Satzungsänderung

Beschlüsse des Apothekertags verlieren Bindungswirkung für die ABDA

Berlin - 29.08.2024, 17:50 Uhr

(Foto: Schelbert / DAZ)

(Foto: Schelbert / DAZ)


In rund eineinhalb Monaten treffen sich die Delegierten beim Deutschen Apothekertag (DAT), um die berufspolitischen Weichen für die Zukunft zu stellen. Es wird wohl das letzte Mal sein, dass ihre Beschlüsse bindend sind für das Handeln der ABDA: Ab dem Jahr 2025 wird die Hauptversammlung kein Organ der Standesvertretung mehr sein. Was bedeutet das für das Apothekerparlament? 

Die Standespolitikerinnen und -politiker rüsten sich für den DAT, der in diesem Jahr vom 9. bis 11. Oktober in München angesetzt ist. Inzwischen steht die Antragsmappe fest – doch zumindest in der Vorabversion fand sich darin wenig Zukunftsweisendes. Dabei wird der diesjährige DAT wohl die letzte Gelegenheit sein, die berufspolitische Marschrichtung der Apothekerschaft verbindlich zu beeinflussen. Denn die Beschlüsse der Hauptversammlung der Deutschen Apothekerinnen und Apotheker werden ab dem kommenden Jahr voraussichtlich keine Bindungswirkung mehr für das Handeln der ABDA haben.

Hintergrund ist eine Satzungsänderung, die die ABDA-Mitgliederversammlung bereits im Juni beschlossen hat. „Das Eintragungsverfahren beim Vereinsregister läuft, eine Eintragung und damit Inkrafttreten ist Anfang Januar 2025 zu erwarten“, schreibt eine Sprecherin auf Nachfrage der DAZ. Vor rund vier Jahren hatte der ehemalige ABDA-Präsident Friedemann Schmidt kurz vor dem Ende seiner Amtszeit eine Strukturreform der obersten Standesvertretung angestoßen, die nun in dieser Anpassung gipfelt. Erklärtes Ziel ist es, die ABDA-Strukturen zu verschlanken und Entscheidungsprozesse zu beschleunigen. 

In diesem Zuge soll nun also auch das Apothekerparlament entmachtet werden. Noch ist die Hauptversammlung in § 2 der ABDA-Satzung als eines von vier Organen der Bundesvereinigung genannt. Künftig sollen es der Sprecherin zufolge nur noch drei sein: die Mitgliederversammlung, der Gesamtvorstand und der Vorstand. Diese Organe haben die Beschlüsse der Hauptversammlung dann „sachgerecht zu berücksichtigen“ – eine ausreichend schwammige Formulierung, um unbequeme Beschlüsse auch mal unter den Tisch fallen zu lassen.

Bisher können Antragsteller, deren Anträge die Delegierten beim DAT zuvor angenommen haben, unter Verweis auf § 4 Absatz 2 der ABDA-Satzung auf die Umsetzung pochen. Darin heißt es: „Beschlüsse der Hauptversammlung sind für das Handeln der Bundesvereinigung und ihrer Organe verpflichtend, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliederversammlung nach § 3 Abs. 2 gegeben ist.“ Allein die Mitgliederversammlung als höchstes Gremium der ABDA darf demnach unter bestimmten Voraussetzungen Beschlüsse kassieren. 

Ein Beispiel: Drohanrufe im Notdienst

Ein Beispiel, bei dem diese Regelung relevant wurde, war ein Antrag der Kammern aus Hamburg und Rheinland-Pfalz zum Apothekertag 2022, in dem sie den Gesetz- beziehungsweise Verordnungsgeber aufforderten, für den Schutz Approbierter im Notdienst vor bedrohlichen und belästigenden Anrufen zu sorgen. Der Antrag wurde angenommen, doch der Geschäftsführende ABDA-Vorstand sah keinen Handlungsbedarf. Entsprechende Initiativen seien wenig erfolgversprechend und würden „eher zu einem Ansehensverlust führen als zu dem gewünschten Ergebnis“, hieß es seinerzeit. Hamburg und Rheinland-Pfalz spielten da nicht mit und pochten unter Verweis auf die Satzung auf eine Umsetzung – inzwischen hat die ABDA laut Holger Gnekow, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes angeschrieben und auf das Problem aufmerksam gemacht.

Auf diese Weise Druck auszuüben, wird den Antragstellern künftig nicht mehr möglich sein. Beobachter sehen diese Entwicklung kritisch. Der Deutsche Apothekertag verkomme damit zum Schaulaufen für die Standespolitik, so die Befürchtung. Tatsächlich hat die Hauptversammlung in den vergangenen Jahren ohnehin an Bedeutung verloren. Zu oft scheuten sich die Delegierten, Farbe zu bekennen und verwiesen Anträge in den Ausschuss. Auch ein Aufbäumen des Apothekerparlaments gegen die bevorstehende Entmachtung bahnt sich nicht an. Es scheint, als werde der Berufsstand diese Entwicklung weitgehend kommentarlos hinnehmen.

Gegenüber der DAZ unterstreicht die ABDA-Sprecherin, dass die Stellung der Hauptversammlung im Wesentlichen so bleiben wird, wie sie heute ist: „Sie ist das maßgebliche Gremium für die berufspolitische Willensbildung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker und ermöglicht so insbesondere eine gewisse ‚basisdemokratische‘ Einbindung der Mitglieder von Kammern und Verbänden.“ Was die Beschlüsse des Deutschen Apothekertags künftig jedoch noch wert sein werden, wenn sie keine Bindungswirkung mehr entfalten, ist fraglich.


Christina Grünberg (gbg), Apothekerin, Betriebswirtin (IWW), DAZ-Redakteurin
cgruenberg@daz.online


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1 Kommentar

Nichtzuständigkeiten am Apothekertag

von Dr.Diefenbach am 29.08.2024 um 18:43 Uhr

Dieser Entschluss verdient die Wertung:Autoritärer Mist!Dann benötigt man überhaupt keinen Apothekertag mehr,er kostet ohnehin nur Geld .Praxisfremde Beschlüsse sind nun noch leichter
durchzuwinken und man nähert sich halt dem Politbüro-stil.Die Basis ist ja ganz nett, aber eigentlich
lästig. So offenbar der Gedankenstil.Es ist schon irritierend wie sich die Berufspolitik von einer Peinlichkeit in die Nächste begibt.
Es sind doch "die Draussen" die die -ggf. erfolgreichen-Effekte erzielen, eben nicht der "Höflichkeit-
austausch" in irgendeinem Versammlungsraum.
Und dass Vieles in den Ausschüssen landet ist oftmals wunderbar auch vom Podium aus gesteuert.
Aber das fällt dann auch weg.Wie praktisch

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