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- DAZ 6/1998
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Die Seite 3
Editorial
Das war der Aufmacher in den Wirtschaftsteilen der Tageszeitungen am vergangenen Montag: die britischen Pharmaunternehmen Glaxo Wellcome und SmithKline Beecham planen die größte Fusion aller Zeiten. Aus dem Zusammenschluß wird das größte Pharmaunternehmen der Welt entstehen, und - nach General Electric und Shell - gemessen am Marktwert der drittgrößte Konzern der Welt, wie das Handelsblatt berichtete. Glaxo Wellcome brachte es 1996 auf einen Umsatz von 8,3 Mrd. Pfund (rund 24,6 Mrd. DM) und SmithKline Beecham auf 7,93 Mrd. Pfund (rund 23,5 Mrd. DM). Gigantische Zahlen, die da in der Pharmabranche kumulieren, neue Größenklassen, wie die FAZ schreibt. Beide Unternehmen können eine starke Forschung vorweisen, die Produktpaletten überschneiden sich nur wenig. In der Fusion sehen beide Unternehmen enorme Synergieeffekte, was sich in Kosteneinsparungen, vor allem aber in einer Ergänzung und Verstärkung auf dem Gebiet der Forschung auszahlen wird. Der Forschungsetat des Megakonzerns beläuft sich dem FAZ-Bericht zufolge auf über 5 Milliarden DM! Dagegen sehen alle anderen Pharmakonzerne blaß aus. Laut Fachleuten, so war zu lesen, sollen beide Unternehmen vielversprechende Neuentwicklungen in der Pipeline haben. Eine Unternehmenshochzeit von dieser Größe wird die Pharmalandschaft verändern. Zwar reagieren die übrigen großen Pharmakonzerne bisher noch verhalten auf die Ankündigung dieser "Mega-Fusion", Branchenkenner gehen davon aus, daß von solchen Zusammenschlüssen ein Druck auf andere Konzerne ausgeht, der Wind in der Pharmabranche wird dadurch weltweit schärfer, schon in naher Zukunft dürften wohl weitere Fusionen folgen. Die deutschen Pharmaspitzen wie Bayer und Hoechst reagierten den Berichten zufolge gelassen auf die geplante Verbindung. Prinzipiell, so hieß es bei Bayer, sei man nicht gegen Fusionen, Größe allein sei kein Kriterium; ausschlaggebend sei nur, ob die Partner zueinander paßten. Ob letztendlich auch in Deutschland weitere Fusionen bevorstehen? Welche Macht geht dann von solchen Mega-Konzernen aus? Welche Forschungsvorhaben werden dann tatsächlich realisiert? Werden Fusionen von Pharmariesen zu Pharmagiganten dem therapeutischen Fortschritt nützen? Der Markt wird in Bewegung bleiben.
Als "Peanuts" und Erbsenzählerei mutet dagegen das Klein-Klein an, mit dem sich der deutsche Offizin-Apotheker herumärgern muß - vor allem dann, wenn er seine Apotheke in Niedersachsen hat. Dort hat ihm sein Apothekerverband nun doch eine Ergänzungsvereinbarung zum Arznei-Liefervertrag beschert (Wortlaut siehe Seite 92), die bei der Auswahl preisgünstiger Arzneimittel greifen soll, also immer dann, wenn der Doktor "aut idem" angekreuzt oder ein Arzneimittel unter der Wirkstoffbezeichnung verordnet hat. Dann nämlich "hat der Apotheker ein preisgünstiges Fertigarzneimittel auszuwählen", wie es heißt. Und was das heißt - dazu braucht der Apotheker kein Apotheker zu sein (Qualitätsaspekte sind in der Vereinbarung nicht verankert, nur in den Erläuterungen findet sich ein kleiner Hinweis auf die Qualität), er muß nur rechnen können. Ehrlich gesagt, ich habe mir das Auswählen-Dürfen bzw. -Müssen anders vorgestellt.
Und noch ein Hinweis: Versäumen Sie nicht, die Gegendarstellung des ZL-Vorstands zu lesen. Machen Sie sich Ihr eigenes Bild aus dem, was Sie in den pharmazeutischen Fachzeitschriften bisher gelesen und gesehen haben... Ihr Peter Ditzel
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