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Großes Apotheken-Votum 2002: Apothekenkunden wollen wohnortnahe Arzneimittelver
Die umfassende Umfrage des Augsburger Instituts von Prof. Gerhard Riegl, bei der 1000 deutsche Apotheken mitgemacht haben, untermauert damit die ABDA-Unterschriftenaktion "Initiative pro Apotheke", bei der sich 7,7 Mio. Kunden gegen den Versandhandel mit Arzneimitteln ausgesprochen haben. Das Projekt hat aber nicht nur das Ziel, die Einstellung der Apothekenkunden zum Versandhandel herauszufinden, sondern auch das Image von Apotheken im Allgemeinen zu ergründen. Finanziert wurde es von den pharmazeutischen Großhandelsunternehmen Sanacorp und Andreae-Noris-Zahn AG (ANZAG). Die Ergebnisse der Studie können als repräsentativ gelten, erklärte Riegl bei der Vorstellung seiner Studie am 21. August in Berlin.
Die typische Apothekenkundschaft
Bereits die Daten zur Kundenstatistik sind interessant und aufschlussreich: So sind es zu über einem Drittel Frauen, die Apotheken aufsuchen. Das Durchschnittsalter liegt bei 58 Jahren, lediglich fünf Prozent sind jünger als 30 Jahre (Altersdurchschnitt der Gesamtbevölkerung: 42 Jahre). 64 Prozent der Kunden sind nicht erwerbstätig. Bei 56 Prozent der Befragten handelt es sich um Stammkunden, 41 Prozent gaben an, Laufkunde zu sein – an der Umfrage haben sich also nicht nur "Lieblingskunden" beteiligt.
Von den Kunden, die mit einem Rezept kommen, sind 36 Prozent chronisch und 17 Prozent akut erkrankt. 14 Prozent sind Selbstmedikationskunden, 12 Prozent zieht die Freiwahl an, 8 Prozent sind lediglich Besorger für einen anderen. Wichtig für die Repräsentativität der Studie ist auch, dass die Kunden den ausgefüllten Fragebogen direkt an das Marketing-Institut schickten und nicht befürchten mussten, ihre Antworten würden in der Apotheke begutachtet. Auch die Apotheken, die sich an der Umfrage beteiligt haben, spiegeln den Durchschnitt wider: Großstadt-Apotheken sind genauso befragt worden wie Land-Apotheken und solche in mittleren und Kleinstädten. Auch hinsichtlich der Fläche der Apotheke und der Mitarbeiter-Anzahl war alles vertreten.
Spitzenwerte in allen Kompetenzbereichen
50 Fragen waren von Kunden und Apothekenteams zu beantworten. Sie kreisten um zwölf Kernleistungen und -fähigkeiten der Apotheke. Das vorläufige Ergebnis spricht eine klare Sprache: 94 Prozent der Teilnehmer sind mit ihrer Apotheke zufrieden, 65 Prozent von ihnen sogar "sehr zufrieden".
Auf einer Punktskala von 1 (sehr zufrieden) bis 5 (mangelhaft) erhielten die deutschen Apotheken einen Durchschnittswert von 1,4. Die Kompetenzbereiche "Menschlichkeit" und "persönliche pharmazeutische Beratung" nahmen mit einem Punktwert von 1,2 die Spitzenplätze ein, auf dem letzten Platz landete das "Preis-Leistungsverhältnis", das aber immerhin auch noch auf eine 1,9 kam.
Vertrauen in aut idem größer als erwartet
Gefragt wurde auch nach dem Vertrauen der Kunden in die neue Aut-idem-Regelung. Die Apothekenteams vermuteten, dass nur 25 Prozent ihrer Kunden das neue Gesetz akzeptieren. Tatsächlich gaben 44 Prozent der Befragten an, dass sie die Medikamenten-Auswahl durch den Apotheker akzeptieren, 19 Prozent finden die Substitution zwar in Ordnung, wünschen sich jedoch Präparate einer bekannten Herstellerfirma. Ein Drittel der Kunden lehnt aut idem gänzlich ab.
Versandhandel riskant und unnötig
Der Schwerpunkt der vorläufigen Studienauswertung liegt beim Thema Versandhandel: Nur 0,6 Prozent der Apothekenkunden sehen hierin ein "echtes Plus". Das liegt sicherlich nicht zuletzt am Alter der Kunden. Junge Leute, die den Umgang mit modernen Medien gewöhnt sind, sind nicht die typischen Kunden. Zumeist sind die Patienten älter und nicht bereit, sich auf einen Versandhandel einzustellen. 77 Prozent der Apothekenkunden nutzen das Internet überhaupt nicht zu privaten Zwecken. Nur 12 Prozent bestellen gelegentlich Konsumgüter via Internet oder nutzen Online-Banking.
So verwundert es nicht, dass lediglich vier Prozent angaben, einen Arzneimittelversandhandel nutzen zu wollen. 91 Prozent sind schon jetzt mit der Vorrätighaltung und Lieferbereitschaft ihrer Apotheke zufrieden, 63 Prozent hiervon gar "sehr zufrieden" ("sehr zufriedene" Chroniker: 66 Prozent). Für die persönliche Betreuung in der Apotheke ist Vorrätigkeit und eine begründete Lieferung nach Hause mit 64 Prozent das drittwichtigste Attribut. Ein Drittel der Kunden gab sogar an, zu einer Eigenbeteiligung bereit zu sein, wenn die Haus-Lieferung durch pharmazeutisches Personal künftig als kostenpflichtige Dienstleistung angeboten werden sollte.
Das Abhol-System der Apotheken finden 76 Prozent der Kunden genau richtig, sie haben kein Problem damit, gegebenenfalls wenige Stunden auf ein bestelltes Medikament zu warten. Gefragt nach den Risiken, die ein Arzneimittelversand mit sich bringen könnte, fielen den Befragten im Schnitt fünf Antworten ein, die teilweise auch über die Vorschläge auf dem Fragebogen hinausgingen.
Am häufigsten genannt wurden folgende Befürchtungen: weniger Beratung zu Arzneimitteln, weniger Informationen und Ratschläge (76 Prozent), eine Krise für Apotheken vor Ort und deshalb den Wegfall der Rund-um-die-Uhr-Versorgung (72 Prozent), Arzneimittelfälschungen aus dem Ausland (71 Prozent), Verwechslungen, Übermittlungsfehler, unvollständige Teillieferungen (69 Prozent) und längeres Warten auf Arzneimittel (67 Prozent).
Riegl resümierte: "Die Kunden schätzen den Versandhandel mit Arzneimitteln als eine "Spätgeburt der New Economy" ein". Ihre Antworten machten deutlich, dass die umfassende menschliche, soziale, kommunikative und fachkompetente Leistung einer "echten" Apotheke nicht zu versenden sind.
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