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Arzneimittel und Therapie
Diabetes mellitus: Höhere Dosis für Metformin empfohlen
Die weltweite Prävalenz des Typ-2-Diabetes wird auf drei bis fünf Prozent der Bevölkerung geschätzt, die Tendenz ist steigend. Durch Einführung westlicher Lebensgewohnheiten in Kombination mit einer höheren Lebenserwartung in Entwicklungs- und Schwellenländern wird sich diese Stoffwechselkrankheit zu einer Pandemie entwickeln.
Nichtmedikamentöse Basistherapie zeigt beste Ergebnisse
Die eigentlichen Ursachen der komplexen Stoffwechselstörung sind noch nicht geklärt. Genetische Determination, Umwelteinflüsse und das Altern sind gleichermaßen und wechselseitig beteiligt. Eine kausale Therapie steht in absehbarer Zukunft nicht in Aussicht. Der primäre Behandlungsansatz dieser Erkrankung liegt bei den nicht-pharmakologischen Maßnahmen wie der Ernährungsumstellung, der Blutzuckerselbstkontrolle, der verstärkten körperlichen Aktivität und der Raucherentwöhnung.
In der UKPD-Studie (United Kingdom Prospective Diabetes Study) mit mehr als 4000 neu diagnostizierten Typ-2-Diabetikern über zehn Jahre zeigte sich der eindeutige Zusammenhang zwischen verbesserter Blutzuckereinstellung, gemessen an Nüchternblutzucker und HbA1C-Werten, und dem Auftreten diabetischer Komplikationen. Dabei zeigte sich in der Gruppe mit der nichtmedikamentösen Basistherapie das beste Ergebnis bezüglich sinkender HbA1C-Werte.
Einsatz bewährter Arzneimittel optimieren
Erst wenn nach zwölfwöchiger konsequenter Ausschöpfung aller Möglichkeiten das individuelle Therapieziel nicht erreicht wird, sollte die Behandlung mit oralen Antidiabetika eingeleitet werden. Bei Versagen der Monotherapie werden diese kombiniert eingesetzt. Lässt sich auch dann keine zufriedenstellende Stoffwechsellage erreichen, kommt die Insulininjektion dazu.
Allerdings versagen die anfänglich erfolgreich eingesetzte Antidiabetika nach einer gewissen Zeit. Auch die Gewichtszunahme durch insulinotrope orale Antidiabetika und Insulin wirkt sich negativ auf die Stoffwechsellage aus. So werden die Werte, welche die European Policy Group 1999 als Grenzmarken für die Surrogatparameter des Diabetes Typ 2 aufgestellt hat, in der Praxis oft verfehlt. Um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, steht neben der Entwicklung neuer Wirkstoffe, wie den Gliniden, Glitazonen und Insulinanaloga, der Versuch, den Einsatz bekannter und seit Jahrzehnten bewährter Arzneimittel zu optimieren.
In der UKPD-Studie wurde eine Gruppe von 537 übergewichtigen Diabetikern im Median zehn Jahre lang mit Metformin als Monotherapie behandelt. Obwohl sich im Vergleich mit anderen medikamentösen Monotherapien kein signifikanter Unterschied bezüglich der Blutzuckerwerte ergab, war allein in der Metformin-Gruppe eine Verbesserung der Prognose festzustellen. Neben der signifikanten Verbesserung aller diabetischen Endpunkte sanken die Mortalität aller Ursachen, die diabetesbedingten Todesfälle und die Zahl der Myokardinfarkte. Die Verringerung der Morbidität und Mortalität war wesentlich ausgeprägter als unter Sulfonylharnstoffen und Insulin.
Wirkmaximum bei 2000 mg am Tag
Bei der Bewertung dieser Ergebnisse muss beachtet werden, dass die Patienten in der Metformin-Gruppe mit einer Dosierung von 1700 bis 2250 mg pro Tag behandelt wurden. Vieles spricht dafür, dass der Erfolg einer Metformin-Behandlung von der ausreichend hohen Dosis abhängt. Diese wurde in mehreren Dosisfindungsstudien ermittelt. In einer Dosis-Wirkungsstudie mit parallelen Gruppen wurden 451 Patienten mit einem Nüchternblutzuckerwert über 10 mmol/l auf eine Behandlung mit Metformin in Tagesdosen von 500 bis 2500 mg über 11 Wochen randomisiert.
Ab einer Dosis von 1000 mg kam es gegenüber Plazebo zu statistisch signifikanten Senkungen des Nüchternblutzuckers, wobei die Wirkung bei 2000 mg und 2500 mg täglich am ausgeprägtesten war. Ab 1500 mg sank der HbA1C um mehr als 1,5 Prozent. Die beste Wirkung auf HbA1C- und Nüchternblutzuckerwert wurde mit 2000 mg Metformin erzielt. Bei höheren Dosierungen konnte keine weitere Senkung der Werte beobachtet werden, so dass 2000 mg als Tageshöchstdosis empfohlen wird.
Gastrointestinale Nebenwirkungen nicht dosisabhängig
Die meisten unerwünschten Arzneimittelwirkungen von Metformin betreffen den Verdauungstrakt und führen bei ca. fünf Prozent der Patienten zum Therapieabbruch. Vor allem am Anfang der Metformin-Einnahme kommt es zu metallischem Geschmack, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, was durch eine erhöhte Serotoninfreisetzung im Darm und einen Konzentrationsanstieg von Gallensalzen hervorgerufen wird.
Durch einschleichende Dosierung mit einer Anfangsdosis von 500 mg und der Einnahme direkt nach einer Mahlzeit können diese Nebenwirkungen minimiert werden. Anhaltende Durchfälle, eingeschränkte Nierenfunktion, sowie Schwangerschaft und Stillzeit stellen Kontraindikationen für die Metformin-Behandlung dar.
Kontraindikationen beachten
Die gefürchtetste Nebenwirkung des Metformin ist die Laktatazidose, deren Letalität noch heute 50 Prozent beträgt. Die Anfangssymptome sind uncharakteristisch und schleichend: Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen. Mit zunehmender Azidose treten Hyperventilation, Unruhe und Bewusstseinstrübung auf.
Intensivmedizinisch stehen die Bikarbonat-Hämodialyse und die Restauration der Nierenfunktion im Vordergrund. Die Inzidenz der Laktatazidose unter Metformin ist allerdings sehr gering, sie wird mit drei bis neun Fällen pro 100 000 Patientenjahren angegeben. Hauptursache scheint die Nichtbeachtung der Kontraindikation Niereninsuffizienz zu sein.
Die gleichzeitige Einnahme nichtsteroidaler Antirheumatika kann durch Einschränkung der Ausscheidung von Metformin zur Laktatazidose führen. Auch Cimetidin hemmt die renale Elimination von Metformin durch kompetitive Hemmung der tubulären Sekretion. Die intravenöse Gabe eines Kontrastmittels kann zur Beeinträchtigung der Nierenfunktion bis hin zum Nierenversagen führen, so dass die Gefahr einer Laktatazidose durch Akkumulation von Metformin entsteht. Deshalb ist in Deutschland eine 48-stündige Metformin-Karenz vor und nach Kontrastmittelgabe vorgeschrieben. Bei korrekter Einhaltung dieser Anwendungsvorschriften und Überwachung der Nierenfunktion ist das Risiko der Metformin-Behandlung gering.
Kastentext: Kontraindikationen für Metformin
- renale Funktionsstörungen
- schwere Leberschäden
- Einsatz von intravenösen Kontrastmitteln
- größere operative Eingriffe
- Herzinsuffizienz
- akuter Herzinfarkt
- Laktatazidose in der Vergangenheit
- Alkoholabusus in der Vergangenheit
Quelle
Prof. Dr. Guntram Schernthaner, Wien, Dr. John Scarpello, Stoke on Trent, Prof. Dr. Christoph Rosak, Frankfurt a. Main, Symposium "Dosisoptimierte Behandlung des Typ-2-Diabetes: Strategien für die Mono- und Kombinationstherapie" auf der 37. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, Dresden, 8. Mai 2002, veranstaltet von der Merck KGaA, Darmstadt.
3 Kommentare
Zuckerwerte
von Kuehne Norbert am 31.12.2019 um 2:18 Uhr
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von Hubert Fischer am 08.12.2019 um 15:59 Uhr
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von Roger Simons am 13.03.2019 um 10:10 Uhr
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