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Recht aktuell
Änderung des Apothekengesetzes: Heimversorgung auf dem Prüfstein: Pharmazeutis
Die Konsequenzen des § 12a ApoG
Die heutige Form der Belieferung von Heimen mit Arzneimitteln durch die Apotheke leistet zu wenig, um Missstände in Alten- und Pflegeheimen effektiv zu beseitigen. Turnusmäßige Wechsel hinterlassen zwangsläufig Lücken im erfassten Medikationsprofil der Heimbewohner und machen es dem Apotheker somit unmöglich, seine Beratungskompetenz voll einzubringen. Das neue Apothekengesetz bietet Chancen, eine patientennahe Heimversorgung durch die Apotheke aufzubauen, die sich nicht mehr mit dem vergleichen lässt, was man bisher unter dem pauschalen Begriff "Heimbelieferung" verstanden hat.
Änderung des Apothekengesetzes: § 12a
Bereits 1997 wurde vom Bundesland Berlin eine Initiative zur Änderung des Apothekengesetzes eingebracht, um u. a. die unbefriedigende Zusammenarbeit zwischen Heim und Apotheke neu zu regeln. In der Bundestagsvorlage aus dem Jahr 1999 wurde der Vorschlag unterbreitet, dies explizit im neu zu schaffenden § 12a zu regeln. Nach intensiven Diskussionen legte schließlich im März 2002 die Fraktion der SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag vor, der nach Modifikation im Vermittlungsausschuss ("Impfstoffe bleiben in der Apotheke") am 21. Juni 2002 vom Bundestag verabschiedet wurde.
Für die Heimversorgung treten bedeutende Änderungen ein: entgegen dem bisherigen Verbot, enge Beziehungen zwischen Heim und Apotheke zu knüpfen, werden durch den § 12a ApoG Versorgungsverträge zwischen Heim und Apotheke verpflichtend. Damit schließt der Gesetzgeber die Lücke zum aktuellen Heimgesetz, in das er bereits zum Jahreswechsel neue Bestimmungen zu Arzneimitteln aufgenommen hatte:
HeimG § 11: Anforderungen an den Betrieb eines Heims (1) Ein Heim darf nur betrieben werden, wenn der Träger und die Leitung ... 10. sicherstellen, dass die Arzneimittel bewohnerbezogen und ordnungsgemäß aufbewahrt und die in der Pflege tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mindestens einmal im Jahr über den sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln beraten werden.
HeimG § 13: Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht (1) Der Träger eines Heims hat nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buch- und Aktenführung Aufzeichnungen über den Betrieb des Heims zu machen, aus denen insbesondere ersichtlich sind: ... 5. der Erhalt, die Aufbewahrung und die Verabreichung von Arzneimitteln einschließlich der pharmazeutischen Überprüfung der Arzneimittelvorräte und der Unterweisung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über den sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln.
Vor allem die letzte Passage hat Konsequenzen: die pharmazeutische Überprüfung der Arzneimittel bzw. der Arzneimittelvorräte. Dies kann heimeigenes Personal nur bedingt leisten. Denn die Qualifikationen der Fachkräfte im Heim liegen anforderungsgemäß nicht auf pharmazeutischem Gebiet. Daher ist es sinnvoll, diese Aufgabe dahin zu verlagern, wo der höchste Sachverstand liegt – in die Apotheke:
Gesetz zur Änderung des Apothekengesetzes ApoG § 12a: (1) Der Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke ist verpflichtet, zur Versorgung von Bewohnern von Heimen im Sinne des § 1 des Heimgesetzes mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten mit dem Träger der Heime einen schriftlichen Vertrag zu schließen. Der Vertrag bedarf zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der zuständigen Behörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. die öffentliche Apotheke und die zu versorgenden Heime innerhalb desselben Kreises ... oder in einander benachbarten Kreisen ... liegen, 2. die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung gewährleistet ist, ... sowie die Pflichten zur Überprüfung der ordnungsgemäßen ... Aufbewahrung der von ihm gelieferten Produkte durch pharmazeutisches Personal der Apotheke ..., 3. die Pflichten des Apothekers zur Information und Beratung ... festgelegt sind.
Dies bedeutet, dass für die Arzneimittelversorgung das Heim und die Apotheke direkt und räumlich eng zusammenarbeiten sollen – und jeder Beteiligte seinen Teil verantwortet. Die notwendige Trennlinie kann und muss heimbezogen definiert und im neuen Versorgungsvertrag festgehalten werden. Versorgungsverträge sind verpflichtend spätestens ein Jahr nach In-Kraft-Treten des Gesetzes, also ab Sommer 2003.
Begründung: Um die Erarbeitung und Abstimmung eines Mustervertrages, den Abschluss entsprechender Verträge und deren Genehmigung zu ermöglichen, wird das In-Kraft-Treten ... auf ein Jahr nach der Veröffentlichung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt festgelegt.
Die Konsequenz für das Heim
Für das Heim bringt der Versorgungsvertrag die Perspektive, die Versorgung mit Medikamenten langfristig sicherzustellen, die gemeinsame Verantwortung zwischen Heim und Apotheke festzuhalten sowie die jeweiligen Verantwortlichkeiten zuzuordnen. Darüber hinaus bietet die Tatsache, den Vertrag nicht nur akzeptieren, sondern in seiner Umsetzung/Ausgestaltung verhandeln zu können, dem Heim die Möglichkeit, weitere lang gehegte Interessen vorzubringen, die es an einen Versorgungsvertrag stellt.
Dazu gehören z. B.
- wirksamer Rat für alle Fragen rund um die Medikation der Bewohner;
- aktive Unterstützung bei der notwendigen Arzneimittel-Dokumentation;
- gleichbleibende Qualität der Versorgung aus einer Hand;
- gezielte Schulungen über arzneimittelrelevante Themen;
- bestmögliche Unterstützung beim Aufbau des internen Qualitätsmanagements.
Das Heim/der Heimträger wird gezielt die eigenen Interessen in den Vertrag einbringen – und mit dem Apotheker abschließen, der dem Heim am meisten Nutzen stiftet.
Konsequenz für die Apotheke
Qualität und Sicherheit in der Medikamentenversorgung wird als Basisleistung der Apotheke vom Heim erwartet – zu Recht. Bereits die gewünschte Mitverantwortung des Apothekers für die Medikation der Heimbewohner birgt jedoch Brisanz: der Apotheker kann heute die oft beschworene pharmazeutische Betreuung nicht immer anbieten – die jetzt vom Heim eingefordert wird. Pharmazeutische Betreuung kann sinnvoll nur erbracht werden, wenn von der versorgenden Apotheke
- möglichst alle Medikamente kontinuierlich erfasst werden,
- eine individuelle Patientenhistorie aufgebaut werden kann.
Beide Punkte bedingen, dass die Apotheke ihre Heimpatienten über eine lange Zeit hin betreut. Im Gegensatz zur jetzigen Heimbelieferung verbietet die zukünftige Heimversorgung, dass ein Heim roulierend zwischen mehreren Apotheken aufgeteilt wird. Das häufig anzutreffende Rotationsprinzip, um möglichst viele Apotheken am Ort einzubeziehen, widerspricht fundamental dem Gedanken der pharmazeutischen Betreuung. Somit ist eine wichtige Konsequenz: ein Versorgungsvertrag sollte mit einer Apotheke geschlossen werden.
Erst wenn das Heim eine gewisse Größe aufweist, die es erlaubt, eigenständige Bereiche zu bilden, sollte davon abgewichen werden: eine klare Trennung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten gewährleistet dann, dass zwei (oder mehr) Apotheken sinnvolle pharmazeutische Betreuung umsetzen können.
Der Versorgungsvertrag aus dem § 12a ApoG steigert die Bedeutung der pharmazeutischen Betreuung im Heim – und pharmazeutische Betreuung fördert den Wettstreit zwischen Apotheken um den Versorgungsvertrag. Dass die Versorgungsqualität unter professioneller pharmazeutischer Betreuung nachweislich entscheidende Verbesserungen gewährleistet, wurde erst kürzlich belegt (siehe Meyer-Wilmes, Pharmazeutische Zeitung Nr. 31, S. 26).
Kastentext: Die gesetzlichen Neuerungen auf einen Blick
Neu ist die direkte Festschreibung zum Umgang mit Arzneimitteln im Heim-Gesetz (bisher nicht geregelt) über den Erhalt, die Aufbewahrung und die Verabreichung von Arzneimitteln einschließlich der pharmazeutischen Überprüfung der Arzneimittelvorräte.
Neu ist ebenfalls die Festschreibung, dass die in der Pflege tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beraten werden, zusammen mit der Aufzeichnungspflicht der Unterweisung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über den sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln.
Nicht ganz neu sind die Anforderungen an die Qualität und Qualitätssicherung der ambulanten und stationären Pflege sowie die Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements:
Ab dem 1. Januar 2004 muss der Heimträger, um eine Pflegesatzvereinbarung abschließen zu können, eine wirksame(!) Leistungs- und Qualitätsvereinbarung nachweisen; dabei wird die ordnungsgemäße Versorgung des Heimes mit Arzneimitteln aller Voraussicht nach ebenfalls in die Leistungs- und Qualitätsvereinbarung einbezogen werden.
Neu ist die Verpflichtung, zur Versorgung von Bewohnern von Heimen mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten einen schriftlichen Vertrag zu schließen mit einer öffentlichen Apotheke, die die direkte Versorgung gewährleistet (innerhalb desselben Kreises oder in einander benachbarten Kreisen gelegen).
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