEC mit 5-Fluorouracil, Epirubicin und Cyclophosphamid); dies sind die heutigen, in Leitlinien empfohlenen Standardtherapien,
- Tamoxifen; zur Hormontherapie bei hormonsensitiven Tumoren,
- Ovarialsuppression; zur Unterdrückung der körpereigenen Hormonproduktion.
Neuere Therapeutika wie Taxane (Docetaxel, Paclitaxel), Trastuzumab, Raloxifen oder die neuen Aromatase-Inhibitoren, die erst seit kürzerem eingesetzt werden, konnten in dieser Analyse nicht berücksichtigt werden. Die meisten Daten lagen für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren und für unter Fünfzigjährige vor. Für Patientinnen über 70 Jahre gibt es vergleichsweise wenige Studien, in denen eine Chemotherapie eingesetzt wurde.
Mehrere Metaanalysen
In verschiedenen Metaanalysen wurden folgende Regime miteinander verglichen:
- Anthrazyklin-haltige Therapien vs. keine Chemotherapie (8000 Patientinnen)
- CMF-haltige Therapien vs. keine Chemotherapie (14.000 Frauen)
- Anthrazyklinhaltige Therapien vs. CMF-basierte Regime (14.000 Frauen)
- fünfjährige Einnahme von Tamoxifen vs. keine Tamoxifentherapie (15.000 Frauen)
- ein- bis zweijährige Tamoxifeneinnahme vs. keine Tamoxifentherapie (33.000 Frauen)
- fünfjährige Tamoxifeneinnahme vs. ein- bis zweijährige Tamoxifentherapie (18.000 Frauen)
- Ovarialablation oder Ovarialsuppression (8000 Patientinnen) vs. keine Therapie
Studienendpunkte der Analysen waren das erneute Auftreten der Erkrankung, die Brustkrebsmortalität, die Gesamtmortalität und das Vorkommen weiterer Tumoren.
Die wichtigsten Ergebnisse
- Eine rund sechsmonatige Anthrazyklin-haltige Polychemotherapie (FEC- oder FAC-Schema) reduziert für Frauen, die zum Zeitpunkt der Diagnose unter 50 Jahre alt waren, die jährliche Brustkrebsmortalitätsrate um 38%, für Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren um rund 20%. Diese Aussage ist weitgehend unabhängig von der Einnahme von Tamoxifen, vom Estrogenrezeptorstatus, dem Nodalstatus und anderen Tumorcharakteristika.
- FEC- und FAC-Regime sind signifikant wirksamer als CMT-Therapien.
- Bei einer estrogenrezeptorpositiven Erkrankung reduziert die fünfjährige Einnahme von Tamoxifen die jährliche Brustkrebsmortalitätsrate um 31%. Dies gilt für alle Altersgruppen und ist weitgehend unabhängig vom Progesteronrezeptorstatus, anderen Tumorcharakteristika und dem Einsatz von Chemotherapien.
- Eine fünfjährige Tamoxifentherapie ist im Hinblick auf das Wiederauftreten der Erkrankung und die Brustkrebsmortalität signifikant effektiver als eine ein- bis zweijährige Therapie.
- Eine sechsmonatige Anthrazyklin-haltige Chemotherapie (FAC oder FEC) gefolgt von einer fünfjährigen Tamoxifeneinnahme reduziert bei Brustkrebspatientinnen im Alter von 50 bis 69 Jahren mit estrogenrezeptorpositiver Erkrankung die Brustkrebsmortalitätsrate während der nächsten fünfzehn Jahre um rund die Hälfte.
Langfristiger Benefit
Der Nutzen einer Chemo- und/oder Hormontherapie zeigt sich vor allem langfristig im Hinblick auf die Überlebensraten: So ist der absolute Benefit einer Polychemotherapie bei unter 50-jährigen Frauen nach 15 Jahren deutlich größer als nach fünf Jahren (Polychemotherapie vs. keine adjuvante Chemotherapie nach 15 Jahren 10% vs. 4,7% nach fünf Jahren). Und der absolute Benefit einer fünfjährigen Tamoxifeneinnahme (vs. keine Tamoxifentherapie) bei estrogenrezeptorpositiven Patientinnen ist nach 15 Jahren auf das Dreifache angewachsen (9,2% nach 15 Jahren vs. 3,6% nach fünf Jahren).
Im Gegensatz dazu zeigen sich die günstigen Effekte einer Hormon- oder Chemotherapie im Bezug auf das Wiederauftreten der Erkrankung vor allem in den ersten fünf Jahren. Dies lässt vermuten, dass eine frühzeitige adjuvante Therapie bei einem Teil der Patientinnen zu einer Heilung führt und nicht nur das Wiederauftreten der Erkrankung hinauszögert. Aber auch ein Progress der Erkrankung innerhalb der ersten fünf Jahre bedeutet nicht automatisch ein baldiges Versterben an Brustkrebs. Wie die Überlebenskurven zeigen, kann dank palliativer Therapien das Überleben auch im fortgeschrittenen Stadium verlängert werden.
Ausblick
Diese Ergebnisse spiegeln den globalen Nutzen endokriner und zytostatischer Standardtherapien wieder, die weltweit - also auch in Ländern mit unterschiedlichem medizinischem Standard - eingesetzt werden; individuelle Therapien sind hier nicht einbezogen. Es ist anzunehmen, dass bei einer Berücksichtigung des molekularen Tumorprofils und individueller Risikofaktoren der Patientin bessere Ergebnisse zu erwarten sind. Dasselbe gilt, wenn neuere Wirkstoffe und zielgerichtete Therapien langfristig zum Einsatz kommen.
Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
Quelle
Early Breast Cancer Trialists`Collaborative Group: Effects of chemotherapy and hor- monal therapy for early breast cancer on recurrence and 15-year survival: an over- view of randomised trials. Lancet 365, 1687 – 1717 (2005).
Chia S., et al.: The 2000 EBCTCG over- view: a widening gap. Lancet 365, 1665 – 1666 (2005).
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