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GEHE-Anzeigenkampagne: Für mehr Eigenverantwortung

STUTTGART (diz). Die Pharmagroßhandlung GEHE AG startet eine neue Anzeigenkampagne, die für mehr Eigenverantwortung und Wettbewerb im Gesundheitswesen wirbt. Die Pharmagroßhandlung beruft sich dabei auf Vorschläge des Kronberger Kreises, dem wissenschaftlichen Beirat der Stiftung Marktwirtschaft, der Reformvorschläge auf Eigenverantwortung und Wettbewerb im Gesundheitswesen aufbaut. Darüber hinaus soll die Anzeigenkampagne den Focus hin auf die Kernelemente einer echten Reform lenken, bei der es nicht ausschließlich um das Arzneimittel geht. Wir sprachen mit Wolfgang Mähr, Apotheker und Vorsitzender der Geschäftsführung GEHE Pharma Handel GmbH, über Sinn, Zweck und Hintergründe dieser Anzeigenkampagne.

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Herr Mähr, wo liegt die Motivation für eine Pharmagroßhandlung wie der GEHE AG, eine solche Anzeigenkampagne, die nicht das eigene Unternehmen herausstellt und seine Leistung in den Vordergrund rückt, ins Leben zu rufen?

Mähr:

Wenn Sie in den letzten Wochen Berichte in Tageszeitungen über das Gesundheitswesen verfolgt haben, so ist dies mehr als symptomatisch, was Sie dort finden. Am Arzneimittel aufgehängt wird versucht, mit ineffizienten Maßnahmen wie aut idem, Importen, Versandhandel oder Ähnlichem etwas zu verändern, ohne aber die wichtigen und richtigen Themen anzugehen. Das ist Flickschusterei. Daher ist es ein Anliegen der GEHE, im Sinne unserer Tradition – Stichwort Aldi-Kampagne oder Klage gegen Doc Morris – Probleme und Entwicklungen verantwortlich aufzugreifen und konkret etwas dagegen zu unternehmen. Entwicklungen, die nach unserer Ansicht nach falsch laufen.

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Der Zeitpunkt für diese Kampagne ist bewusst gewählt?

Mähr:

Ja, wir haben diese Kampagne bewusst in die Vorwahlzeit gelegt, da sie vor dem Hintergrund des Wahlkampfs in aller Regel mehr erreichen können, zumal die Parteien für solche Argumente zugänglicher sind. Wir haben diese Kampagne bereits mit Politikern besprochen und hierfür sehr viel Zustimmung geerntet. Im übrigen haben wir sie auch mit vielen Marktbeteiligten und mit einigen Großhandlungen im Vorfeld durchgesprochen. Alle haben die Kampagne als richtig und wichtig erkannt. Am 25. August wurde zum ersten Mal ein Anzeigenmotiv in der Presse geschaltet.

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Welche Intentionen verfolgen Sie mit dieser Kampagne?

Mähr:

Wir wollen damit versuchen, endlich einmal die Apotheke aus dem Schussfeld der öffentlichen Kritik zu nehmen. Die Kampagne soll zudem Politikern Mut machen, sich stärker für eigenverantwortliche Absicherung gesundheitlicher Risiken einzusetzen. Die Bürgerinnen und Bürger sollen für dieses Thema sensibilisiert werden, deswegen schalten wir die Anzeigen nicht nur in elitären Zeitschriften, sondern in Massenmedien, also beispielsweise auch im Stern, in der HörZu oder in Bild der Frau.

Die Kampagne soll Anstoß geben, darüber zu diskutieren, in welche Richtung sich das System ändern sollte. Ich möchte in Zukunft also im Wirtschaftsteil der Tageszeitungen nicht mehr Diskussionen über Versandhandel und ähnlichen Schwachsinn lesen, sondern ich möchte Diskussionen über Eigenverantwortung im Gesundheitswesen lesen und vor allen Dingen auch die Grundsatzthematik des Solidarsystems verstärkt wiederfinden.

Ich möchte Ihnen dazu ein Beispiel geben: Das Gesundheitssystem von heute kommt mir wie ein Supermarkt vor. Wenn Sie in einem Supermarkt einkaufen, wissen Sie, dass Sie am Ende, bevor Sie ihn verlassen, bezahlen müssen. Im Gesundheitswesen funktioniert es aber so, dass Sie durchgehen und sich selbst bedienen können, ohne dafür zahlen zu müssen.

Die Kosten für den Eintritt in den Supermarkt "Gesundheitswesen" haben Sie mit einer Pauschale bereits erledigt. Jetzt kommt es nur noch darauf an, möglichst viel herauszuholen, herauszutragen. Der Unterschied ist auch der: Wenn Sie mit dem Wissen hineingehen, Sie müssen am Ende zahlen, nehmen Sie nur das mit, was Sie brauchen. Wenn Sie aber wissen, am Ende ist keine Kasse, bei der Sie zahlen, dann nehmen Sie alles mit, was Sie bekommen können.

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Warum haben Sie gerade Motive aus Extremsportarten gewählt?

Mähr:

Wir wollen mit den Anzeigen eine Sensibilisierung für die Eigenverantwortung über exemplarische Motive schaffen, die stellvertretend für viele andere Risikogruppen stehen, die selbstverständlich in der Folge auch thematisiert und diskutiert werden müssen. Die Motive, die wir in dieser Anzeigenkampagne einsetzen, bewegen sich auf einer Metaebene und dürften in weiten Teilen der Bevölkerung konsensfähig sein.

Themen, die von anderer Seite ebenfalls hinzugerechnet werden, wie beispielsweise das Risiko durch Rauchen oder durch hohe Cholesterinwerte, wären so nicht zu vermitteln gewesen. Anhand von konsensfähigen Beispielen wollen wir natürlich eine generelle Diskussion über mehr Eigenverantwortung. Dazu wird auch noch ein sportfreies Motiv kommen, nämlich der Autofahrer mit Alkohol im Blut, der in weiten Teilen der Bevölkerung ebenfalls mit hoher Akzeptanz abgelehnt wird.

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Waren für die Kampagne auch die Vorschläge des Kronberger Kreises mit verantwortlich?

Mähr:

Die Gedanken und Ausarbeitungen dieses Expertenkreises waren unter anderem ein Motor, diese Anzeigenkampagne zu starten. Eine weitere Motivation war natürlich auch der Punkt, dass auf der Agenda der nächsten Regierung, wer auch immer sie stellt, die Reform unseres Gesundheitswesens stehen wird. Außerdem: Die Einführung von mehr Verantwortlichkeit muss nicht zur Einführung einer Mehrklassengesellschaft beitragen. Ganz im Gegenteil, wenn man beispielsweise intelligente Systeme des Selbstbehalts einführt, kann man sehr wohl darauf achten, dass jeder das bekommt, was er sich selbst nicht leisten kann. Und dies lässt sich solidarisch abstützen.

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Wie lange läuft die Kampagne?

Mähr:

Bis zur Bundestagswahl. Die letzte Schaltung ist kurz vor der Wahl. Wir werden versuchen, dieses Thema dann auch begleitend aufzugreifen in Diskussionsforen und Kongressen. In jedem Fall möchten wir unser Anliegen auch nach der Wahl auf anderen Ebenen weiterführen.

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Was erhoffen Sie sich letztendlich von dieser Aktion?

Mähr:

Unser Wunsch wäre, dass die Kampagne letztlich zu einer gut durchdachten Gesundheitsreform führt, die neben der Eigenverantwortung auch den Vorsorgebereich anspricht. Die Apotheke muss darin eine adäquate Rolle spielen. Man könnte zum Beispiel daran denken, dass eine gesunde Ernährungsweise belohnt wird: Wer darauf achtet, dass er niedrigere Cholesterinwerte hat, könnte einen Bonus erhalten. Vorstellbar ist, dass der Patient in der Apotheke regelmäßig seine Cholesterinwerte kontrollieren lässt, die dann in ein Vorsorgeheft eingetragen werden zur Vorlage bei Arzt und Versicherung. Damit kann die Apotheke stärker im Bereich Vorsorge positioniert werden. Denn eine Reform ohne Apotheke macht keinen Sinn. Das wollen wir mit unserer Aktion, wenn auch indirekt, deutlich machen.

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Herr Mähr, vielen Dank für das Gespräch!

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