DAZ aktuell

Wie unabhängig ist die Linda-Apotheke?

(diz). Unter dem Druck von Spargesetzen im Gesundheitswesen, insbesondere des GKV-Modernisierungsgesetzes, haben sich Apotheken in den letzten beiden Jahren vermehrt zu Einkaufs- und Marketingkooperationen zusammengeschlossen, um Synergieeffekte in diesen Bereichen zu nutzen. Der bereits seit über fünfzehn Jahren agierende Marketing Verein Deutscher Apotheker (MVDA) schuf vor einem Jahr die Dachmarke "Linda", unter der sich Apotheken zusammenfanden, um bestimmte Marketingaktivitäten gemeinsam durchzuführen. Kritiker sehen darin die Vorstufe zu einer Kette. Darüber und über die Einführung des Payback-Systems in Apotheken sprachen wir mit dem Präsidenten des MVDA, Apotheker Wolfgang Simons, Agger Apotheke Gummersbach.

 

DAZ

Herr Simons, wie geht es Linda, der Einkaufskooperation des MVDA?

Simons:

"LINDA.Die Apothekengruppe" ist die Dachmarke des MVDA e.V. und wie auch der MVDA e.V. keine Einkaufskooperation. Linda hatte im Februar dieses Jahres ihren einjährigen Geburtstag. Derzeit haben wir knapp 1000 Mitglieder, Tendenz steigend. Damit hat "LINDA.Die Apothekengruppe" eine Größe erreicht, mit der man annähernd flächendeckend arbeiten kann.

DAZ

Spüren Sie ein vermehrtes Interesse, dieser Apothekengruppe beizutreten?

Simons:

Das Interesse ist da. Bis jemand allerdings der Dachmarke beitritt, bedarf es mitunter durchaus Überzeugungsarbeit. Von den über 3300 MVDA-Mitgliedern haben sehr viele Interesse gezeigt, der Dachmarke beizutreten. Im Übrigen haben wir in den letzten Monaten eine sehr erfreuliche Entwicklung beim MVDA festgestellt: Jeden Monat konnten wir 10 bis 15 neue MVDA-Mitglieder begrüßen.

DAZ

Bleiben wir beim Thema Linda. Auf dem Wirtschaftsforum hat der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands, Hermann S. Keller, kritische Bemerkungen in Richtung Kooperationen von sich gegeben. Seine Befürchtung ist insbesondere, dass ein schleichender Übergang von der Kooperation hin zur Apothekenkette erfolgt. Keller merkte an, dass eine Kooperation wie Linda nicht zielführend sei, gefährlich und damit abzulehnen, so O-Ton Keller. Wie sehen Sie diese Ängste, die einige mit dem Thema Apothekenkooperation verbinden?

Simons:

Dagegen kann ich für die LINDA-Apotheken nur anführen, dass führende Experten und Wirtschaftswissenschaftler davon ausgehen, dass auch weiterhin im Gesundheitswesen und insbesondere an Arzneimitteln gespart werden muss. Bei der Betrachtung vieler Szenarien kommen solche Experten zum Schluss, dass es sinnvoll ist, für Ärzte, aber auch für Apotheker, zu kooperieren. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang anmerken, in welchem Szenario wir uns heute bewegen: Da gibt es einerseits die Versandapotheken, da gibt es Franchisesysteme wie Avie, da gibt es Apotheken wie die Zur Rose, die Gutscheine verteilt.

In diesem Szenario bewegen wir uns. Da möchte ich doch meinen, dass sich der MVDA immer sehr vernünftig verhalten hat. Der MVDA hat Linda gegründet, nicht um irgendjemand zu ärgern oder gar eine Kette zu initiieren. Vor der Linda-Gründung haben wir uns von verschiedenen Seiten beraten lassen. Und es ist auch heute noch meine Überzeugung: Es geht darum, der inhabergeführten, unabhängigen Apotheke eine Chance in der Zukunft zu geben. Das heißt, ich bin nur in einer Systemkooperation in der Lage, als unabhängiger Apotheker zu überleben – und nicht in einem Franchisesystem und nicht in einer Kette. Um dies nach außen zu zeigen, hat die Linda-Apotheke ein grünes Linda-Logo am Schaufenster. Aber deswegen muss ich nicht die ganze Apotheke in grüner Farbe anstreichen.

DAZ

Aber genau dies werfen Kritiker Linda gerne vor. Sie sagen, das gemeinsame Logo suggeriere eine Apothekenkette.

Simons:

Darüber kann man natürlich diskutieren, ob es schon eine Kette ist, wenn ich allein optisch bekenne, zu einer gewissen Gruppe dazu zu gehören. Bei unseren Mitgliedsapotheken steht der eigene Name im Vordergrund. LINDA sowie der MVDA sind die Antwort von selbstständigen Apothekerinnen und Apothekern für Kolleginnen und Kollegen auf die sich verändernden Rahmenbedingungen. Das spricht für sich.

DAZ

Der Vorwurf geht auch dahin, dass der gemeinsame Name Linda auch der Politik suggeriert, hier ist eine Apothekenkette im Entstehen, die Apotheken bekennen sich freiwillig zu einer Dachmarke. Also, warum nicht gleich die Kette zulassen.

Simons:

Das halte ich eher für absurd, ich sehe überhaupt keine Kettengefahr dadurch, dass man die gemeinsame Kooperationsmarke Linda herausstellt. Wenn ich mir hier im Vergleich dazu das auf dem Markt befindliche Franchisesystem ansehe, dann stelle ich fest, dass dies eine ganz andere Qualität hat. Wir sind von der Frage ausgegangen, was der Kunde will. Markt können Sie machen über Qualität oder über den Preis. Wenn Sie nur über den Preis Markt machen wollen, können wir uns als Einzelunternehmen sehr schnell verabschieden.

Hier sind zum Glück nur vereinzelt Auswüchse festzustellen. Linda hat sich dazu entschieden, die Qualitätsschiene einzuschlagen. Linda-Apotheken müssen ein Qualitätsmanagement durchlaufen. Zu bedauern ist, dass es mittlerweile einen Flickenteppich an Qualitätsmanagement-Systemen gibt. Mit einer Dachmarke Linda können wir uns nicht erlauben, dass qualitativ schlechte Apotheken angeschlossen sind, denn dies würde Rückwirkungen haben auf alle anderen Apotheken, die das Linda-Band tragen. Das können wir uns nicht erlauben.

DAZ

Rechnen Sie damit, dass über kurz oder lang Apothekenketten kommen?

Simons:

Ich rechne nicht damit, aber ich befürchte es.

DAZ

Sie haben eben den Begriff der inhabergeführten unabhängigen Apotheke genannt. Inwieweit ist dies unter der Kooperation von Linda gegeben? Behält die Apotheke ihre eigene Individualität?

Simons:

Die Apotheke bei Linda ist vollkommen autark, sie meldet zum Beispiel keine wirtschaftlichen Daten an eine Zentrale. Die Apotheke muss sich lediglich mit dem Linda-Band kennzeichnen und sie muss die Marketingmaßnahmen mittragen. Dies unterschreibt der Apotheker beim Eintritt in die Apothekenkooperation. Wir verlangen außerdem von Linda-Apotheken, dass sie ein Qualitätsmanagementsystem einführen. Bei Linda ist also alles sehr transparent und sauber. Wenn in Deutschland alles so sauber wäre wie der MVDA, dann würden wir im Paradies leben, dann müsste Herr Keller uns eine Flasche Champagner ausgeben.

DAZ

Mitunter bestehen draußen nebulöse Vorstellungen von dem, was Linda von seinen Mitgliedern sonst noch fordert. Vielleicht können Sie hier noch einige Beispiele nennen? Wozu verpflichtet sich der Apotheker, der Linda beitritt?

Simons:

Er bezieht zum Beispiel eine Linda-Kundenzeitschrift, er verpflichtet sich zur Optimierung der Sichtwahl über Category Management zweimal im Jahr. Dies macht er bereits als MVDA-Mitglied und dies ist insofern nichts Neues. Darüber hinaus bieten wir ihm bestimmte Module für die Freiwahl an, die er nehmen kann, jedoch nicht muss. Auch in seinem Sortiment und in der Preisgestaltung ist er vollkommen frei. Bei der Produktauswahl ist er ebenfalls frei, wir haben allerdings Marketingverträge mit bestimmten Herstellern, die nicht auf einem bestimmten Rabatt beruhen, sondern auf einem gemeinsamen Agieren vor Ort. Das sind jedoch keine Verpflichtungen, sondern lediglich Empfehlungen. Um es deutlich zu sagen, wir nehmen also keinen Einfluss auf sein Warensortiment.

DAZ

Ist er frei bei der Wahl seines Großhandels?

Simons:

Auch da hat er vollkommene Freiheit.

DAZ

Herr Simons, Sie haben für die Linda-Apotheken die Option eingeführt, dem Payback-System beizutreten. Kritiker merken hierzu an, dass dies zur Vermassung des Arzneimittels beiträgt. Der Kunde würde dadurch das Arzneimittel nicht mehr als Ware der besonderen Art ansehen. Payback-Punkte gibt es bekanntlich auch bei Obi, bei Real und beim Kaufhof.

Simons:

Wenn ich auf der anderen Seite wäre, würde ich genau so argumentieren. Aber, das System bedeutet doch nicht, dass ich jemanden nicht mehr berate, wenn ich Punkte auf seiner Payback-Karte gutschreibe. Payback hat doch mit dem, was ich pharmazeutisch tue, überhaupt nichts zu tun. Wir haben uns dazu entschlossen, weil dies ein professionelles, intelligentes Bonussystem ist. Nach meiner Ansicht ist es ein wesentlich intelligenteres System als diese Talergeschichten, bei denen ich auf Arzneimittel erworbene Taler auch in der Frittenbude einlösen kann.

Außerdem: Wir sind von der Politik aufgefordert worden, uns dem Wettbewerb zu stellen, Bewegung in die OTC-Preise zu bringen, was bisher nur ansatzweise geschehen ist und oft mit Auswüchsen verbunden ist. Für mich sind Payback-Punkte eine intelligente Art, auf das zu reagieren, was die Politik in Sachen Wettbewerb und OTC-Preise von uns möchte. Denn es geht nicht nur um Prozente, die ich auf Arzneimittel bekomme, sondern es geht um Punkte. Und die Karte zieht Leute in die Apotheke, die vorher die eine oder andere Ware des Freiwahlsortiments woanders gekauft haben.

DAZ

Ihr Wunsch für die Zukunft?

Simons:

Es liegt mir sehr daran, dass der Deutsche Apothekerverband das Thema Kooperation in einem anderen kommunikativen Umfeld sieht. Ich glaube, man sollte mehr kollegial miteinander sprechen. Man sollte sich zusammensetzen und nicht übereinander, sondern miteinander reden.

DAZ

Herr Simons, wir bedanken uns für das Gespräch.


"Nach meiner Ansicht ist Payback ein wesentlich intelligenteres System als diese Talergeschichten, bei denen ich auf Arzneimittel erworbene Taler auch in der Frittenbude einlösen kann." 

Wolfgang Simons

 

"Wenn in Deutschland alles so sauber wäre wie der MVDA, dann würden wir im Paradies leben, dann müsste Herr Keller uns eine Flasche Champagner ausgeben." 

Wolfgang Simons

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.