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Praxis
Kosmetikherstellung in der Apotheke
Personal
Die sechste Änderungsrichtlinie der EU-Kosmetik-Direktive fordert in Artikel 7a (dieser definiert die bereitzuhaltenden Produktangaben), dass eine für die Herstellung kosmetischer Mittel verantwortliche Person zu benennen ist. Sie muss eine nach dem Recht und den Gepflogenheiten des Mitgliedstaates des Herstellungsortes angemessene berufliche Qualifikation oder Erfahrung aufweisen. Da diese behördliche Formulierung recht offen gehalten ist, hat der Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e. V. (IKW) eine präzisierende Empfehlung veröffentlicht. Gemäß Vorschlag des IKW sollte es sich dabei um eine Person mit abgeschlossener technischer oder naturwissenschaftlicher Ausbildung und einer mindestens dreijährigen Erfahrung in der Herstellung von kosmetischen Mitteln oder "artverwandten Produkten" (z. B. Rezepturarzneimittel) handeln.
Im Gegensatz zum AMG-Herstellungsleiter ist zur Ausübung dieser Tätigkeit keine Mitteilung an die zuständige Behörde erforderlich. Hinsichtlich der Benennung der für die Herstellung verantwortlichen Person ergeben sich für öffentliche Apotheken mehrere Optionen. In der Regel wird der Inhaber einer Apotheke selbst als die verantwortliche Person auftreten. Die an diese Person zu stellenden Qualifikationsanforderungen werden jedoch auch von Apothekerassistenten, Pharmazeutischen Assistenten, Pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) und Pharmazieingenieuren erfüllt. Der Apothekeninhaber könnte somit auch eine der genannten Fachkräfte mit der Ausübung dieser Tätigkeit beauftragen.
Alle weiteren in der Kosmetikherstellung eingesetzten Mitarbeiter sollen ihrer Tätigkeit entsprechende Sach- und Fachkenntnisse, Erfahrung und Kompetenz besitzen und zu regelmäßigen Schulungen geladen werden. Durchzuführende Tätigkeiten sollten in Arbeitsplatzbeschreibungen niedergelegt sein. Für kleinere kosmetikherstellende Apotheken empfiehlt es sich auch der Einfachheit halber, auf Apothekenstammpersonal zurückzugreifen. Bei ausschließlicher Betrachtung der Personalkosten würde die Wahl zunächst auf nichtpharmazeutisches Personal, d. h. Apothekenhelfer, Apothekenfacharbeiter und Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte (PKA) fallen. Dieser Personenkreis bedarf vor Einsatz jedoch einer zeit- und kostenaufwändigen Einarbeitung, um den Erfordernissen von Kosmetik-GMP gerecht zu werden. Pharmazeutisch-technische Assistenten hingegen besitzen aufgrund ihrer durchlaufenen Ausbildung, ihrer Grundkenntnisse bezüglich (Arznei-)GMP und gesammelter Erfahrungen in der Apothekenrezeptur hervorragende Voraussetzungen für die sachgemäße Kosmetikherstellung. Der kosmetische Unternehmer wird letztlich auf betriebswirtschaftlicher Basis zu entscheiden haben, ob er Stamm- und/oder Fremdpersonal beschäftigt.
Räumlichkeiten
Während die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) in Paragraph 4 definierte Anforderungen an Art, Größe, Zahl, Lage und Einrichtung der Apothekenbetriebsräume stellt, spricht die CoE-Kosmetik-GMP-Leitlinie lediglich die Empfehlung aus, getrennte Herstellungs- und Prüfräume, Lager- und Sanitärräume bereitzuhalten. Letztgenannte räumliche Gegebenheiten sollten für "klassische" öffentliche Apotheken ohne größere Probleme nachzuweisen sein, sofern sich Chargengrößen und Anzahl gefertigter Kosmetikprodukte in überschaubarem Rahmen halten.
Kosmetikrohstoffe sollten in einem abgetrennten Teil des Laboratoriums oder eines Lagerraums (sog. "Quarantänelager") aufbewahrt werden, bis ihre Eignung festgestellt ist. Sie können dann als so genannte "freigegebene Rohstoffe" an anderer Stelle der Apotheke, ausreichend gekennzeichnet und abgesondert von pharmazeutischen Ausgangs- und Endprodukten, gelagert werden. Als Herstellungsort wird das Apothekenlaboratorium genutzt werden, sofern eine Untermischung mit pharmazeutischen Erzeugnissen ausgeschlossen werden kann. Für Prüfzwecke mit Ausnahme mikrobiologischer Untersuchungstätigkeiten, die den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) unterliegen, bietet sich ebenfalls das Laboratorium an.
An die Räumlichkeiten stellen die Kosmetik-GMP-Leitlinien recht allgemeine Anforderungen wie beispielsweise "Möglichkeit der trockenen und sauberen Unterbringung aller Ausgangsmaterialien und Fertigprodukte", ausreichende Hygiene, geeignete klimatische Verhältnisse, relative Staubfreiheit sowie ausreichende Beleuchtung. Über die Umsetzung dieser Anforderungen in Apotheken zu diskutieren hieße "Eulen nach Athen zu tragen". Jedoch limitieren die Nutzflächen von Lagerraum und Laboratorium (in "typischen" Apotheken kleiner als 20 Quadratmeter) die Mengen an lagerbaren Ausgangsstoffen und damit die Chargengrößen. Bei Ansatzmengen, die das Platzangebot der zur Herstellung geeigneten Apothekenbetriebsräume zu sprengen drohen, ist folglich an eine Fertigung außerhalb der Apotheke zu denken, ggf. auch bei einem Lohnhersteller.
Ausgangsstoffe und Behältnisse
Gemäß Paragraphen 6 und 11 ApBetrO sind zur Herstellung von Arzneimitteln ausschließlich Ausgangsstoffe und Behältnisse zu verwenden, die eine nach der pharmazeutischen Wissenschaft erforderliche Qualität aufzuweisen haben. Die Rohstoffe müssen den Arzneibuchforderungen bezüglich Identität, Reinheit und Gehalt, ggf. auch hinsichtlich mikrobiologischer und toxikologischer Eigenschaften entsprechen. Materialien für Behältnisse sowie die Behältnisse selbst müssen ebenfalls den Bestimmungen des Arzneibuchs entsprechen.
Die Kosmetikverordnung (KVO) hingegen orientiert sich nicht an einem bestimmten offiziellen Regelwerk (wie dem Arzneibuch), sondern verlangt grundsätzlich die Bereitstellung physikalisch-chemischer und mikrobiologischer Spezifikationen für alle eingesetzten Rohstoffe. Angesichts dieser Ausgangssituation hat der kosmetikherstellende Apotheker prinzipiell die Wahl, auf (geprüfte) pharmazeutische oder auf nichtpharmazeutische Rohstoffe zurückzugreifen. Je nach Wahl der Ausgangsstoffe hat er auf Besonderheiten bei den Prüfungen zu achten, worauf in Folge 5 näher eingegangen wird.
Über Wasser zu kosmetischen Zwecken wurde bereits in Folge 2 kurz berichtet. In manchen Fällen – vor allem bei kleineren Chargengrößen und ggf. bei Zusatz von Konservierungsstoffen – wird die Abkochung von Leitungswasser zur Erzielung ausreichender mikrobieller Reinheit genügen. Im Regelfall empfiehlt sich jedoch die Verwendung von Gereinigtem Wasser, welches durch Destillation oder mittels Umkehrosmose gewonnen wurde. Unter Verwendung von Ionenaustauschern hergestelltes Aqua enthält leider oft grenzwertüberschreitende Mengen an Mikroorganismen, sofern nicht für eine regelmäßige Reinigung der Ionenaustauscherharze gesorgt wurde.
Ausgangsstoffe und Behältnisse sind gemäß Kosmetik-GMP-Leitlinien so zu kennzeichnen, dass die Identifikation und Rückverfolgbarkeit der Materialien und die Darstellung des Prüfstatus gewährleistet sind. Der aktuelle Prüfstatus von Ausgangsmaterialien, Bulkware und Fertigpräparaten kann über die Farbgebung aufgebrachter Produktetiketten visualisiert werden: "Gelb" für "Quarantäne", "Grün" für "Freigabe" (zur Verwendung, Weiterverarbeitung bzw. Auslieferung) und "Rot" für "Sperrung". In Bezug auf Ausgangsmaterialien sollten ferner Verfahren der Probenentnahme beschrieben sein. Ferner ist für die Gewinnung von Rückstellmustern zu sorgen. Auf beide Aspekte wird in Folge 5 näher eingegangen.
Vergleicht man Rezepturen für Kosmetika mit solchen für Dermatika, stellt man fest, dass in beiden Fällen häufig vergleichbare Ausgangsstoffe eingesetzt werden. Dies gilt insbesondere für die Zusammensetzung der jeweils verwendeten Grundlagen. In beiden Fällen finden Lipide, Emulgatoren, Hydrogelbildner, Feuchthaltemittel, Konservierungsstoffe und viele andere Substanzen Verwendung. Eine pauschale Empfehlung hinsichtlich der Verwendung ZL-(Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker)-geprüfter Waren soll und kann an dieser Stelle nicht gegeben werden. In der Regel wird der kosmetikherstellende Apotheker die Beschaffungs- und Prüfkosten pharmazeutischer und nichtpharmazeutischer Rohstoffe in Relation setzen und so zu einer Entscheidung für oder gegen einen Bezug monographiekonformer Ware gelangen.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang ferner, dass der pharmazeutische Großhandel ZL-geprüfte Rohstoffe nur bis zu bestimmten Gebindegrößen (i. d. R. maximal 5 kg bzw. 5 l) liefert. Darüber hinausgehende Mengen müssen direkt ab Rohstoffhersteller oder über Zwischenhändler bezogen werden, wobei die Lieferanten oft Mindestbestellmengen fordern, deren Umfang die Lagerkapazitäten von Apotheken übersteigen kann. Bei Direktbezug finden sich jedoch oft keine detaillierten Produktspezifikationen und (pharmazeutische) Prüfdokumentationen zu herstellerseitig durchgeführten Qualitätsprüfungen beiliegend, was die teilweise recht aufwändige Erstellung hauseigener Produkt- und Prüfspezifikationen und die Durchführung eigener Prüfungen erforderlich macht.
Laut Gesetz sind "Packungen, Behältnisse und sonstige Umhüllungen, die dazu bestimmt sind, mit kosmetischen Mitteln in Berührung zu kommen", Bedarfsgegenstände (§ 5 LMBG). Diese müssen bei bestimmungsgemäßem oder vorherzusehendem Gebrauch unbedenklich sein (§ 30 LMBG). Während in der Pharmazeutischen Industrie eine Abpackung halbfester Darreichungsformen aus Gründen chemischer und mikrobieller Stabilität fast ausschließlich in innenschutzlackierten Aluminiumtuben erfolgt und sich in öffentlichen Apotheken die Abfüllung in aponorm®-Kruken ("per manum" oder unter Zuhilfenahme von motorbetriebenen Kleinstmischgeräten) etabliert hat (dies trotz einer Empfehlung zur Verwendung von Aluminiumtuben, die auf das DAB 9 zurückgeht), lässt die KVO die Beschaffenheit des Primärpackmittels vollkommen offen. Damit kann der kosmetische Unternehmer frei zwischen beispielsweise Glas- oder Kunststoffbehältnissen (PE, PET, PP) wählen.
Aus marketingtechnischen Aspekten empfiehlt sich die Wahl optisch recht ansprechender Primärpackmittel. Renommierte Packmittellieferanten bestätigen bereitwillig die Unbedenklichkeit der eingesetzten Polymere und Additive unter Bezugnahme auf die "Kunststoff-Empfehlungen" des BgVV/BfR.
Technische Ausstattung
Die in öffentlichen Apotheken vorzuhaltenden technischen Gerätschaften definieren sich über die in § 4 (7) ApBetrO beschriebenen Herstellungsverfahren. Diese müssen u. a. die Fertigung von Salben, Suspensionen und Emulsionen zulassen. Üblicherweise vorhandene Gerätschaften (z. B. Fantaschale und Pistill) sind jedoch nur für eine Herstellung halbfester Darreichungsformen in Kleinst- mengen ausgelegt.
Viele Apotheken verfügen heute im Rezepturbereich zwar bereits über geschlossene Misch- und Zerkleinerungsgeräte wie beispielsweise Unguator® (GAKO Konietzko GmbH, Bamberg) und TopiTec® (WEPA Apothekenbedarf GmbH u. Co. KG, Hillscheid), die Chargenansätze bis zu circa einem Kilogramm ermöglichen. In der Regel wird eine Herstellung kosmetischer Mittel jedoch erst bei größeren Ansätzen rentabel, sodass die üblicherweise verwendeten Gerätschaften sich rasch als zu klein erweisen. Zudem bieten nichttemperierbare Mischsysteme wie Unguator® und TopiTec® keine Möglichkeiten, Fettphasen "aufzuschmelzen", wie es bei der Zubereitung zahlreicher kosmetischer Rezepturen erforderlich wird.
Ferner ist es unzulässig, nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln geprüfte (kosmetische) Ausgangsstoffe in Gerätschaften zu verarbeiten, die primär der Herstellung von arzneilichen Rezepturen dienen, es sei denn, der Anwender hätte durch eine i. d. R. sehr aufwändige Reinigungsvalidierung nachgewiesen, dass wechselseitige Verunreinigungen ("cross-contamination") vermieden werden. Zur rationellen Herstellung von größeren Ansätzen (wenige kg bis ca. 100 kg) bieten sich kompakte Mischgeräte verschiedener Hersteller an.
Als Beispiel seien die Universalmaschinen der Firma A. Stephan und Söhne GmbH & Co. KG, Hameln, genannt. Bei der Baureihe UMC (s. Abb.) handelt es sich um GMP-konforme Dispergiersysteme, welche über einen wasserdurchflossenen Doppelmantel verfügen, der eine Erwärmung des Füllguts auf bis zu 95 °C und somit ein Aufschmelzen der Massen erlaubt. Eine Herstellung dickflüssiger und pulverförmiger kosmetischer Darreichungsformen ist mit diesem Maschinentyp ebenfalls möglich (z. B. Shampoos und desodorierende Puder). Zur sukzessiven Einwaage der Rezepturbestandteile in das Ansatzgefäß ist eine Hochlastwaage mit einer der üblichen Chargengröße angepassten Maximallast zweckmäßig.
Für die Herstellung noch größerer Ansätze (> 100 kg) bieten sich entsprechend groß dimensionierte, beheizbare Mischsysteme an, die ggf. eine Vermischung von Komponenten im In-line-Prozess erlauben (z. B. Produktionsanlagen der Firma Gebr. Lödige Maschinenbau GmbH, Paderborn). Während Dispergiersysteme vom Format der Stephan-Fabrikate noch in großzügig dimensionierten Apothekenlaboratorien Platz finden dürften, benötigen Spezialmaschinen der Firma Gebr. Lödige und vergleichbarer Anbieter spezielle bauliche Gegebenheiten.
Die Wahl der Abfüllmethode (per Hand oder automatisiert) wird in Abhängigkeit von der Chargengröße getroffen. Große Ansätze machen prinzipiell eine maschinelle, automatisierte Warmabfüllung erforderlich. Die Chargengrößen kleinerer Kompaktanlagen lassen durchaus noch eine manuelle Abfüllung mit einer Schöpfkelle aus Edelstahl zu. Wesentlich angenehmer gestaltet sich hingegen die Konfektionierung unter Verwendung kompakter volumetrischer Drehschiebergeräte, die über einen beheizbaren Trichter und eine elektrische Zuführschnecke verfügen (z. B. Firma Würschum GmbH Dosieranlagen – Abfüllmaschinen, Ostfildern). Diese Abfüllanlagen sind bereits für kleine Chargengrößen ab ca. 1 kg geeignet. Die befüllten Behältnisse sind anschließend unter Verwendung handelsüblicher elektronischer Präzisionswaagen oder – eleganter – dynamischer Kontrollwaagen ("check-weigher") auf Gewichtskonformität zu prüfen. Die Bestimmungen der Fertigpackungsverordnung finden hierbei Berücksichtigung.
Die nächste Folge wird sich Kosmetikrezepturen, zugrunde liegenden Herstellungsverfahren und Aspekten einer ordnungsgemäßen Lagerung von kosmetischen Präparaten widmen.
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