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T. KieserWas bringt das neue Gesetz gegen den unlaut
Irreführende Werbung
Der Gesetzgeber hat die irreführende Werbung in § 5 UWG neu geregelt. Nach § 5 Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer irreführend wirbt. § 5 Abs. 2 UWG liefert Richtlinien, was bei der Beurteilung der Frage, ob eine Werbung irreführend ist, zu beachten ist. Danach sind insbesondere in der Werbung enthaltene Angaben über die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Zusammensetzung, Verfahren und Zeitpunkt der Herstellung oder Erbringung, die Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, die geographische oder betriebliche Herkunft oder die von der Verwendung zu erwartenden Ergebnisse oder die Ergebnisse und wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen zu berücksichtigen. Gleiches gilt für den Anlass des Verkaufs und den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, und die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistungen erbracht werden.
Neu: Verschwiegene Tatsachen
Ebenfalls in die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, fließen die geschäftlichen Verhältnisse, insbesondere die Art, die Eigenschaften und die Rechte des Werbenden, wie seine Identität und sein Vermögen, seine geistigen Eigentumsrechte, seine Befähigung oder seine Auszeichnungen und Ehrungen ein.
Aus § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG ergibt sich jetzt auch, dass das Verschweigen einer Tatsache irreführend sein kann, wenn der verschwiegenen Tatsache nach der Verkehrsauffassung für den Kaufentschluss eine besondere Bedeutung zukommt und das Verschweigen zur Beeinflussung der Entscheidung geeignet ist.
Unzulässig:
Täuschende Preise, kaum Vorrat
§ 5 Abs. 4 UWG enthält eine Vermutung, wann eine irreführende Werbung anzunehmen ist. Der Gesetzgeber zielt dabei vor allem darauf ab, Irreführungen durch das Vortäuschen einer Preissenkung zu verhindern. So wird eine Irreführung vermutet, wenn mit einer Herabsetzung eines Preises geworben wird und der ursprüngliche Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Regelmäßig musste derjenige, der eine Preisherabsetzung als irreführend beanstandete, darlegen und beweisen, wann welche Preise gefordert worden sind. Da der Beanstandende keine umfassenden Einblicke in den Geschäftsbetrieb des Werbenden hat, enthält § 5 Abs. 4 Satz 2 UWG jetzt eine Beweislastumkehr. Im Streitfall muss derjenige, der mit der Preisherabsetzung geworben hat, beweisen, ob und in welchem Zeitraum der ursprüngliche Preis gefordert worden ist.
Nach § 5 Abs. 5 UWG ist es irreführend, für eine Ware zu werben, die unter Berücksichtigung der Art der Ware sowie der Gestaltung und Verbreitung der Werbung nicht in angemessener Menge zur Befriedigung der zu erwartenden Nachfrage vorgehalten ist. Angemessen ist im Regelfall ein Vorrat für zwei Tage. Diese Regelung präzisiert die Anforderungen, die sich bei einer Produktwerbung bisher in der Rechtsprechung zur Vermeidung einer Irreführung herausgebildet haben. Die angemessene Vorratshaltung will verhindern, dass mit Sonderangeboten Kunden in die Geschäftsräume gelockt werden und der Verbraucher, wenn das eigentlich beworbene Produkt nicht mehr vorrätig ist, veranlasst wird, ein anderes, teureres Produkt zu kaufen.
Vergleichende Werbung
In § 6 UWG ist § 2 UWG a.F. (alte Fassung), der vergleichende Werbung regelt, übernommen worden. Preisvergleiche auch zwischen Apotheken sind danach zulässig, wenn sie objektiv und nachprüfbar sind. Gemäß § 6 Abs. 3 UWG sind bei besonderen Angeboten Beginn und Ende des Angebots anzugeben.
Unzumutbare Belästigung
Nach § 7 Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer im Sinne von § 3 UWG einen Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt. In § 7 Abs. 2 UWG sind verschiedene Regelbeispiele, wann eine unzumutbare Belästigung anzunehmen ist, aufgeführt. Geprägt ist der Katalog der Regelbeispiele durch die überhand nehmende Werbung mittels E-Mail, Telefonanrufen und Telefax. Diese Werbeformen haben sowohl im persönlichen als auch im geschäftlichen Bereich einen stark belästigenden Charakter, weshalb der Gesetzgeber sie unterbinden wollte, sofern keine Einwilligung des Werbeadressaten vorliegt.
a) § 7 Abs. 2 Ziffer 1 UWG enthält dabei den allgemeinen Grundsatz, dass belästigende Werbung vorliegt, wenn sie gegen den Willen des Beworbenen erfolgt. Paradebeispiel ist die Werbewurfsendung, die in den Briefkasten des Empfängers gelangt, obwohl dieser durch einen Aufkleber ausdrücklich kundgetan hat, dass er keine Werbung wünscht. Auch das unaufgeforderte Zusenden unbestellter Waren kann eine solche belästigende Werbung sein².
b) In § 7 Abs. 2 Ziffer 2 bis 4 UWG sind spezielle belästigende Werbeformen mittels Telefonanruf, Anrufen unter Verwendung automatischer Anrufmaschinen, Faxschreiben und elektronischer Post detailliert geregelt. Im Rahmen der Werbung einer Apotheke gegenüber Endverbrauchern dürften diese Werbeformen nur von untergeordneter Bedeutung sein. Nach § 7 Abs. 2 Ziffer 2 UWG darf gegenüber Verbrauchern mit Telefonanrufen nur geworben werden, wenn deren Einwilligung vorliegt. Gegenüber sonstigen Marktteilnehmern ist Telefonmarketing nur zulässig, wenn zumindest die mutmaßliche Einwilligung dieser Personen vorliegt. Im Anschluss an die bisherige Rechtsprechung wird man eine mutmaßliche Einwilligung eines Gewerbetreibenden mit telefonischen Werbeanrufen nur eng begrenzt annehmen können.
Bei einer Werbung mittels automatischer Anrufmaschinen, Faxgeräten oder elektronischer Post differenziert § 7 Abs. 2 Ziffer 3 UWG nicht zwischen Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern. Sie ist generell unzulässig, wenn keine Einwilligung der Werbeadressaten vorliegt. Allerdings relativiert § 7 Abs. 3 UWG das Verbot der Werbung bei Verwendung elektronischer Post. Eine unzumutbare Belästigung per E-Mail-Werbung ist dann nicht gegeben, wenn ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware von dem Kunden die E-Mail-Adresse erhalten hat, der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren verwendet, der Kunde der Verwendung seiner E-Mail-Adresse nicht widersprochen hat und der Kunde sowohl bei Erhebung der Adresse als auch bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
c) Der Grundsatz, dass es den Werbeadressaten möglich sein muss, Werbung jederzeit zu unterbinden, kommt auch in § 7 Abs. 2 Ziffer 4 UWG zum Ausdruck. Danach ist eine Werbung mit Nachrichten, bei der die Identität des Absenders verschleiert wird und der Adressat keine Möglichkeit hat, zu Übermittlungskosten nach den Basistarifen die Werbung zu unterbinden, generell belästigend.
Unterlassung nach § 8 UWG
Neben den materiellen Änderungen hat der Gesetzgeber auch im Verfahrensrecht einiges geändert und von der Rechtsprechung entwickelte Verfahrensweisen in das UWG übernommen. Nach § 8 Abs. 1 UWG kann derjenige, der § 3 UWG zuwiderhandelt, auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG regelt nunmehr auch ausdrücklich, dass bei einer sogenannten Begehungsgefahr, wenn also noch keine Zuwiderhandlung erfolgte, diese aber droht, ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden kann. Wie bisher schon § 13 Abs. 4 UWG a. F. begründet § 8 Abs. 2 UWG eine verschuldensunabhängige wettbewerbsrechtliche Haftung des Unternehmensinhabers für Zuwiderhandlungen seiner Mitarbeiter oder seiner Beauftragten.
Ein Apothekeninhaber kann sich also nicht darauf zurückziehen, dass eine Werbeagentur eine wettbewerbswidrige Werbung ohne sein Wissen platziert hat oder sich eine Apothekenmitarbeiterin weisungswidrig wettbewerbswidrig verhielt. Nach wie vor können auch Wettbewerbsverbände Unterlassungsansprüche geltend machen. Die entsprechende Regelung findet sich in § 8 Abs. 3 Ziffer 2 UWG.
Gewinnabschöpfung
Eine neue Regelung, deren praktische Relevanz derzeit noch nicht abgeschätzt werden kann, findet sich in § 10 UWG. Dort ist die sogenannte Gewinnabschöpfung niedergelegt. Im Falle eines vorsätzlichen Zuwiderhandelns gegen § 3 UWG kann ein Wettbewerbs- oder Verbraucherverband von dem Verletzer, wenn er zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt, die Herausgabe des Gewinns verlangen. Allerdings steht dieser Gewinn dem klagenden Verband nicht selbst zu, sondern er ist an den Bundeshaushalt abzuführen.
Das Gewinnabschöpfungsverlangen eines Wettbewerbsverbands ist also mit Unwägbarkeiten verbunden. Er muss ein vorsätzliches Verhalten des Schuldners darlegen und beweisen, was, wenn nicht offensichtlich vorsätzlich gegen eine abgegebene Unterlassungserklärung oder einen existierenden Unterlassungstitel verstoßen wird, schwer ist. Zudem muss es sich um eine an eine Vielzahl von Kunden gerichtete Werbemaßnahme handeln. Außerdem muss durch die Zuwiderhandlung bei einer Vielzahl von Abnehmern eine wirtschaftliche Schlechterstellung eingetreten sein. Hieran wird es regelmäßig fehlen, wenn der Preis, den der gegen das UWG Verstoßende verlangt bzw. verlangt hat, angemessen ist und die Abnehmer auch sonst keine Nachteile erlitten haben. Solche anderweitigen Nachteile könnten dann gegeben sein, wenn der Werbende entgegen § 5 Abs. 5 UWG vorsätzlich keinen ausreichenden Vorrat der beworbenen Waren vorhält.
Der Gewinn, den der Werbende erzielt hat, errechnet sich aus den Umsatzerlösen abzüglich der Herstellungskosten der Waren und der individuellen Betriebskosten. Aus der Gesetzesbegründung³ ergibt sich, dass Gemeinkosten und sonstige betriebliche Aufwendungen, die auch ohne das wettbewerbswidrige Verhalten angefallen wären, nicht abzugsfähig sind. Außerdem wird darauf verwiesen, dass in den Fällen, in denen die Höhe des Gewinns streitig ist, der Gewinn nach § 287 ZPO durch den mit der Sache befassten Richter zu schätzen ist.
Nach § 10 Abs. 2 UWG sind auf den Gewinn des Unternehmers die Leistungen anzurechnen, die er aufgrund der Zuwiderhandlung an Dritte oder an den Staat erbracht hat. Eine Doppelbestrafung soll so vermieden werden. Verstößt ein Gewerbetreibender gegen eine Unterlassungserklärung und verwirkt dadurch eine Vertragsstrafe, kann er die Vertragsstrafezahlung auf den Gewinn anrechnen. Gleiches gilt für eventuell festgesetzte Ordnungsgelder, die an die Staatskasse fließen. Auch dann, wenn ein Dritter ausnahmsweise Schäden durch die wettbewerbswidrige Handlung erlitten hat und der Werbende zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt ist, kann er die erstatteten Beträge in Abzug bringen. Nach der Gesetzesbegründung sind jedoch Kosten des Rechtsstreits keine abzugsfähigen Positionen.
Abmahnung
Mit § 12 Abs. 1 UWG hat der Gesetzgeber Verfahrensregelungen, die sich durch die Rechtsprechung im Wettbewerbsrecht seit langem eingebürgert hatten, in das UWG übernommen. So soll der Gläubiger eines Unterlassungsanspruchs den Schuldner vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Die Abmahnung ist üblich, muss aber nicht erfolgen. Mahnt der Gläubiger nicht ab und beantragt gleich den Erlass einer einstweiligen Verfügung, muss er aber damit rechnen, die Kosten des Verfügungsverfahrens bei Anerkennung des Unterlassungsanspruchs zu tragen.
Eine ausdrückliche Rechtsgrundlage hat nunmehr auch der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten, der bisher aus der Rechtsfigur der Geschäftsführung ohne Auftrag hergeleitet oder als Schadensersatz geltend gemacht wurde. Jetzt bestimmt § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ausdrücklich, dass im Falle der berechtigten Abmahnung der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden kann.
Zuständigkeit der Landgerichte
Gemäß § 13 Abs. 1 UWG sind für Wettbewerbsstreitigkeiten zukünftig ausschließlich die Landgerichte zuständig. Praktisch war das wegen der regelmäßig über 5 000 Euro liegenden Streitwerte bei Unterlassungsansprüchen in den meisten Fällen schon jetzt so. Gerade bei der Geltendmachung von Abmahnkosten kam es aber zur Zuständigkeit der Amtsgerichte, bei denen es keine Richter mit Spezialzuständigkeit im Wettbewerbsrecht gibt und mangels Masse die Feinheiten des UWG unter Umständen ein eher unbekanntes Terrain waren. Durch die Regelung in § 13 Abs. 1 UWG ist jetzt klargestellt, dass für alle zivilrechtlichen Streitigkeiten aufgrund des UWG die Landgerichte ausschließlich zuständig sind.
Strafvorschriften
Schließlich enthält auch das neue UWG verschiedene Strafvorschriften. Nach § 16 Abs. 1 UWG kann mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft werden, wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt. Diese Vorschrift befand sich sinngemäß bisher schon in § 4 UWG a.F., ohne dass sie größere praktische Relevanz entfaltete. § 16 Abs. 2 UWG verbietet Schneeballsysteme, die sich an Verbraucher richten. Eine im Wesentlichen identische Regelung war in § 6c UWG a.F. enthalten.
Der Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ist unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 17 UWG nach wie vor eine Straftat. Dies gilt gleichermaßen für die Verwertung von Vorlagen nach § 18 UWG. Beide Vorschriften werden im Segment der Apothekenwerbung kaum Relevanz erlangen.
Fazit
Das neue UWG hat das Wettbewerbsrecht weiter liberalisiert. Der werbeaktive Apotheker muss sich aber vergewärtigen, dass er nicht nur die Vorschriften des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb einzuhalten hat, sondern bei einer Vielzahl von Werbemaßnahmen wegen des pharmazeutischen Bezugs auch die Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes beachten muss. Zudem unterliegt er den Restriktionen der (noch) nicht liberalisierten berufsrechtlichen Werbevorschriften. So ist es nicht ausgeschlossen, dass Marketingmaßnahmen zwar von UWG und HWG erlaubt, von der Berufsordnung jedoch verboten und deshalb von der Apothekerkammer mit einem berufsrechtlichen Verfahren geahndet werden. Schon deshalb sollte vor Schaltung einer Werbung fachkundiger Rat eingeholt werden.
Fußnoten
1 vgl. DAZ 2004, Heft Nr. 29, S. 47. 2 Vgl. BT-Drs. 15/1487, S. 21. 3 Vgl. BT-Drs. 15/1487, S. 24.
Im zweiten Teil seines Beitrags über das neue Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) beleuchtet Fachanwalt Timo Kieser, welche Änderungen das neue Regelwerk noch bringt. So wurde unter anderem neu geregelt oder neu eingeführt, was "irreführende Werbung" ist, was man sich unter dem "Verschweigen von relevanten Tatsachen" vorstellen kann oder was als "Vortäuschen einer Preissenkung" gilt. Was Sie über das neue UWG wissen müssen, lesen Sie ab Seite
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