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Interpharm-Seminar: QMS-Prozesse in der Praxis
Dr. Tilmann Laun, Eschborn, stellte die BAK-Leitlinien vor. Auf den Deutschen Apothekertagen 1996 und 1999 war beschlossen worden, Qualitätsstandards für pharmazeutische Tätigkeiten zu erarbeiten. Diese wurden ab Mai 2000 als "Leitlinien zur Qualitätssicherung" der Bundesapothekerkammer (BAK-Leitlinien) veröffentlicht. Bisher wurden 15 Leitlinien erarbeitet, die sich in die Bereiche Warenwirtschaft, Herstellung und Prüfung, Information und Beratung, persönliche Dienstleistungen sowie Arzneimittelsicherheit gliedern. Weitere Leitlinien sind in Vorbereitung (siehe Tabelle).
BAK-Leitlinien als wertvolle Hilfestellung
Die Leitlinien stellen die gültigen Vorschriften und den Stand von Wissenschaft und Technik zusammen. Sie bilden damit keinesfalls neue zusätzliche Anforderungen an die Apotheke. Sie schaffen nicht neue Verpflichtungen, sondern helfen, die bestehenden Anforderungen besser zu überschauen und zu erfüllen. Daneben bieten sie in den Anhängen viele hilfreiche Tabellen, Tipps und Literaturhinweise, die die Ausführung der pharmazeutischen Tätigkeiten strukturieren und unterstützen.
Die BAK-Leitlinien sind Empfehlungen für pharmazeutisches Handeln in charakteristischen Situationen. Damit entbinden sie jedoch nicht von der heilberuflichen Verantwortung. Sie unterstützen das qualitätsorientierte Arbeiten und richten sich an alle Apotheken. Darüber hinaus sollen sie für Apotheken mit Qualitätsmanagementsystemen Orientierungshilfen für die Gestaltung der apothekenindividuellen Prozesse bieten. Dabei müssen die allgemein gehaltenen Empfehlungen der Leitlinien durch individuelle Regelungen ergänzt werden. Diese ergeben sich beispielsweise aus den personellen Zuständigkeiten, der innerbetrieblichen Organisation, zusätzlichen Zielsetzungen und dem Zusammenhang zu anderen Prozessen der Apotheke. Damit sollten die BAK-Leitlinien als sinnvolles Hilfsmittel für alle Apotheken – ob mit oder ohne QMS – angesehen werden.
Von Leitlinien zu Prozessen
Am Beispiel der Leitlinie zur Information und Beratung in der Selbstmedikation zeigte Laun, wie eine Leitlinie im Rahmen des Qualitätsmanagements konkretisiert werden kann. Bei diesem Beispiel biete sich eine apothekeninterne indikationsbezogene "Stoffliste" mit Wirkstoffen an, die in der Beratung empfohlen bzw. abgegeben werden. Diese führt letztlich zu einer apothekenindividuellen "Fertigarzneimittelliste" für die Empfehlungen zur Selbstmedikation. Außerdem sollten für jede Indikation bzw. jedes empfohlene Arzneimittel standardisierte Abgabehinweise erarbeitet werden.
Doch können die BAK-Leitlinien nicht unmittelbar in Prozesse übersetzt werden, wie Thomas Müller-Bohn, Süsel, erläuterte. Denn Leitlinien sind themenbezogen und nicht prozessorientiert. Zumeist liefert eine Leitlinie Inhalte für mehrere Prozesse, die zu unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Arbeitsplätzen ablaufen können.
Prozesse gestalten und darstellen
Im weiteren Verlauf des Seminars stellten Dr. Gerald Friderich, Mössingen, und Thomas Müller-Bohn, Süsel, unter der Moderation von Prof. Dr. Richard Süverkrüp, Bonn, einige Beispielprozesse aus der Praxis vor. Die Beispiele zeigten, welchen großen Gestaltungsspielraum die Apotheken sowohl hinsichtlich der Inhalte als auch der Darstellungsform der Prozesse haben.
Friderich hob die großen Vorteile von Flussdiagrammen hervor, die den Ablauf der Handlung und Verzweigungen bei Fragen und Fallunterscheidungen sehr gut verdeutlichen. So lässt sich beispielsweise der allgemeine Ablauf eines Beratungsgespräches zur Selbstmedikation deutlich machen, während die inhaltlichen Aussagen zu den jeweiligen Indikationen und den Beratungsempfehlungen in untergeordneten Dokumenten darzulegen sind. Als weiteres Beispiel diente der Geräteverleih bzw. der Umgang mit diesen Geräten in der Apotheke.
Daneben wies Friderich auf formale Erfordernisse bei der Darlegung von Prozessen hin. Diese sind geprägt von der Idee der ständigen inhaltlichen Weiterentwicklung des Qualitätsmanagementsystems. Daher müssen die neuen Versionen übersichtlich gekennzeichnet werden. Außerdem ist der Umlauf der Dokumente in der Apotheke zu organisieren.
Müller-Bohn warb ebenfalls für die Vorteile von Flussdiagrammen, zeigte aber auch andere Darstellungsmöglichkeiten. Mit einiger Phantasie lassen sich auch durch Symbole, Einrückungen, verschiedene Schriftgrößen und Farbelemente strukturierte Dokumente erstellen. Allerdings müssen auch hier die einmal vereinbarten Layoutregeln konsequent eingehalten werden, damit die Darstellungen aussagekräftig bleiben.
Auf die Frage nach dem nötigen Detaillierungsgrad der Prozesse empfahl Friderich, stets das Handbuch als Gesamtwerk zu betrachten. So könnten beispielsweise sehr hohe Anforderungen an die Fortbildung und Einweisung der Mitarbeiter manche inhaltlichen Regelungen erübrigen. Grundsätzlich sollte in den Prozessen alles geregelt werden, was qualitätsrelevant ist.
Individualität und Vielfalt sind gefragt
In der Diskussion warb auch Götz Schütte, Geschäftsführer der Apothekerkammer Niedersachsen, für die Vielfalt der Qualitätsmanagementsysteme in Apotheken. Auch bei den etwa 150 bisher von der Apothekerkammer Niedersachsen zertifizierten Apotheken sei kein Handbuch wie das andere. Jedes Handbuch repräsentiere die jeweilige Apotheke mit ihren Besonderheiten. Darum dürften die Prozesse "die Seele der Apotheke nicht verlieren". Die Zertifizierungskommission müsse tolerant gegenüber Lösungen sein, die anders als in den Apotheken der Auditoren geregelt seien. Darum könne es auch kein Musterhandbuch geben, das nur noch in Details individuell ergänzt werde.
Außerdem wurde diskutiert, ob eine bundeseinheitliche Regelung zur Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen anzustreben sei. Müller-Bohn verwies auf die gemeinsamen wissenschaftlichen Wurzeln aller etablierten Qualitätsmanagementkonzepte von den ISO-Normen über die spezifischen Zertifizierungsregeln verschiedener Kammern bis zum EFQM-Modell. Wer ein QMS nach dem Stand der Wissenschaft etabliert habe, könne mit überschaubarem Aufwand alle Zertifikate erwerben, die von Vertragspartnern sinnvollerweise gefordert werden könnten. Auch Friderich betonte die gemeinsame gedankliche Basis der Konzepte. Martina Teichert, Leiden, Niederlande, machte auf die große Chance aufmerksam, die darin liege, ein QMS-Konzept selbst zu gestalten.
Apothekenspezifische Regelungen als Schutz und Chance
Laun wies auf das einheitliche Logo hin, das nach außen für die apothekenspezifische Zertifizierung wirbt. Eine weitere Vereinheitlichung der Kammerkonzepte über die ABDA-Mustersatzung und die BAK-Leitlinien hinaus in Richtung auf eine ISO-Zertifizierung sei dagegen als Risiko für die Apothekerschaft zu sehen. Gerade die apothekenspezifischen Regelungen in Deutschland seien ein Schutz vor ISO-zertifizierten Apotheken aus dem Ausland.
Darum, so Schütte, erwähne die Apothekerkammer Niedersachsen keine ISO-Norm auf ihrem Zertifikat. Doch sei die Verfahrensweise durch die ISO-Normen gedeckt, da die Kammer selbst und das Zertifizierungsverfahren ISO-zertifiziert sind. Eine ISO-Zertifizierung der Apotheken sehe er dagegen als ersten Schritt in die Verkettung. Die geeignete Gegenmaßnahme bildeten die BAK-Leitlinien. Dieses apothekenspezifische Instrument wirke als Bollwerk gegen Übergriffe auf die Apotheke. Vergleichbares hätten die Ärzte noch nicht erreicht.
Süverkrüp machte dagegen auf die sehr weit entwickelten Spitzenleistungen in der Ärzteschaft aufmerksam. So gebe es einen Facharzt für Qualitätssicherung und umfangreiche Qualifizierungsverfahren. Allerdings wirke sich dies noch nicht in der Breite des ärztlichen Berufsstandes aus.
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