Arzneimittel und Therapie

Rheumatoide Arthritis: Erster Interleukin-1-Rezeptorantagonist zugelassen

Anakinra (Kineret) ist als erster Interleukin-1-Rezeptorantagonist zur Behandlung der Symptome der rheumatoiden Arthritis in Kombination mit Methotrexat bei Patienten zugelassen, die nur unzureichend auf Methotrexat allein ansprechen. Anakinra ist die rekombinante Version des im Körper vorkommenden Interleukin-1-Rezeptorantagonisten (IL-1Ra) und damit ein in medikamentöser Form vorliegender Inhibitor, der das inflammatorische Protein Interleukin-1 (IL-1) direkt und selektiv hemmen kann.

Die rheumatoide Arthritis ist die schwerste Form der Arthritis, welche die Patienten am meisten in ihrer persönlichen Freiheit einschränkt. In Europa sind davon ca. 3 Millionen Menschen betroffen, in Deutschland etwa 800000.

Chronische Entzündung bis zur Gelenkdeformation

Die rheumatoide Arthritis ist eine chronisch entzündliche Systemerkrankung des Bindegewebes. Sie beginnt gewöhnlich im mittleren Lebensalter, kann aber auch schon bei 20- bis 30-Jährigen auftreten. Dabei erkranken Frauen dreimal häufiger als Männer. Die Gelenkdestruktion beginnt häufig früh im Krankheitsgeschehen und verläuft progredient. Die chronische Entzündung der Gelenke kann zu bleibenden Gelenkdestruktionen und -deformierungen mit Schmerzen und Verlust an Mobilität führen. Mit der herkömmlichen Therapie ist es nicht möglich, die Gelenkdestruktion dauerhaft aufzuhalten. Trotz der Kontrolle der Krankheitssymptome schreitet die Gelenkzerstörung weiter fort.

Zytokine spielen eine zentrale Rolle

Die Pathogenese der rheumatoiden Arthritis ist noch nicht endgültig geklärt. In das Krankheitsgeschehen sind jedoch zwei zentrale Zytokine involviert: IL-1 und TNF-alpha. Verschiedene präklinische Studien belegen, dass IL-1 die dominierende Rolle bei der Knorpelzerstörung und bei der Knochenresorption spielt. TNF-alpha scheint dagegen für den Entzündungsprozess bei der rheumatoiden Arthritis verantwortlich zu sein. Zytokine haben bei normalen zellulären Prozessen wichtige Funktionen. Bei der Entstehung der rheumatoiden Arthritis werden sie hingegen übermäßig produziert oder inadäquat inhibiert. Die Innenschicht der Gelenkkapsel, das Synovialgewebe, beginnt innerhalb des Entzündungsprozesses zu wuchern, es bildet sich ein zottenförmiges Granulationsgewebe, das als Pannus bezeichnet wird. In der Folge kommt es zu einer Infiltration in Knorpel und Knochen sowie zu einer Zerstörung der Knorpelschicht. IL-1 ist maßgeblich am Fortschreiten des Gelenkumbaus bei rheumatoider Arthritis beteiligt: Es steigert den Knorpel- und Knochenabbau und hemmt die Knorpelsynthese, indem es die Synthese von Metalloproteinasen, Prostaglandinen und Stickoxid fördert. Daneben stimuliert IL-1 die Osteoklasten und die Proliferation von Synovialzellen.

Interleukin-1-Rezeptorantagonist hemmt Signalübertragung

Der IL-1-Rezeptorantagonist ist ein im Körper vorkommender endogener Antagonist von IL-1. Er hemmt die Wirkung von IL-1 alpha und IL-1 beta kompetitiv, indem er an den IL-1-Rezeptor bindet und diesen blockiert. IL-1 alpha und IL-1 beta können somit nicht mehr andocken, eine Signalübertragung ins Zellinnere findet nicht mehr statt. Durch die Blockade des IL-1 Rezeptors hofft man, die zerstörende, proinflammatorische Wirkung effektiv hemmen zu können. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis liegen erhöhte Mengen an IL-1 im Plasma vor. Die vom Körper produzierten Mengen des Interleukin-1-Rezeptorantagonisten IL-1Ra reichen nicht aus, um dem zerstörenden Effekt von IL-1 entgegenzuwirken. Die Menge von IL-1Ra ist nur etwa 1,2 bis 3,6 mal höher als die von IL-1. Zur Blockade von IL-1 ist jedoch eine zehn- bis hundertfach höhere Konzentration des Interleukin-1-Rezeptorantagonisten notwendig. Anakinra (Kineret) ist die rekombinante Version des im Körper vorkommenden Interleukin-1-Rezeptorantagonisten und damit ein in medikamentöser Form vorliegende Inhibitor, der das Missverhältnis von IL-1 und seinem körpereigenen Rezeptorantagonisten beeinflussen kann.

Verbesserung der Funktionalität

Die Zulassung von Anakinra stützte sich auf die Daten von insgesamt 2932 Patienten, die in randomisierte, doppelblinde und plazebokontrollierte klinische Studien eingebunden waren. Von diesen wurden mehr als 2600 Patienten mit Anakinra behandelt. Anakinra, in Kombination mit Methotrexat, verbesserte die Symptome der rheumatoiden Arthritis. Das Ansprechen auf die Therapie, das unter anderem in einem Rückgang der Entzündung und des Schmerzes bestand, wurde in vielen Fällen bereits nach vier Wochen, in den meisten Fällen nach 13 Wochen Behandlung beobachtet. Nach sechs Monaten Therapie erreichten 38 Prozent der Anakinra-Patienten (n = 250), die in eine Wirksamkeitsstudie (n = 501) einbezogen waren, eine Verbesserung ihres so genannten ACR20-Werts. Bei der Plazebogruppe (n = 251) waren es 22 Prozent. Die Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) helfen, zwischen einem wirksamen und einem unwirksamen Medikament zu unterscheiden. ACR20 entspricht einer 20%-igen Verbesserung hinsichtlich der Zahl geschwollener und schmerzhafter Gelenke und einer ≥ 20%-igen Verbesserung von mindestens drei der folgenden fünf Kriterien: ärztliche Beurteilung der Krankheit, Beurteilung der Krankheit durch den Patienten, Schmerz, C-reaktives Protein oder Blutsenkungsgeschwindigkeit und des sogenannten Health Assessment Questionnaires (HAQ), eines Fragebogens, der anhand von acht Fragebereichen Aktivitäten des täglichen Lebens bewertet.

Gute Verträglichkeit

Während der klinischen Studien zeigte sich, dass Anakinra gut vertragen wurde und ein gutes Sicherheitsprofil hatte. Die am häufigsten beobachtete Nebenwirkung war eine Reaktion an der Einstichstelle, meist leicht bis mäßig und durch eine Rötung, Schwellung und Schmerz gekennzeichnet. Des weiteren wurde ein leicht erhöhtes Risiko für schwerwiegende Infektionen (1,8% bei Anakinra -Patienten, verglichen zu 0,7% bei Plazebopatienten) während der klinischen Studien beobachtet. Obwohl Anakinra sofort abgesetzt werden sollte, sobald ein Patient an einer Infektion erkrankt, können die meisten Patienten mit ihrer Therapie fortfahren, sobald die Infektion vollständig abgeklungen ist. Anakinra sollte nicht zusammen mit TNF-alpha-Blockern verwendet werden, denn vorläufige Daten deuten auf eine höhere Inzidenz für schwerwiegende Infektionen bei einer kombinierten Verabreichung hin.

Häufigste Nebenwirkung: Hautreaktionen

Hautreaktionen treten in der Regel erst nach 10- bis 12-tägiger Behandlung auf. Auch während einer Behandlung klingen diese meist unter kontinuierlicher Abnahme der Intensität nach wenigen Wochen vollständig ab. Patienten, bei denen sich innerhalb der ersten vier Wochen keine Reaktionen an der Einstichstelle zeigten, haben nur noch ein geringes Risiko, diese im weiteren Therapieablauf zu entwickeln. Bei einem unvorbereiteten Patienten können die Hauterscheinungen Besorgnis erregend sein. Daher ist es wichtig, dass der Patient auf eine solche Hautreaktion vorbereitet ist. In vielen Fällen ist eine frühe Besserung der Gelenkbeschwerden eine Motivation zur Fortführung der Behandlung.

Selbstständige Applikation ist möglich

Durch die relativ kurze Halbwertszeit von vier bis sechs Stunden bedingt, muss Anakinra täglich verabreicht werden. Die subkutane Injektion mittels einer Fertigspritze können die Betroffenen nach Absprache mit dem behandelnden Arzt selbst vornehmen. Als Injektionsstellen werden der Unterbauch oder der obere Oberschenkelbereich empfohlen. Es sollte jedes Mal eine andere Einstichstelle gewählt werden.

Kastentext: Interleukin-1 – ein typisches proinflammatorisches Zytokin

Interleukin-1 (IL-1) ist an proinflammatorischen Reaktionen einer Zelle beteiligt. Es induziert und fördert die Bildung der Cyclooxygenase 2 und die der induzierbaren Stickoxid-Synthase (iNOS). Zellen, die mit IL-1 versetzt werden, bilden daher Prostaglandin E2 und Stickoxid. Weiterhin bewirkt IL-1 die Bildung von Adhäsionsmolekülen auf Endothelzellen und anderen Zellen im Gelenkspalt. Es fördert Entzündungsreaktionen und den dadurch verbundenen Abbau von Knochen- und Bindegewebe. Die Interleukin-1-Genfamilie besteht aus 7 Komponenten, von denen bereits IL-1 alpha, IL-1 beta und der Rezeptorantagonist IL-1Ra genauer charakterisiert sind.

Kastentext: Zahlen und Fakten zur rheumatoiden Arthritis

Die rheumatoide Arthritis ist die häufigste entzündliche rheumatische Krankheit. Etwa 800 000 Menschen (0,5 bis 1% der Bevölkerung) sind in Deutschland von dieser Autoimmunerkrankung betroffen. Sie führt zu schmerzhaften Entzündungen verschiedener Gelenke. Diese können dadurch auf Dauer geschädigt werden. Frauen sind dreimal so häufig betroffen wie Männer. Die Krankheit kann in jedem Alter auftreten, am häufigsten zwischen dem 30sten und 50sten Lebensjahr. Bislang gibt es keine Heilung. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGfRH) werden 40% der Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis bereits nach fünfjähriger Krankheitsdauer erwerbsunfähig. Die Lebenserwartung ist um 4 bis 12 Jahre verkürzt.

Quelle: Prof. Gerd-Rüdiger Burmester, Berlin; Dr. Christian Antoni, Erlangen; Dr. Andrea Rubbert, Köln; Einführungspressekonferenz "Rheumatoide Arthritis - Neue Therapiestrategien eröffnen neue Perspektiven", Berlin, 21. März 2002, veranstaltet von der Amgen GmbH, München.

Anakinra (Kineret) ist als erster Interleukin-1-Rezeptorantagonist zur Behandlung der Symptome der rheumatoiden Arthritis in Kombination mit Methotrexat bei Patienten zugelassen, die nur unzureichend auf Methotrexat allein ansprechen. Anakinra ist die rekombinante Version des im Körper vorkommenden Interleukin-1-Rezeptorantagonisten (IL-1Ra). Der Inhibitor kann das inflammatorische Protein Interleukin-1 (IL-1), und damit seine zerstörende Wirkung auf den Knorpel, direkt und selektiv hemmen.

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