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fragwürdige Verschreibungspraktiken
DPhG warnt vor Abgabe von Medizinalcannabis zu Genusszwecken
Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft beobachtet die derzeit sprießenden „telemedizinischen Angebote“ für medizinisches Cannabis mit großer Skepsis. Fachliche und medizinischer Standards für die Telemedizin würden hier umgangen, mahnt die DPhG-Expertengruppe „Medizinisches Cannabis“. Und das könne keinesfalls im Sinne des Gesetzgebers sein.
Seit April gibt es einen großen Run auf Medizinalcannabis – auch von Menschen, die dieses ganz offensichtlicher eher zu Genuss- als zu medizinischen Zwecken konsumieren. Speziell darauf ausgerichtete Online-Plattformen stellen gegen wenige Euro Gebühr Privatrezepte für Cannabisblüten zur Verfügung – und das, gegen alle möglichen Krankheitsbilder von Asthma bis Scheidenpilz. Die Betreiber der Seiten, ebenso wie die telemedizinisch zugeschalteten „behandelnden“ Ärzte, haben ihren Sitz in der Regel im Ausland.
Es könne keinesfalls im Sinne des Gesetzgebers sein, dass diese Verordnungspraxis dazu genutzt wird, Medizinalcannabis zu Genusszwecken zu erwerben, um so die Beschränkungen zur Fahrtauglichkeit, der erlaubten Mengen oder sonstiger Art zu umgehen, betont die Expertengruppe „Medizinisches Cannabis“ der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) in einem aktuellen Statement. Bei den Online-Rezeptplattformen handele sich „um eine institutionalisierte Unterschreitung fachlicher und medizinischer Standards für den Gesundheitsservice Telemedizin“.
Systematische Verschreibung birgt Gefahren
Cannabis-Blüten werden im sogenannten „No-label-use“ verordnet, erläutert die DPhG-Expertengruppe. In der Regel erfolgten hier Verschreibungen, wenn alle anderen zugelassenen Arzneimitteln keine therapeutischen Erfolge erzielen können. Eine systematische Anwendung über eine solche Bandbreite von Indikationen sei sehr ungewöhnlich: „Es ist kaum vorstellbar, dass der Gesetzgeber mit den derzeitigen Regelungen eine Regelversorgung jenseits der Arzneimittelzulassung etablieren wollte oder eine Versorgung für Patienten, für die es andere Therapieoptionen mit zugelassenen Arzneimitteln gibt.“
Die Versorgung mit Cannabis könne lediglich „transient“ sein, solange bis für das entsprechende Krankheitsbild ein zugelassenes Arzneimittel auf den Markt kommt. Andernfalls würden Arzneimittelhersteller benachteiligt.
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Zudem gebe neben wenigen zugelassenen Indikationen für Cannabis „kaum konklusive klinische Daten“. Allerdings seien zahlreiche unerwünschte, zum Teil auch schwere Nebenwirkungen bekannt, mahnt die Expertengruppe. Vor diesem Hintergrund entstehe der Eindruck, dass die besagten Online-Rezeptvertreiber „vor allem nur an den zu erzielenden Gewinnen und nicht an einer sicheren und zweckorientierten Versorgung von Patientinnen und Patienten interessiert ist“, urteilen die Experten der DPhG.
Legaler Genusscannabis fehlt
Seit April dieses Jahres ist der Besitz und Konsum von Cannabis zu Genusszwecken legal – jedenfalls für Erwachsene und unter gewissen Bedingungen. Allerdings können die nicht-kommerziellen Cannabis-Anbauvereinigungen theoretisch erst seit diesem Monat mit dem Anbau loslegen – in der Praxis startete jetzt erst das behördliche Genehmigungsverfahren.
Sofern den einzelnen Cannabis-Clubs eine Genehmigung zum Anbau erteilt wird, dauert es dann nochmal mindestens drei Monate, bis die ersten legal erzeugten Genuss-Cannabisblüten unter den Mitgliedern der Anbauvereinigungen verteilt werden können. Bis dahin blüht lediglich die Versorgung über den Schwarzmarkt und im besten Fall die ein oder andere Pflanze auf dem heimischen Balkon.
2 Kommentare
Versorgung durch Apotheken
von Michel am 14.07.2024 um 13:57 Uhr
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Große Nachfrage nach Cannabismedizin
von Georg Forster am 12.07.2024 um 14:25 Uhr
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