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- DAZ 30/2003
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Arzneimittel und Therapie
Dickdarmkrebs: Chemoprävention mit ASS?
Es gibt zahlreiche Hinweise, dass Acetylsalicylsäure und andere nicht steroidale Antirheumatika (NSAID) das Darmkrebsrisiko senken können. Es ist jedoch schwierig, den Benefit einer Chemoprävention mit NSAIDs zu konkretisieren und rechnerisch zu erfassen, da sich Darmtumoren während eines langen Zeitraums entwickeln und jahre- bis jahrzehntelange Studien notwendig wären, um aussagekräftige Daten zu erhalten.
Da sich aber die allermeisten Kolonkarzinome aus gutartigen Adenomen entwickeln, kann das Auftreten von Adenomen – bzw. die Reduktion von Adenomen – als Surrogatendpunkt für Präventionsstudien dienen, die dann über einen wesentlich kürzeren Zeitraum durchgeführt werden können. Dieser Methode bediente sich eine amerikanische Arbeitsgruppe, die das Auftreten von Adenomen als Präkursor von Dickdarmkarzinomen unter der Einnahme von Acetylsalicylsäure und Plazebo untersuchte.
Studie mit Risikopatienten
Für die doppelblinde, plazebokontrollierte und randomisierte Studie wurden 625 Patienten im Alter von 30 bis 80 Jahren ausgewählt, die bereits einmal an einem Dickdarmkarzinom erkrankt waren, nun aber als geheilt galten. Man entschied sich für diese Risikogruppe, da bei ihr die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten neuer Adenome größer ist und somit eine mögliche Chemoprävention mit ASS deutlicher nachgewiesen werden kann.
Bei allen Studienteilnehmern führte man kurz vor Studienbeginn eine Koloskopie durch, und eventuell vorhandene Polypen waren entfernt worden. Die Patienten wurden randomisiert zwei Gruppen zugeteilt, die Hälfte der Studienteilnehmer erhielt während rund 31 Monaten einmal täglich 325 mg Aspirin, die Vergleichsgruppe ein Plazebo. Der primäre Studienendpunkt war das Auftreten neuer Adenome, sekundäre Endpunkte die Anzahl neuer Adenome und das Erfassen des Zeitraums, in dem sich die neuen Adenome gebildet hatten.
Weniger Adenome durch ASS
517 Patienten beendeten die Studie. Bei 17% der Verumgruppe wurden ein oder mehrere Adenome festgestellt; in der Vergleichs-Gruppe waren es 27% (p = 0,004). Die Anzahl der Adenome war in der ASS-Gruppe geringer als in der Plazebo-Gruppe (im Durchschnitt 0,3 vs. 0,49; p = 0,003). Das relative Risiko für das Wiederauftreten eines Adenoms betrug für die ASS-Gruppe 0,65, für die Plazebo-Gruppe 1.
Die Zeitdauer bis zum ersten Auftreten eines Adenoms wurde durch Acetylsalicylsäure deutlich verlängert. Im Hinblick auf die Größe der Adenome und auf den Anteil der Patienten mit fortgeschrittenen Adenomen konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden.
Acetylsalicylsäure für alle?
In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass ASS bei Risikogruppen das Auftreten neuer Adenome reduzieren kann. Auch andere prospektive und retrospektive Untersuchungen weisen auf einen protektiven Effekt von Acetylsalicylsäure und anderen NSAIDs (z. B. Sulindac oder Celecoxib) hin. Kann man daraus eine generelle Empfehlung von ASS zur Primär- und Sekundärprävention ableiten? Eher nein.
Bevor diese Empfehlung ausgesprochen werden kann, müssen einige Punkte wie Dauer der Einnahme, Dosis, Nutzen-Risiko-Verhältnis, der tatsächliche Benefit, mögliche Zielgruppen etc. geklärt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint eine routinemäßige Einnahme von Acetylsalicylsäure zur Verhinderung kolorektaler Tumoren noch verfrüht.
Wie die chemopräventive Wirkung von ASS und anderen NSAIDs genau zustande kommt, ist noch nicht geklärt. Man weiß aber, dass die Bildung von Cyclooxygenase-2 im Kolon- und Rektumkarzinomgewebe überexprimiert ist, und man vermutet, dass die präventive Wirkung zumindest teilweise durch eine Hemmung der COX erfolgt.
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