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Lutz Bäucker: Ja – Tausend!
Bevor wir Apotheker endgültig den weißen Kittel aus- und die kurzen Hosen für die Karibik anziehen (siehe vorstehenden Bericht!), möchten wir doch noch eine kleine Bilanz des zu Ende gehenden Jahrtausends ziehen.
Angefangen hat es ja ganz gut für unsereins: 1241 werden die Ärzte aus unserem Paradies der Globuli, Emplastri und sonstigen frühtechnologischen Wunderwerke vertrieben. War auch allerhöchste Zeit: die Kerle pfuschten uns dauernd ins Handwerk - tausend Jahre tausend Dank an Kaiser Friedrich zwo. Ein paar Jährchen geht das ganz gut, die Apotheker werden reich und rund, sie kochen gar köstlich und wären - hätte es den damals schon gegeben - in den "Gault Millau" gekommen: Marzipan und Schokolade gehören zu den apothekenpflichtigen Spezereien.
Anno 1640 wird "scoccullata indica" im Taxierbuch einer Braunschweiger Apotheke aufgeführt - sie hilft gegen Zipperlein jeglicher Art. Leider ist sie - pardon - sauteuer. Vielleicht ist das die Geburtsstunde des "Apothekerpreises". Den kriegen wir jahrhundertelang um die Ohren gehauen - sogar heute noch. Da hilfts auch gar nix, dass erst jüngst unser wackerer ABDA-Präses 'ne Statistik bemüht hat, nach der unsere Apo-Preise die dritt-niedrigsten Europas sind...
Wie auch immer: Die Preise sind hoch, die Profite ebenfalls. Und Ethik geht noch vor Monetik - zumindest, wenn wir die vielen hervorragenden Wissenschaftler betrachten, die hinterm Tresen, im Nachtdienstkämmerlein und im bescheidenen Labor auf- und ausgebrochen sind, mehr als nur Zinkpaste und Veilchenwurzel zu verkaufen. Ihre Namen sind Legion, wir tragen sie in unserem Herzen! Leider geht's von nun an bergab: mit Bayer, Hoechst und so können wir Kleinkrämer nimmer mithalten. Und dann tricksen wir uns noch selbst aus - ausgerechnet in der Wirtschaftswunderzeit: Niederlassungsfreiheit. Treffer, Schiff versenkt! Ein Eigentor, wie es schöner der "Kaiser" nicht hätte fabrizieren können. Na, Schwamm drüber...
Rasant geht's nun dahin: Böse Buben (Ehrenberg, Blüm, Seehofer) und giftige Mädels (Andrea) wollen uns an die Portokasse respektive das Ferienhäuschen an der Côte d'Azur, in der Toskana und auf Rügen. Das ist ganz schön gemein. Viele von uns verlieren da die Contenance und reagieren unberechenbar. Manche gehen im weißen Eppendorfmantel auf die Straße zum Demonstrieren. Andere gehen in den Arzneikeller an die Alkoholflaschen zum Dekantieren. Und wieder andere werfen sich der vermeintlich schnellen Mark an den Hals - sie discountieren, schütten allerlei unpharmazeutischen Krimskrams vor ihre Ladentür und wundern sich, dass auch das nix hilft.
Standesfunktionäre stehen starr vor Abscheu, ringen hilflos ihre unschuldigen (?) Hände und predigen wie Moses in der Wüste Sinai: "Kehret um zur reinen Lehre, beratet all Eure Mitmenschen, die mühselig und beladen Eure Türklingel auslösen, lasset niemanden in den Drogo-Markt nebenan gehen!" Klingt ja ganz nett, hat bloß net geholfen. (Ist aber immerhin eine Art Daseinsberechtigungsnachweis für Apo-Funktionäre).
Dass ein paar schwarze Schafe aus unseren Reihen mit ihrer kriminellen Gier nach Profit die Lage noch zusätzlich erschweren, das wollen wir der Vollständigkeit halber erwähnen - es ist traurig, aber leider immer wieder wahr.
Ja - und nun das Ende? Aus. Vorbei. Das zweite Jahrtausend. Keins der Apotheker? Nun ja, geprägt haben wir es nicht unbedingt. Aber mitgestaltet, ein bisschen, bestimmt. Angefangen von den "Apothekerpreisen" über Deutschlands meistgesprochenen Satz: "...fragen Sie Ihren ... - Sie wisen schon - oder Apotheker!" bis hin zu dem Beitrag, den unsere Dienst-schiebenden KollegInnen 365 Nächte im Jahr für die Gesellschaft unseres Landes leisten: Babybrei, Tampons, Aspirin, Tempotücher, Verhüterli und Antibiotikasäfte - ist das nix?!
Ich glaube, das nächste Jahrtausend kann kommen: ja - tausend (mindestens) Apotheken haben Dienst, Silvester auf Neujahr...
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