Arzneimittel und Therapie

Medikamentenübergebrauch: Triptane an weniger als 10 Tagen pro Monat einnehmen!

Die Internationale Kopfschmerzgesellschaft hat im September die neue Fassung der Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen vorgestellt. Prof. Hans-Christoph Diener stellte einige wichtige Änderungen vor. Im Mittelpunkt eines Symposiums beim Deutschen Schmerzkongress stand der Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch.

Neue Kopfschmerz-Klassifikation

Die neue internationale Kopfschmerz-Klassifikation unterscheidet episodische und chronische Kopfschmerzen anhand der Zahl der Kopfschmerztage pro Monat: Bei weniger als 15 Kopfschmerztagen pro Monat spricht man jetzt von episodischem, bei 15 oder mehr Kopfschmerztagen von chronischem Kopfschmerz. Neben den primären Kopfschmerzerkrankungen Migräne, Kopfschmerz vom Spannungstyp, Cluster-Kopfschmerz (und andere trigemino-autonome Kopfschmerzerkrankungen) sowie anderen Kopfschmerzen sind verschiedene sekundäre Kopfschmerzerkrankungen aufgelistet, darunter auch der Kopfschmerz, der auf eine Substanz oder deren Entzug zurückzuführen ist. Zu den Kopfschmerzen, die auf einen akuten Substanzgebrauch zurückzuführen sind, gehören beispielsweise Alkoholinduzierter-Kopfschmerz, Kopfschmerz durch NO-Donatoren, Kopfschmerz durch Phosphodiesterasehemmer ("Viagra-Kopfschmerz") und Kopfschmerz durch Natriumglutamat.

Dauerkopfschmerz durch Schmerzmittel

Ein chronischer Kopfschmerz durch regelmäßige, zu häufige Schmerzmittel-Einnahme heißt in der neuen Klassifikation Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch (Medication overuse headache). Medikamentenübergebrauch ist in der neuen Klassifikation anhand der Zahl der Einnahmetage pro Monat definiert. Die Zahl der Einnahmetage korreliert üblicherweise mit der Gesamtdosis. Als Medikamentenübergebrauch gelten:

  • die Einnahme von Triptanen (bzw. Ergotaminen, Opioden oder Kombinationsanalgetika) an 10 oder mehr Tagen pro Monat,
  • die Einnahme einfacher Analgetika (Monopräparate) an 15 oder mehr Tagen pro Monat, jeweils mindestens drei Monate lang.

Migräne-Patienten sind gefährdet

An Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch leiden schätzungsweise 1 bis 2% der Bevölkerung, also in Deutschland zwischen 800 000 und 1,6 Millionen Menschen. Warum der Schmerzmittelmissbrauch zum Dauerkopfschmerz führen kann, bleibt bislang unklar. Einer norwegischen Studie zufolge haben nicht alle Schmerzpatienten ein gleich hohes Risiko für einen Dauerkopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch. Personen mit Migräne oder Spannungskopfschmerzen haben im Falle eines Medikamentenübergebrauchs ein 20fach erhöhtes Risiko, während das Risiko bei Patienten mit Cluster-Kopfschmerz oder Rückenschmerzen gering ist.

Kombinationsanalgetika an führender Stelle

Die Eigenschaften des Dauerkopfschmerzes, die Erfolgsquote eines Entzugs und die Rückfallrate werden sowohl vom primären Kopfschmerztyp als auch von der missbräuchlich eingenommenen Substanzklasse bestimmt. Die häufigsten Auslöser für Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch sind Kombinationsanalgetika. Sie bestehen aus einfachen Analgetika in Kombination mit Coffein, einem Barbiturat oder einem Opioid. In Deutschland gehören Coffein-Kombinationen noch immer zu den meistverkauften Analgetika. Sowohl einfache als auch Mischanalgetika können bei Übergebrauch einen Kopfschmerz vom Spannungstyp auslösen (beidseitig, drückende/beengende Qualität, leicht bis mittlere Intensität).

Dauerkopfschmerz unter Triptanen

Eine neue Arzneimittelgruppe mit Missbrauchsgefahr sind die Triptane. Eine prospektive Studie an 98 Patienten mit Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch zeigte, dass es unter Triptanen (n = 38) bereits nach durchschnittlich 1,7 Jahren zum Dauerkopfschmerz kommt und damit wesentlich schneller als unter Ergotaminen (2,7 Jahre; n = 12) oder Analgetika (4,8 Jahre; n = 46). Patienten mit einem Triptan-Übergebrauch klagen häufig über eine Zunahme der Migränehäufigkeit und später über einen täglichen migräneartigen Schmerz. Ein Triptan-Entzug gelingt aber auch sehr viel rascher und mit geringerer Rückfallquote als andere Analgetika-Entzüge. Die Rückfallgefahr ist im ersten Jahr am höchsten. Bislang verhindert nach Ansicht von Professor Diener vor allem der hohe Preis die zu häufige Verordnung von Triptanen. Nach Wegfall des Patentschutzes für das erste Triptan in drei Jahren könnten billige Generika einem Triptan-Übergebrauch Tür und Tor öffnen.

Quelle Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen; Dr. Zaza Katsarava, Essen: Symposium "Chronifizierung von Kopfschmerzen und Medikamenten-Abusus", Münster, 9. Oktober 2003, im Rahmen des Deutschen Schmerzkongresses 2003.

Die Internationale Kopfschmerzgesellschaft hat im September die neue Fassung der Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen vorgestellt: es werden episodische und chronische Kopfschmerzen anhand der Zahl der Kopfschmerztage pro Monat unterschieden. Ein chronischer Kopfschmerz durch regelmäßige, zu häufige Schmerzmittel-Einnahme heißt in der neuen Klassifikation Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch.

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