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Arzneimittel und Therapie
Diabetes Mellitus: Lang wirkendes Insulin-Analogon Insulindetemir
Die Blutzucker senkende Wirkung von Insulindetemir kommt durch die Bindung an Insulinrezeptoren zustande. Dadurch wird in Muskel- und Fettzellen die Aufnahme von Glucose erhöht und die Freisetzung von Glucose aus der Leber gehemmt. Insulindetemir ist zur Insulintherapie des Typ-1- und Typ-2-Diabetes indiziert. Bei Typ-2-Diabetikern eignet sich Insulindetemir als Ergänzung für eine bereits durchgeführte prandiale Insulintherapie sowie als Start-Therapie in Kombination mit oralen Antidiabetika.
Ein- oder zweimal täglich subkutan spritzen
Die Wirkdauer beträgt abhängig von der Dosis bis zu 24 Stunden, sodass das Insulinanalogon ein- oder zweimal täglich subkutan in die Haut der Bauchdecke, des Oberschenkels oder des Oberarms gespritzt wird. Bei Patienten, die zur Optimierung der Blutzuckereinstellung täglich eine zweimalige Dosis benötigen, kann die zweite Dosis abends oder vor dem Zubettgehen angewendet werden.
Die Umstellung auf Levemir® von intermediär oder lang wirkenden Insulinen kann eine Anpassung von Dosis und Zeitpunkt der Gabe erforderlich machen. Wie bei allen Insulinen wird eine engmaschige Überwachung des Blutzuckers während der Umstellung und in den ersten Wochen danach empfohlen. Eine begleitende antidiabetische Behandlung muss eventuell angepasst werden.
Verzögerte Freisetzung durch Bindung an Albumin
Das Verzögerungsprinzip des neuen Insulinanalogons unterscheidet sich von dem herkömmlicher Basalinsuline. In traditionellen Depot-Insulinpräparaten (NPH-Insuline) basiert das Verzögerungsprinzip auf Kristallen, die Insulin mit Zink bzw. Protamin bildet. Aus diesen Kristallen wird Insulin verzögert freigesetzt. Insulindetemir wird im Vergleich zu NPH-Insulin nach der subkutanen Injektion langsamer in das periphere Zielgewebe abgegeben, wodurch eine konstante Insulinwirkung über viele Stunden gewährleistet wird.
Die verzögerte Freisetzung wird durch eine Veränderung in der Molekülstruktur erreicht: An Position B29 wurde eine freie Fettsäure, C14-Myristinsäure, eingefügt. Dadurch aggregiert die native Form des Analogons zu Hexameren, die Monomere werden über die Fettsäure-Seitenkette an Albumin gebunden. In der Blutbahn wird Insulindetemir zu 98% reversibel an Albumin gebunden und dissoziiert nur langsam aus dieser Verbindung. Nur die daraus entstehende freie, ungebundene Form bindet an den Insulinrezeptor und ist somit biologisch aktiv.
Resorption und Wirkprofil sind besser reproduzierbar
Durch diesen Freisetzungsmechanismus lässt sich eine homogenere und länger anhaltende Insulinwirkung ohne ausgeprägte Spitzenwirkung erreichen. Resorption und Wirkprofil von Insulindetemir sind besser reproduzierbar als bei NPH-Insulinen. In klinischen Studien wirkte Insulindetemir dosisabhängig und senkte bereits bei einmaliger subkutaner Injektion in therapeutisch relevanter Dosis von 0,4 U/kg den Blutzuckerspiegel über insgesamt zirka 20 Stunden. Herkömmliches NPH-Insulin zeigt dagegen eine ausgeprägte Wirkungsspitze nach 4 bis 8 Stunden, der ein deutlicher Abfall des Wirkprofils folgt.
Der Abbau von Insulindetemir entspricht dem von Humaninsulin; alle gebildeten Metaboliten sind inaktiv. Die Ergebnisse der In-vitro- und In-vivo-Proteinbindungsstudien legen nahe, dass keine klinisch relevante Wechselwirkung zwischen Insulindetemir und Fettsäuren oder anderen proteingebundenen Arzneimitteln vorhanden ist.
Die terminale Halbwertszeit nach subkutaner Injektion wird durch die Resorptionsrate aus dem subkutanen Gewebe bestimmt. Sie liegt in Abhängigkeit von der Dosis zwischen 5 und 7 Stunden.
Weniger Hypoglykämien
Leichte nächtliche Hypoglykämien traten bei Typ-1-Diabetikern um mehr als 30% seltener auf als mit NPH-Insulin, und auch das Gesamtrisiko einer Hypoglykämie sank bei Typ-1-Diabetikern. Die Nüchternblutzuckerwerte waren geringer und weniger variabel als bei Verwendung von NPH-Insulin. Die HbA1c-Werte veränderten sich im Vergleich zu NPH-Insulin nicht signifikant. Bei Typ-2-Diabetikern war bisher kein Unterschied feststellbar. Im Unterschied zu anderen Insulinen ist die intensivierte Therapie mit Levemir® nicht mit einer unerwünschten Gewichtszunahme verbunden.
Bezüglich des Sicherheitsprofils ist aus bisher vorliegenden Ergebnissen Insulindetemir vergleichbar mit NPH-Insulin. Bisher liegen keine publizierten Daten eines Langzeitvergleichs von Insulindetemir und Insulin Glargin in Bezug auf Hypoglykämie oder HbA1c-Werte vor.
Steckbrief: Insulindetemir
Handelsname/Hersteller: Levemir (NovoNordisk, Mainz) Einführungsdatum: 15. August 2004 Zusammensetzung: 1 ml enthält 100 E Insulindetemir (gentechnisch hergestellt aus rekombinanter DNA in Saccharomyces cerevisiae). Levemir 100 E/ml Injektionslösung in einer Zylinderampulle: 1 Zylinderampulle enthält 3 ml entsprechend 300 E Levemir 100 E/ml Injektionslösung in einem Injektor, vorgefüllt: 1 vorgefüllter Injektor enthält 3 ml entsprechend 300 E. Eine Einheit von Insulindetemir entspricht 0,142 mg salzfreiem, wasserfreiem Insulindetemir. Eine Einheit (E) von Insulindetemir entspricht einer I.E. von Insulin human. Sonstige Bestandteile: Mannitol, Phenol, m-Cresol, Zinkacetat-Dihydrat, Natriummonohydrogenphosphat-Dihydrat, Natriumchlorid, Salzsäure 2N (pH-Einstellung), Natriumhydroxid 2N (pH-Einstellung), Wasser für Injektionszwecke Packungsgrößen, Preise und PZN: Zylinderampulle: 5 x 3 ml: Euro 78,59, PZN 3075530; 10 x 3 ml, Euro 146,76, PZN 3075599. vorgefüllter Injektor: 5 x 3 ml, Euro 71,88, PZN 3075501; 10 x 3 ml, Euro 143,45 PZN 3075518 Stoffklasse: Antidiabetika Indikation: Zur Behandlung des Diabetes mellitus Dosierung: Die Dosierung muss individuell angepasst werden. Insulindetemir wird je nach Bedarf einmal oder zweimal täglich angewendet. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Insulindetemir oder einen der sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: Hypoglykämie; Reaktionen an der Injektionsstelle Wechselwirkungen: Die folgenden Substanzen können den Insulinbedarf senken: Antidiabetika, Monoaminoxidasehemmer (MAO-Hemmer), nichtselektive Betarezeptorenblocker, Angiotensin-Converting-Enzyme (ACE)-Hemmer, Salicylate und Alkohol. Die folgenden Substanzen können den Insulinbedarf erhöhen: Thiazide, Glucocorticoide, Schilddrüsenhormone und Beta-Sympathomimetika, Wachstumshormone und Danazol. Betarezeptorenblocker können die Symptome einer Hypoglykämie verschleiern und die Genesung von einer Hypoglykämie verzögern. Octreotid/Lanreotid kann den Insulinbedarf sowohl senken als auch erhöhen. Alkohol kann die Blutzucker senkende Wirkung von Insulin verstärken und verlängern. Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Eine unzureichende Dosierung oder das Unterbrechen der Therapie kann, insbesondere beim Typ-1-Diabetes, zu einer Hyperglykämie und zu diabetischer Ketoazidose führen. Patienten, deren Blutzuckereinstellung sich beispielsweise durch eine intensivierte Insulintherapie deutlich verbessert hat, können die Warnsymptome einer Hypoglykämie verändert wahrnehmen und sollten dementsprechend beraten werden. Bei schon lange an Diabetes leidenden Patienten verschwinden möglicherweise die üblichen Warnsymptome. Eine Hypoglykämie kann die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit eines Patienten herabsetzen. Dies kann in Situationen, in denen diese Fähigkeiten von besonderer Bedeutung sind (z. B. beim Fahren eines Autos oder beim Bedienen von Maschinen) ein Risiko darstellen.
Zum Weiterlesen: Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes. Nicht zu früh und nicht zu spät. Med Monatsschr Pharm 2003; 26(10):364-5 www.medmopharm.de
Dr. Bettina Hellwig, Stuttgart
Quelle
Pieber, T. R., et al.: Duration of action, pharmacodynamic profile and betweensubject variability of insulin detemir in subjects with typ 1 diabetes. Diabetes 2002:51 (Suppl. 2),753.
Vague, P., et al.: Insulin detemir is associated with more predictable glycaemic control and lower risk of hypoglycaemia compared to NPH in subjects with type 1 diabetes. Diabetes 2002:51 (Suppl. 2), A116.
De Leeuw, I, et al.: Lower risk of nocturnal hypoglycaemia and favourable weight development in type 1 diabetic subjects after 12 month treatment with insulin detemir vs. NPH insulin. Diabetologia 2002:45 (Suppl.2), A257.
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